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Melli - einmal blinzeln und von vorn

Melli - einmal blinzeln und von vorn

Titel: Melli - einmal blinzeln und von vorn
Autoren: Stefanie Doerr
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wundervoll, welch entzückende Geste« und musste mit ansehen, wie sich Adrian und ihre Mutter gegenseitig die Ringe über die Finger schoben, sich anschließend in die Arme fielen und unglaublich fest auf den Mund küssten, wie frisch Verheiratete das eben machten. Mann, das war echt peinlich. Vor allen Leuten so ein Kuss.
    Melli schleppte sich zu ihrem Stuhl zurück, wo sie von ihren begeisterten Cousinen, die zugleich ihre besten Freundinnen waren, erwartet wurde.
    Â»Warum hast du nichts gesagt?«, empörte sich Lora. »Ich dachte immer, du bist gegen die Hochzeit, und jetzt gibst du ihm sogar die Ringe!«
    Â»Melli, das hätte ich dir nie zugetraut, du bist ja echt süß!«, giggelte Pia.
    Â»Bin ich nicht! Aber was blieb mir übrig, der Trottel hat doch glatt die Ringe vergessen, was soll denn das bitte schön für ein Ehemann sein …«, grummelte Melli und sank noch ein bisschen weiter in sich zusammen, da sie auf diese Notlüge zurückgreifen musste. Denn niemand außer Oma Doro schien etwas von dem kleinen Einfrierungs-Erstarrungs-Problem bemerkt zu haben. Niemand würde ihr glauben, dass alle außer ihr eben gerade in eine Art Mini-Dornröschenschlaf gefallen waren. Und das gleich zwei Mal hintereinander! Sie spürte Oma Doros zufriedenes Nicken und ihren nachdenklichen Blick auf sich ruhen, war aber zu aufgewühlt, um darauf zu reagieren. Unglaublich, was hier geschehen war. Einfach unglaublich! Und damit meinte Melli nicht nur die Hochzeit.

Kapitel 2
    K aum eine Minute verging, in der sich Melli nicht zu ihrer romantischen Geste gratulieren lassen musste. Selbst jetzt, als sie den voll beladenen Teller durch das Gedränge balancierte, fing eine Freundin ihrer Mutter sie ab und redete mistigen Brei auf sie ein. Melli war sauer. Und fühlte sich total missverstanden. Ihre Gesichtsmuskeln schmerzten vom ewigen Dauerlächeln. Außerdem kämpfte in ihrem Innern das dringende Bedürfnis, mit jemandem über ihr Erlebnis zu reden, gegen die Überzeugung, dass sie sofort für verrückt erklärt werden würde. Außer von ihrer Großmutter vielleicht. An die könnte sie sich natürlich wenden – wenn sie nur den Mut aufbringen würde. Womöglich hatte sie sich ja auch nur eingebildet, dass Oma Doro alles mitbekommen hatte. Obwohl ihre Großmutter dafür bekannt war, an die merkwürdigsten Dinge zu glauben, fürchtete Melli, im besten Falle herzlich ausgelacht zu werden. Vom vielen Nachdenken und Gedankenwälzen wurde sie immer mürrischer.
    Mit düsterer Miene gelangte sie zu ihrem Tisch, wo sich Lora bereits mit einer riesigen Portion Nachspeisen-Mischmasch beschäftigte und Pia aus einer Teetasse Suppe löffelte. Nur mit viel gutem Willen konnte man zwischen den Zwillingen eine gewisse Familienähnlichkeit erkennen. Pia, die Zarte, Schlanke mit dem hellen Lockenkopf, Lora, die Kräftige mit den langen blonden Haaren, die sie immer zu einem lässigen Zopf zusammenfummelte. Nur ihre Nasen und Augen waren dieselben. Lustige Stupsnasen waren das, gekrönt von zwei neugierigen dunkelbraunen Augen. Melli quetschte sich zwischen ihre Cousinen an ihren angestammten Platz. Zu dritt waren sie ein eingeschworenes, fest zusammengeschweißtes Team, das auch in dieselbe Klasse ging. Gemeinsam mit Jacob und Mario, die auch zu ihrer Clique gehörten und die täglich mit ihnen im gleichen Bus zur Schule und zurück fuhren. Die Gang aus Meckenbach hatten sie sich früher genannt und manchmal nannten sie sich immer noch die Gang . Melli sah sich um: »Sind die Jungs noch nicht hier?«
    Â»Nö«, mampfte Lora ungeniert mit vollem Mund. »Sie wollten aber gleich nach ihrem Turnier kommen. Jacob hat Fußball und Mario Karate.«
    Â»Hoffentlich denken sie daran, sich umzuziehen«, kicherte Pia und strich sich über das seidige, blau schimmernde Sommerkleid. Pia sah darin wie eine zerbrechliche Puppe aus. Eine große, schlaksige Puppe zwar, aber ausgesprochen bezaubernd, während Lora in ihrem cremeweißen Satinschlauch ein wenig an eine knubbelige Marzipanwurst erinnerte, worüber sie sich selbst prächtig amüsierte.
    Â»Es ist sowieso egal, was ich anziehe. Bei mir gehen nur Jeans und T-Shirt, das wissen Mama und Pam genau«, hatte Lora bei der Anprobe gelacht und das Kleid achtlos beiseitegelegt.
    So viel Gleichgültigkeit konnte Melli nicht verstehen. Gut, sie
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