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Meister der Stimmen: Roman (German Edition)

Meister der Stimmen: Roman (German Edition)

Titel: Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Autoren: Rachel Aaron
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Miranda ein kalter Schauder über den Rücken. Plötzlich war sie sich nur allzu bewusst, welch mächtiger Magier der Mann war, der vor ihr stand.
    »In dieser Nacht«, sagte Alric, »ist die Dämonenbrut in dem Mädchen erwacht, richtig?«
    »Sie hat sich verändert«, antwortete Miranda und achtete sorgfältig auf ihre Worte. »Aber es geschah alles sehr schnell, und ich habe keinerlei Erfahrung mit Dämonen. Einige Eurer Mitglieder müssen wohl in der Nähe gewesen sein, da Ihr Mellinor so rasch erreicht habt. Ihr könnt doch sicherlich sie fragen.«
    »Die Liga reist äußerst schnell, wenn es nötig ist«, erklärte Alric. »Und nachdem jeder Geist in einem Umkreis von hundert Kilometern in der betreffenden Nacht in Panik geriet, hielten wir es allerdings für nötig, uns zu beeilen. Daher könnt Ihr Euch sicherlich unsere Überraschung vorstellen, als wir hier ankamen und nicht nur keine Dämonenbrut vorfanden, sondern auch keine Geister, die uns sagen wollten, wohin sie verschwunden war. Ich hatte gehofft, dass Ihr ein wenig Licht ins Dunkel bringen könntet.«
    »Ich habe Euch gesagt, was ich weiß«, erklärte Miranda kühl. »Sie hat sich verändert, und mein Geisterhund wurde bei dem Versuch, sie zu überwältigen, schwer verletzt. Allerdings war einer von Elis Gefährten dazu in der Lage, sie zu kontrollieren, und sie verwandelte sich zurück.«
    »Erweckte Dämonen ›verwandeln‹ sich nicht einfach ›zurück‹.« Alric lehnte sich näher zu ihr. »Gibt es noch etwas, was Ihr mir sagen wollt?«
    »Nein.« Miranda hielt stur seinem Blick stand.
    Alrics blaue Augen wurden noch kälter, aber bevor er fortfahren konnte, rief jemand seinen Namen.
    Miranda zuckte beim Klang der tiefen, rumpelnden Stimme zusammen. Alric schenkte ihr einen letzten, warnenden Blick, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und zurück in den Thronsaal stiefelte, wo ihn der Mann erwartete, der gerufen hatte. Er stand in der Mitte des sonnendurchfluteten Raumes und trug den gleichen schwarzen Mantel wie alle anderen, aber Miranda war sicher, dass er bei ihrer Ankunft noch nicht da gewesen war – einen Mann wie diesen hätte sie auf keinen Fall übersehen. Er war über zwei Meter groß, und sein gesamter Körper – die Anspannung in seinen Schultern, seine Leichtfüßigkeit, die Hand, die das Heft seines langen, blau umwickelten Schwertes umklammerte – sprach von einem einzigen Lebenszweck: zu kämpfen. Zu kämpfen und zu gewinnen.
    Als Alric sich ihm näherte, drehte er sich um, und seine silbernen Augen richteten sich für einen kurzen Moment auf Miranda. Aber dieser Moment reichte aus. Die Intensität seiner Aufmerksamkeit, das Gewicht seines konzentrierten Blickes, ließ ihr den Atem stocken. Sie erstarrte wie eine aufgespießte Fliege, bis sein Blick sich wieder auf Alric richtete und sie freigab.
    Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und floh. Ihre Geister waren hellwach, aber trotzdem seltsam still. Ihre Finger summten von ihrer Aufmerksamkeit. Sie schob die Hände in die Taschen und ging schneller. Das also war der Herr der Stürme. Zum ersten Mal verstand sie, warum Banage so eindringlich darauf bestanden hatte, die Dämonen der Liga zu überlassen. Der silberäugige Mann wirkte nicht wie jemand, der wohlwollend reagierte, wenn andere sich in seine Belange einmischten. Fast hatte sie Mitleid mit Eli und Josef. Wenn der Herr der Stürme persönlich nach Nico Ausschau hielt, war es nur eine Frage der Zeit, bis er sie fand. Alric hatte gesagt, dass erweckte Dämonen nicht wieder einschliefen, und Miranda glaubte ihm, ganz egal, was Josefs Schwert getan hatte. Sie zitterte, als sie sich daran erinnerte, wie Nicos Augen geleuchtet hatten. Trotz Elis Flehen hatte sie nicht ausgesehen wie etwas, das jemals wieder menschlich werden konnte. Hoffentlich waren der Dieb und der Schwertkämpfer vernünftig genug, sie kampflos aufzugeben, wenn der Herr der Stürme kam. Sonst blieb wohl nicht genug von ihnen übrig, um sie zu fangen oder zu Banage zu bringen.
    Bei diesem Gedanken wurde ihr übel, und sie verdrängte das Ganze. Was für Entsetzlichkeiten auch geschehen mochten, es war nicht mehr ihr Problem. Dieser Gedanke heiterte sie unglaublich auf, und für jemanden, der die halbe Woche im Bett verbracht hatte, öffnete sie die Türen zum Stallhof mit erstaunlichem Schwung.
    Gin war dort, wo sie ihn erwartet hatte: Er lag mitten im Hof und fraß ein Schwein. Die Flecken auf dem Pflaster um ihn herum zeugten von vielen
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