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Meleons magische Schokoladen

Meleons magische Schokoladen

Titel: Meleons magische Schokoladen
Autoren: Ann-Merit Blum
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Und wer ist dieser Phineas?“
    Meleon zog die Augenbrauen nach oben.
    „Er hat Sie also beeindruckt? Das wundert mich nicht. Er hat jenes Auftreten des strahlenden Helden, das so viele zu ihm aufblicken lässt. Gut aussehend und mit einer Stimme, die förmlich dazu gemacht ist, damit Schurken Herausforderungen entgegen zu schreien.“
    „Und Sie sind der Schurke?“
    „Für manche gewiss.“ Meleon ging seiner Tasse mit Hilfe eines silbernen Löffels auf den Grund, bis vom weißen Schaum nichts mehr übrig war.
    „Wenn es Halluzinationen gewesen wären, dann hätten Sie jetzt nicht diese tiefen Kratzer“, sagte Isabell. „Was war es also?“
    „Sekoy. Sie haben eine der weißen Schokoladenfiguren gegessen und unweigerlich trat die Verwandlung ein.“
    „Ich habe schon viele Schokoladenfiguren gegessen, glücklicherweise ohne dass Verwandlungen eingetreten wären.“
    Meleon sah in seine Tasse.
    „Niemand genießt Schokolade, ohne dass eine Verwandlung stattfindet, doch meist ist sie vorübergehend und kaum mehr als ein Wechsel der Stimmung, ein Heben der Lebenskräfte… doch fast immer zaubert Schokolade ein Lächeln auf unsere Lippen. Ist es nicht so?“
    „Kommen wir doch zum Wesentlichen!“, drängte Isabell.
    Er nickte.
    „Es gibt Dinge, die schwer zu erläutern sind und so versucht man, eine Annäherung an sein Thema zu finden. Wir haben diese Welt zu unserem Exil gewählt, eben weil ihre Bewohner so grob materiell eingestellt sind und die Existenz anderer Welten schlicht leugnen oder niemals davon gehört haben. Damit fallen einige politische Unabdingbarkeiten anderer möglicher Zufluchtsorte weg. Wir mussten weder um Aufnahme nachsuchen, noch Formalitäten erfüllen. Wir kamen einfach und ließen uns hier nieder. Aber an manchen Tagen wünschte ich, wir hätten einen Ort gewählt, an dem man weniger erklären muss.“
    „Andere Welten?“
    „Es gibt unzählige“, sagte Meleon. „Doch die meisten sind lebensfeindlich oder von unfreundlichen Wesen bevölkert. Vergessen wir sie sofort wieder! Beschränken wir uns auf das Wesentliche, wie Sie es genannt haben. Und wesentlich sind drei Fakten: Dort, wo ich herkomme, gab es einen Umsturz. Deswegen mussten viele von uns ins Exil fliehen. Und Phineas ist ein Fisary, einer von jenen, die den König gestürzt haben und selbst hier versuchen, seiner habhaft zu werden.“
    „Erklärt das, weshalb ich mich in eine große Katze verwandle, wenn ich eine Schokoladenfigur esse? Oder mir das jedenfalls einbilde?“
    „Oh, natürlich gibt es Einzelheiten, auf die ich noch nicht eingehen konnte. Die Figuren sind voller geheimnisvoller Stoffe, die im Körper erkannt und gedeutet werden und dort Wandlungen erzeugen.“
    „Also waren es doch Einbildungen? Habe ich Ihnen lediglich das Gesicht zerkratzt, weil ich mich für eine Katze hielt?“
    Meleon grinste.
    „Vielleicht sollten Sie sich das Loch in der Hintertür anschauen.“
    „Meleon! Sie erklären, ohne zu erklären. Sie schulden mir nach diesem dramatischen Auftritt von gestern Abend mehr als das, was Sie mir bisher gesagt haben! Sie haben schon ein paar Mal versucht, mir Sand in die Augen zu streuen. Was war mit dem Neffen der Vermieterin? Was mit dem Gemeindevorsteher? Und wie in aller Welt hat Niklas meinen Eltern weisgemacht, es sei alles in Ordnung?“
    „Oh, das. Ich vermeide gerne Eklat, wo er sich vermeiden lässt. Sonst könnten wir hier nicht unbehelligt leben.“
    „Wie, Meleon? Auf welche Weise? Was bedeuten die fliegenden Funken? Wie werden sie erzeugt?“
    Meleon stand auf und Isabell hörte den Schneebesen gegen Metall schlagen. Mit zwei frisch gefüllten Tassen kam er zurück.
    „Hier der Kontrast. Feinste, dunkle Schokolade. Herb, tief und geheimnisvoll.“
    „Wie Meleon.“
    „Oh, herb bin ich nicht“, sagte Meleon. „Eher süß und vielleicht zu Zeiten auch bittersüß.“
    „Und entschlossen, Fragen einfach nicht zu beantworten?“
    Er setzte einen Klacks schneeweißer Sahne auf Isabells Tasse.
    „Können Sie sich nicht denken, dass die Dinge, die Sie wissen wollen, schwer zu erklären sind? Meinen Sie, wenn ich Sie Ihnen erläutere, könnten Sie im nächsten Augenblick ebenfalls Funken sprühen?“
    „Immerhin habe ich mich innerhalb weniger Minuten außerordentlich verwandelt!“
    „Dank des Zaubers minuziös gefertigter Schokoladenfiguren. Ja. Ohne dürfte Ihnen das schwer fallen. Und es wäre ja auch unpraktisch, wenn Sie sich alle Nase lang in einen Kachmar verwandeln
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