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Max Perplex

Max Perplex

Titel: Max Perplex
Autoren: Hen Hermanns
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damit nichts mehr zu tun haben.«
    »Und Sie leben jetzt sozusagen aus dem Karton?«
    »In den Kartons sind Bücher. Oben ist mein Schlafzimmer, und die Küche ist voll eingerichtet. Dienen diese Informationen Ihren Nachforschungen?«
    »Natürlich. Ich will Ihnen nicht zu nahe treten. Aber irgendwo muß ich anfangen. Also warum nicht bei Ihnen?«
    »Warum nicht bei meiner Frau oder meiner Tochter?«
    »Alles zu seiner Zeit. Womit verdienen Sie im Moment Ihr Geld, wenn ich fragen darf? Sie sprachen gestern von guten Geschäften.«
    »Aktien, ich spekuliere ein bißchen.«
    Ziegler sah mich mit einem leicht angeekelten Lächeln an und zog einen Briefumschlag aus seiner Jacke.
    »Hier ist eine Anzahlung, falls Ihre Frage auch in diese Richtung zielen sollte.«
    Ich steckte den Briefumschlag ungeöffnet ein.
    »Ihre Frau, wo wohnt Ihre Frau jetzt?«
    Ziegler reichte mir einen zweiten Briefumschlag. Dicker als der erste.
    »Hier ist alles drin. Adresse und Telefon von meiner Frau und meiner Tochter, Fotos, Daten, das müßte fürs erste reichen.«
    »Danke.«
    Ziegler stand auf. Die Audienz schien beendet.
    »Wollen Sie meine Berichte schriftlich?« fragte ich.
    »Nicht nötig. Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas Wichtiges haben.«
    »Dann bis bald. Ich finde selbst heraus, danke.«
    Meine Schritte klangen hohl in der Eingangshalle. Die Knarren an der Wand gefielen mir absolut nicht. »Zur Jagd mit den Kollegen, Sie kennen das ja.«
    Natürlich kannte ich das nicht. Aber ich konnte es mir vorstellen. »Ein Daumensprung rechts, Herr Kollege Meier-Siepenbrink, ein kapitaler Bock. Sauberer Schuß, Dr. Schmitz-Burkel, und machen Sie sich keine Sorgen, die 850 Arbeitsplätze in Werk zwo bauen wir bis Ende des Jahres problemlos ab.« So ungefähr.
    Ich ging noch mal zurück. Ziegler reagierte ungeduldig. »Machen Sie jetzt die Peter-Falk-Nummer mit mir? Noch was vergessen, Inspektor Columbo?«
    »Sie sehen Fernsehserien? Hätte ich gar nicht gedacht. Aber ich habe tatsächlich was vergessen. Dieses Zelt, in dem sie drei Wochen kampieren mußten, dieser Schlafsack, in dem sie lagen, dieser Eimer, der als Ihre Toilette herhalten mußte, war das alles neu oder gebraucht? Können Sie sich vielleicht an einen Markennamen erinnern?«
    Ziegler überlegte. »Ich glaube, es war alles relativ neu. Doch, da bin ich ziemlich sicher. Aber Markennamen? Nicht daß ich wüßte.«
    »Und dann noch eine Frage«, sagte ich, »Sie haben die Entführer ja nie gesehen. Aber vielleicht können Sie sich an die Stimmen erinnern. Könnten Sie die Stimmen wiedererkennen?«
    »Das hat mich die Polizei auch schon gefragt.«
    Ich stellte also richtig professionelle Fragen. Weiter so, Herr Investigator, nicht schlecht für den Anfang.
    »Und? Können Sie sich erinnern?«
    »Ich kann nicht viel dazu sagen. Der eine hatte eine relativ tiefe Stimme, der andere eine höhere. Beide sprachen hochdeutsch. Der mit der höheren Stimme, der sprach allerdings manchmal etwas komisch, so als hätte er einen Sprachfehler.«
    »Komisch?«
    »Er warf das D und das T durcheinander, so wie tankeschön, Dankstelle, Dennisdurnier.«
    »Das ist doch schon mal was«, sagte ich.

    Von Zieglers Haus aus waren es nur knapp tausend Meter bis zum >Treppchen<, einem eigentlich ganz netten Lokal, das leider von der Kölner Schickeria kontaminiert wurde. Was die Kölner Schickeria so schlimm macht, ist, daß sie versucht, genauso degoutant und zum Kotzen zu sein wie die Düsseldorfer, und daß ihr das immer stärker gelingt. Im Moment hing nur ein glatzköpfiger Exkommunalpolitiker mit dem kleinwüchsigen Chefredakteur eines Wirtschaftsmagazins an einem der schönen alten Holztische herum. Ich bestellte ein Kännchen Kaffee und öffnete Zieglers Briefumschläge. Im kleineren Umschlag lagen fünf Tausender. Im größeren Fotos der glücklichen Familie Ziegler. Unter Palmen, auf irgendeinem Empfang. Dazu Einzelporträts. Anna Ziegler, seine Frau. Groß, Anfang 40, dunkle Löwenmähne, ziemlich attraktiv. Yvonne Ziegler, die Tochter. Anfang 20, schwarzes Haar, gelig nach hinten gekämmt. Grazil, der Audrey-Hepburn-Typ. Die Daten brachten Konkretes. Anna Ziegler, kaufmännische Angestellte, bis sie 1967 Bernhard Ziegler heiratete.
    45 Jahre alt. Wohnte jetzt in der Virchowstraße in Köln, nicht gerade die schlechteste und billigste Gegend. Yvonne Ziegler, 1968 geboren, studierte Betriebswirtschaft in Würzburg, wohnte da in einer WG in einer gewissen Uhlandstraße, hatte einen zweiten
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