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Mein Herz springt (German Edition)

Mein Herz springt (German Edition)

Titel: Mein Herz springt (German Edition)
Autoren: Susan Bauer
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– keinesfalls ein Statussymbol. Darauf legt er keinen Wert.
    In Gedanken vertieft schrecke ich kurz auf, als die Krankenschwester mir einen kurzen Schub in die Hüfte gibt. Das ist das Signal, zum nächsten Krankenbett weiterzugehen. Schnellbin ich wieder bei der Sache – und Prof. Clausen schon fast vergessen. Zu langweilig scheint seine Person, um sich noch intensiver Gedanken über sein Leben zu machen. Und da ich das Herzflimmern des nächsten Patienten live miterlebt habe, kann ich nun auch einen aktiven Beitrag bei der Visite leisten. Kurz und knackig nehme ich Stellung zur Krankheitshistorie eines älteren Mannes aus Saudi-Arabien. Für den Bruchteil einer Sekunde nehme ich das zustimmende Nicken unseres Herzspezialisten wahr – und seinen Blick noch über diese Sekunde hinaus.
    Das internationale Patientenklientel auf den Privatstationen deutscher Herzzentren ist keine Besonderheit. Ungefähr ein Drittel der Patienten kommen aus dem Nahen Osten. Da die Patienten meist mit Sack und Pack, das heißt auch mit einer großen familiären Gefolgschaft, unterwegs sind, mutet die Stimmung auf der Station fast orientalisch an. Ich genieße für kurze Zeit diese Reise in eine andere Welt.
    Nach der Visite reihe ich mich in die Verabschiedungsmannschaft von Prof. Clausen ein. Dieser wird sich – nehme ich zumindest an – mit meinen Chefs zurückziehen und über die neuesten Entwicklungen in der Forschung diskutieren. Ich dagegen mache mich auf den Weg zu meiner Station.
    Dort nimmt der Tag seinen üblichen Lauf. Fast fließbandartig bereite ich einen Patienten nach dem anderen auf seine Operation vor. Ich bin froh, diesen routinemäßigen Tätigkeiten nachkommen zu dürfen, mich nicht mit Notfallsituationen auseinandersetzen zu müssen. Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren, meine Gedanken zu sammeln. Immer wieder schweifen sie ab – weg vom Trubel auf der Station, hin zur Patientenvisite heute Morgen.
    Kurz vor Feierabend nutze ich ein paar ruhige Minuten, um mit meiner Kollegin und sehr guten Freundin Maya draußen,vor dem Eingang der Klinik, noch eine Tasse Kaffee zu trinken. Eine Gewohnheit, wie wir sie, sofern es der Arbeitsalltag und die Dienstzeiten zulassen, täglich zelebrieren.
    Unser Gespräch wird durch ein fast beiläufiges »Auf Wiedersehen, Frau Dr. Liebknecht« unterbrochen. Clausen steht in einem modern geschnittenen Trenchcoat und zwei schwergewichtigen Aktentaschen vor uns. »War schön, Sie kennenzulernen!«
    Ich stocke eine Sekunde und antworte: »Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Ich hoffe, Sie hatten einen erfolgreichen Tag.« Wieder eine Sekunde Stocken. »Fahren Sie jetzt zurück nach Hamburg?«
    »Ja, ich mache mich auf die Heimreise. Mein Sohn hat heute Geburtstag und ich möchte zumindest noch die Abendstunden mit ihm verbringen. Machen Sie’s gut. Sicherlich begegnet man sich einmal wieder. Die Ärztewelt ist klein.«
    »Ja«, entgegne ich, »gute Reise.«
    Ich fühle mich ein bisschen neben der Spur. Ich ärgere mich über meine fehlende Souveränität im Zuge dieses Abschiedsszenarios. Irgendetwas hat mich bewegt – sehr beiläufig, aber ungewohnt intensiv.
    »Alles klar mit dir?«, fragt Maya. »War das nicht das Herzgenie aus dem hohen Norden?«
    »Ja«, antworte ich.
    »Und woher kennt er dich?«
    »Er hat uns bei der Visite heute Morgen begleitet.«
    »Soso«, meint Maya mit einem Augenzwinkern.
    »Was: soso? Es war eine stinknormale Visite. Business as usual. Weiter nichts.«
    »Ah, o. k., weiter nichts.« Maya drückt ihre Zigarette an dem befestigten Aschenbecher aus und sagt: »Komm, lass uns wieder reingehen, Patienten übergeben und dann ab nach Hause. Habe heute ein Rendezvous mit Francois. Franzose. Denk mal an mich!«
    »Mach ich doch immer. Amüsiere dich!«
    Ich habe aufgehört, Maya vor und nach dem ersten Date nach Details zu ihren Männern zu fragen. Zu oft hatte ich mich in die eine Geschichte eingefunden beziehungsweise eingefühlt, als die nächste schon wieder in voller Fahrt war. Maya versteht das. Wir haben vereinbart, dass wir nach zwei Wochen stabiler »Beziehung« mit ein- und demselben Mann abends zusammen in unsere Stammbar gehen und bei ein paar Drinks die Lage und Zukunftsfähigkeit erörtern. Glücklicherweise sind unsere Treffen nicht auf diese Tage reduziert. Wir gehen regelmäßig miteinander aus, sprechen über Gott und die Welt – und nur selten über Mayas neue Errungenschaften.
    ***
    Als ich am späten Nachmittag Frieda vom
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