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Mein Sommer nebenan (German Edition)

Mein Sommer nebenan (German Edition)

Titel: Mein Sommer nebenan (German Edition)
Autoren: Huntley Fitzpatrick
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so weiter. Wer weiß schon, mit wem er es da zu tun bekommt?« Er hält kurz inne. »Oder bin vielleicht zufällig ich derjenige, dem du wehtun möchtest? Wenn das nämlich ein Wink mit dem Zaunpfahl war und du willst, dass ich wieder von deinem Dach verschwinde, dann wäre es mir lieber, wenn du es mir einfach sagst, statt mir die Kniescheibe zu zertrümmern.«
    Er streckt die Beine aus, lehnt sich gemütlich an die Giebel und verschränkt die Arme hinterm Kopf, als wäre das hier sein Geheimplatz und nicht meiner. Und obwohl ich vermutlich eher irritiert sein sollte als vertrauensselig, erzähle ich ihm von Clay Tucker. Vielleicht, weil Mom sich so seltsam aufführt und Tracy nicht zu Hause ist, oder weil Tim zu nichts zu gebrauchen und Nan nicht zu erreichen ist. Vielleicht hat es auch etwas mit Jase selbst zu tun – mit seiner ruhigen Art, die mir das Gefühl gibt, dass er bereit ist, mir zuzuhören, als würden ihn die Probleme irgendeines Mädchens, das er gar nicht kennt, tatsächlich interessieren. Jedenfalls erzähle ich ihm die ganze Geschichte.
    Als ich fertig bin, ist er erst einmal still.
    »So wie ich das sehe, Samantha …«, sagt er dann nach einer Weile aus dem Halbdunkel heraus, das Profil vom Licht aus meinem Zimmer erleuchtet, »hätte das Gericht in deinem Fall vielleicht auf Notwehr entschieden. Aber wenigstens bist du dem Kerl vorgestellt worden, bevor er es vermasselt hat. Ich hatte schon ein paarmal das starke Bedürfnis Leute umzubringen, die ich noch nicht einmal kannte … irgendwelche Fremde im Supermarkt …«
    Sitze ich hier etwa mit einem Psychopathen auf meinem Dach? Verstohlen rücke ich ein Stück von ihm ab.
    »Zum Beispiel diese Leute, die meiner Mutter, wenn sie mit der ganzen Familie unterwegs ist, im Vorbeigehen zuzischen: ›Haben Sie noch nie etwas von Verhütung gehört?‹ Als wäre es etwas Unanständiges, eine große Familie zu haben. Oder die glauben, meinen Vater darüber belehren zu müssen, dass man sich auch sterilisieren lassen kann und wie hoch die College-Gebühren sind, als hätte er keine Ahnung von solchen Dingen. Es ist schon mehr als einmal vorgekommen, dass ich so jemanden am liebsten verprügelt hätte.«
    Wow. Ich habe noch nie einen Jungen kennengelernt, der so geradeheraus ist. Von unverbindlichem Small Talk scheint er nichts zu halten.
    »Besser man behält die Typen im Auge, die sich einbilden, sie wüssten besser als man selbst, was richtig und was falsch ist«, meint Jase nachdenklich. »Sonst mähen sie einen vielleicht eines Tages einfach nieder, wenn man ihnen im Weg ist.«
    Ich denke daran, wie oft meine Mutter im Zusammenhang mit den Garretts Bemerkungen über Empfängnisverhütung und nicht bezahlbare College-Gebühren gemacht hat.
    »Das tut mir leid«, sage ich.
    Jase wirft mir einen überraschten Blick zu. »Mom sagt immer, dass wir Leute, die denken, nur ihre Sichtweise wäre richtig, nicht hassen, sondern Mitleid mit ihnen haben sollten.«
    »Und was sagt dein Dad?«
    »Dem geht’s eher wie mir und dem Rest der Familie. Mom ist unsere Pazifistin.« Er lächelt.
    Von der Einfahrt der Garretts dringt Gelächter zu uns herauf. Ich spähe über den Rand des Daches und sehe, wie ein Junge eines der Mädchen um die Taille packt, sie herumwirbelt und dann wieder absetzt und an sich zieht.
    »Warum bist du nicht unten bei den anderen?«, frage ich.
    Er sieht mich lange an und wieder scheint er seine Worte genau abzuwägen. »Sag du’s mir, Samantha«, antwortet er schließlich.
    Dann steht er auf, streckt sich, wünscht mir eine Gute Nacht und klettert das Blumenspalier wieder hinunter.

Viertes Kapitel
    A ls ich mir am nächsten Morgen die Zähne putze und mich im Spiegel betrachte – blonde Haare, blaue Augen, Sommersprossen, wie etliche andere Mädchen auch –, kommt es mir fast vor, als hätte ich bloß geträumt, dass ich im Dunkeln auf dem Dach saß und mit einem fremden Jungen – noch dazu einem Garrett –, ein so vertrauliches Gespräch geführt habe.
    Während ich frühstücke, frage ich Mom, wo sie Clay Tucker kennengelernt hat, aber sie fuhrwerkt mal wieder mit dem Staubsauger herum und erwidert bloß knapp: »Auf einer politischen Veranstaltung.«
    Da praktisch alle Veranstaltungen, an denen sie in letzter Zeit teilnimmt, politisch sind, ist die Antwort nicht besonders aufschlussreich.
    Ich passe Tracy ab, als sie vor dem Spiegel über der Anrichte steht und wasserfeste Wimperntusche aufträgt, um sich für ihren Strandtag mit
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