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Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)

Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)

Titel: Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
Autoren: Ulrich Ott
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Experiment unternehmen. Auch jetzt, in diesem Moment, beim Lesen dieses Satzes, haben Sie eine bestimmte Körperhaltung eingenommen. Mehr oder weniger bewusst haben Sie sich vermutlich für eine relativ bequeme Haltung entschieden, die aber zugleich die zum aufmerksamen Lesen erforderliche Wachheit unterstützt. Für die Meditation sind die Anforderungen weitgehend identisch – vielleicht befinden Sie sich bereits in einer Haltung, die sich auch hervorragend zum Meditieren eignen würde! Bevor Sie sich jedoch auf eine Position festlegen, sollten Sie sich zunächst einen Überblick verschaffen und die verschiedenen Alternativen kennenlernen.
    Wenn die Situation es zulässt, dann können Sie nun verschiedene Haltungen einnehmen und beobachten, wie sich dies jeweils auf Ihr Körpergefühl und das Lesen auswirkt. Was verändert sich, wenn Sie sich hinstellen? Stehen Sie jetzt auf, und zwar, wenn möglich, nicht nur in der Vorstellung, sondern ganz real. Wie fühlt es sich an, im Stehen weiterzulesen? Fühlen Sie sich wacher? Wie entspannt oder angestrengt sind Ihre Beine, Ihre Arme und die Hände, die das Buch halten? Bleiben Sie mindestens eine Minute stehen, um einen Eindruck zu gewinnen, wie die stehende Haltung auf Körper und Geist wirkt. Dazu können Sie dieses Kapitel einfach noch einmal bis zu dieser Stelle lesen, oder Sie schließen die Augen, um die Innenwahrnehmung zu erleichtern.
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    Gehen Sie nun in die Hocke. Bekommen Sie die Fersen auf den Boden oder kippen Sie nach hinten? Wie lange können Sie im Hocken verharren, ohne dass es anstrengend wird? Was geschieht mit der Atmung, wenn der Bauch an die Oberschenkel gepresst wird? In vielen Regionen der Erde ist das Hocken auf dem Boden eine ganz alltägliche Haltung, und auch kleine Kinder nehmen diese Haltung beim Spielen oft spontan ein. Wenn Sie vorhaben, später auch im Lotossitz zu meditieren, ist das Hocken eine gute Vorübung, um die Beweglichkeit der Beine und des Beckens zu erhöhen. Dazu später mehr.
    Gehen Sie nun in die kniende Position, bei der das Gesäß auf den Füßen ruht. Wann haben Sie diese Haltung das letzte Mal eingenommen? Fühlt sich diese klassische Gebetshaltung merkwürdig für Sie an? Wenn möglich, sollten die Zehen nicht aufgestellt sein, sondern flach auf dem Boden aufliegen. Wie aufgerichtet ist der Oberkörper? Wie fühlen sich Knie und Unterschenkel an? Verlassen Sie die Position, wenn Schmerzen auftreten sollten. Andernfalls probieren Sie das Knien eine Weile aus, bevor Sie zum Sitzen kommen.
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    Strecken Sie im Sitzen zunächst einmal die Beine nach vorne aus. Ist Ihr Oberkörper aufrecht, oder sinken Sie nach vorne zusammen? Wie unterscheidet sich das Sitzen auf dem Boden von dem auf einem Stuhl? Was verändert sich, wenn Sie die Beine zum Schneidersitz anwinkeln, kreuzen und die Unterschenkel auf das Fußgelenk bzw. die Ferse des anderen Beines legen? Ist diese Haltung bequem, oder zieht es in den Oberschenkeln? Könnten Sie diese Position für zwanzig Minuten halten und sich dabei entspannen? Ist sie eher unangenehm oder sogar schmerzhaft? Lassen Sie sich auch hier wieder etwas Zeit, um die Wirkungen mit geschlossenen Augen von innen her zu erspüren. Bei Bedarf können Sie Ihren Rücken an eine Wand lehnen.
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    Zu guter Letzt legen Sie sich nun auf den Boden, ein Sofa oder ein Bett. Legen Sie, falls vorhanden, ein Kissen unter Ihren Kopf, und verwenden Sie eine Decke als Unterlage, falls der Boden kalt sein sollte. Können Sie in dieser Haltung lesen? Wie wirkt sich die liegende Position auf Ihre Aufmerksamkeit aus? Schließen Sie die Augen, und entspannen Sie Ihren ganzen Körper. Zählen Sie zehn Atemzüge, und öffnen Sie dann wieder die Augen. Kann Ihr Geist wach und aktiv bleiben, oder werden Sie schläfrig und unkonzentriert? Wollen Sie vielleicht ein kleines Nickerchen einschieben und später weiterlesen?
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    Kehren Sie nun wieder in Ihre Ausgangshaltung vor dem Experiment zurück. Von den fünf Grundhaltungen – Stehen, Hocken, Knien, Sitzen und Liegen – ist das Hocken diejenige Haltung, die wohl am seltensten zur Meditation eingesetzt wird. Westliche Menschen im Erwachsenenalter sind häufig überhaupt nicht mehr in der Lage, diese Haltung einzunehmen oder gar sich darin zu entspannen. Durch das Anwinkeln der Beine wird deren Durchblutung beeinträchtigt, und auch die Bauchatmung ist eingeschränkt.
    Bei den nachfolgenden Erörterungen findet das Hocken daher nur als Dehnübung Berücksichtigung.
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