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Mein total genialer Doppelgaenger laesst nicht locker

Mein total genialer Doppelgaenger laesst nicht locker

Titel: Mein total genialer Doppelgaenger laesst nicht locker
Autoren: M. E. Castle
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verdrängen. Fisher betrat das Klassenzimmer und setzte sich an seinen angestammten Platz in der vorderen linken Ecke.
    Ein Jahr lang hatte er von genau dort immer zugesehen, wie der dürre, sanftmütige Biolehrer Herr Grampl völlig erfolglos versucht hatte, für Ruhe in der Klasse zu sorgen. Fisher hatte Grampl besser kennengelernt und ihn für so etwas wie einen Freund gehalten. Aber obwohl Fisher ein Genie war und er sich als ziemlich guter Lügner entpuppt hatte, also einen Lügner eigentlich erkennen müsste, hatte er bei Grampl furchtbar falschgelegen.
    Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass sein Biolehrer in Wahrheit ein raffinierter, wahnsinniger Wissenschaftler war, der einen zerstörerischen Weltherrschaftsplan verfolgte. Das ließ in Fisher die Frage keimen, ob auch noch andere seiner Lehrer in Wahrheit Superschurken waren. Seine Englischlehrerin Frau Weisz konnte er sich definitiv in dieser Rolle vorstellen. Wenn es Herrn Grampl gelungen war, seine wahre Natur so lange vor Fisher zu verbergen, welche Geheimnisse mochten die anderen Leute um ihn herum dann wohl noch haben? Er ließ den Blick durchs Klassenzimmer schweifen.
    Als der auf die Tür fiel, legte seine Lunge mitten im Atemzug eine kurze Pause ein.
    Veronica Rose kam durch die Tür herein, umgeben von einem silbernen Hauch Morgenlicht – zumindest kam es Fisher so vor. Sie sah ihn an, lächelte und Fisher konnte seine Gesichtsmuskeln gerade noch gut genug kontrollieren, um zurückzulächeln.

    Fisher hatte niemandem erzählt, dass Herr Grampl eigentlich Dr. X gewesen war und er sich mit dem TechX -Gebäude in seine Bestandteile aufgelöst hatte. Wer hätte ihm das auch geglaubt? Für Fisher zählte bloß, dass die Biologieklassen, nachdem Herr Grampl »auf rätselhafte Art und Weise verschwunden war«, neu gemischt worden waren, und er nun in derselben Klasse saß wie Veronica.
    Nachdem sie auf der anderen Seite des Raumes Platz genommen hatte, holte Fisher einen weiteren Zettel aus seiner Tasche und kramte einen Bleistift hervor.
    Anstieg der sozialen Anerkennung infolge des TechX-Vorfalls in der seitdem vergangenen Zeit, Respekt vonseiten wissenschaftlicher Fachleute, Ansehen bei den Schülern durch Hausaufgabenhilfe … Er notierte ein paar neue Variablen und Zahlen.
    … unter Berücksichtigung jüngsten Verhaltens von V – für Veronica – sollte eine sorgfältige Messung des Lächelanteils den Wert … K ergeben .
    Ganz auf der rechten Seite am Ende der Gleichung, dem Ziel von Fishers verzwickter mathematischer Formel, stand der Buchstabe K .
    K : die exakte Zeitspanne, bis Fisher seinen ersten Kuss von Veronica bekäme.
    K : Die Vorstellung davon erschien Fisher so jenseits alles Denkbaren, dass er auf diese Weise versuchte, sie in eine Form zu bringen, die er verstand: Zahlen, Variablen und Gleichungen. Das war seine Art, die Welt zu erfassen. Aber gleichzeitig wusste er, dass der Kuss, wenn es denn je einen geben würde, nicht auf Millimeterpapier stattfinden würde. Und er wusste außerdem, dass falls – wenn! – sich eine Gelegenheit für das große K ergeben sollte, er nicht wissen würde, was er dann tun sollte. Ob es wohl ein Buch gab, das Antworten darauf enthielt?
    Sein Bleistift arbeitete, als hätte er einen eigenen Kopf – und einen ziemlich hektischen noch dazu. Er kritzelte immer mehr Gleichungen auf das Blatt, die immer umfassender wurden, da Fisher weitere Variablen hinzufügte, die Veronicas jüngstes Verhalten ihm gegenüber erfassten. Anfangs als er sich in seinem neuen Status als Held sonnte, hatte sie ihm die kalte Schulter gezeigt. Aber er war sich sicher, dass die neuesten Berechnungen nun einen viel kleineren Wert für K ergeben würden.
    Als die letzte Gleichung aufging, spürte er, wie ihm die Gesichtszüge entgleisten.
    Er starrte auf den neuen Wert für K . Er blinzelte.
    * Mein total genialer Doppelgänger (Band 1)



Der Wert war tatsächlich um fast fünfzig Prozent gesunken – auf bloß noch eintausendzweihundertvierzehn Jahre und drei Tage. Er schaute noch einmal zu Veronica hinüber, die gerade sorgfältig am oberen Heftrand das Datum des heutigen Eintrags notierte. Vielleicht wenn ich uns beide in Hibernations-Kryo-Gefrierbehälter konserviere …
    »Guten Morgen, alle miteinander!«
    Fisher wurde von Frau Snappers Stimme aus seinen Tagträumen gerissen. Sie war Herrn Grampls Vertretung. Normalerweise unterrichtete sie die achten Klassen, hatte sich aber bereit erklärt, bis auf Weiteres Herrn
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