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Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball
Autoren: Arnold Kuesters
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war.
    »Kommen Sie näher und lassen Sie die Waffe fallen, Krüger. Es ist vorbei. Lassen Sie meine Kollegin gehen. Sie hat mit der ganzen Sache nichts zu tun.« Frank hatte die Hände gehoben, damit Heinrich Krüger sehen konnte, dass er unbewaffnet war.
    »Frank, bleiben Sie stehen. Ich möchte nicht schießen müssen. Und – nehmen Sie die Hände runter. Ich muss mit Ihnen reden.«
    Langsam ließ Frank seine Hände sinken.
    »Sie werden verstehen, dass ich weiter auf Ihre Kollegin zielen muss. Ich möchte verhindern, dass Ihre Männer auf dumme Gedanken kommen. Noch bin ich nicht bereit zu sterben. Ich möchte, dass Sie mir zuhören.« Seine Stimme wurde leise. »Wie geht es Lisa?«
    Frank antwortete nicht.
    »Ich möchte nicht, dass sie sich in ihrem Zustand zu sehr aufregt. Sagen Sie ihr das. Sie muss vorsichtig sein. Sie wird Mutter. Da braucht sie Ruhe. Frank, Sie müssen sich mehr um Ihre Lisa kümmern. Sie braucht Sie jetzt.«
    Frank wurde wütend. Er musste seine Stimme zügeln, um Krüger nicht anzubrüllen. »Lassen Sie Lisa aus dem Spiel. Sie geht Sie nichts mehr an. Sie haben ihr genug angetan. Sie haben sie betrogen und für Ihre Zwecke missbraucht. Sie haben sie belogen.«
    »Das dürfen Sie so nicht sagen, Frank. Ich mag Lisa sehr. Sie ist so verständnisvoll und voller Liebe. Sie war für mich mehr als nur eine zuvorkommende Gastgeberin. Frank, ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich einem Menschen wirklich nahe sein konnte. Und für dieses Gefühl danke ich ihr. Sie hat mir ein Geschenk gemacht, mit dem ich in meinem Leben nicht mehr gerechnet habe. Das werde ich nicht vergessen.« Heinrich Krüger drückte die Waffe wieder fester in Violas Rücken. »Es wäre ein Leichtes für mich gewesen, Ihre Freundin und das ungeborene Kind zu töten.« Krüger deutete mit dem Kinn auf seine Waffe. »Aber ich wollte, dass sie lebt und dass das Kind lebt. Denn Kinder sind immer die Hoffnung auf eine bessere Zeit.«
    »Krüger, was soll das? Das funktioniert nicht. Sie haben drei Menschen ermordet.«
    »Sehen Sie, Frank, deshalb habe ich mich entschlossen, zu Ihnen hinaus zu kommen. Sie haben etwas missverstanden. Ich muss das aufklären.«
    Frank spürte, dass Ecki und Schrievers näher gekommen waren und dicht hinter ihm standen. Er wusste, dass in dieser Situation das SEK nicht zugreifen würde.
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Hören Sie zu, Frank. Ich werde es Ihnen erklären.«
    Frank sagte nichts.
    »Das war kein Mord. Ich musste meine Schuld sühnen. Ich habe damals eine Sünde begangen, schwere Schuld auf mich geladen. Ich hätte Friedrich Flusen retten müssen. Zusammen mit den anderen Kameraden. Stattdessen haben wir ihn im Stich gelassen. Einfach zugesehen, wie er hingerichtet wurde von Lehnert, unserem Freund und Kameraden Lehnert. Es wäre unsere Pflicht gewesen, das zu verhindern, als Christen und als Soldaten. Ich musste doch die arme Seele des kleinen Friedrich retten. Ich musste dafür sorgen, dass die anderen für ihr Stillhalten büßen. Ich musste Verantwortung übernehmen. Nichts anderes habe ich getan. Ja, ich habe Verantwortung übernommen und die gerechten Strafen verteilt.«
    »Sie sind ein dreifacher Mörder, das sind Sie. Wollen Sie von mir die Absolution für Ihre Taten? Wollen Sie, dass ich Sie von Ihrer Schuld frei spreche? Das kann ich nicht, und das werde ich nicht. Das macht auch kein Richter dieser Welt.«
    Krüger lächelte. »Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten.«
    »Hören Sie endlich auf, Krüger, was soll das? Ich kenne die Zeilen. ›Herbst‹, von Rilke.«
    »Wissen Sie, das war das Gedicht, dass Friedrich rezitiert hat, kurz bevor Lehnert ihn hingerichtet hat. Ich habe die Zeilen wieder und wieder gelesen. Jeden Tag seit damals habe ich das Gedicht rezitiert. Die Zeilen sind schön. Friedrich Flusen muss viel Trost in diesem Gedicht gefunden haben. Die Zeilen bedeuten mir sehr viel.«
    »Warum haben Sie die Zeilen bei Ihren Opfern zurückgelassen?«
    »Ich wollte, dass Sie sich erinnern. Und dass Sie sich vorbereiten auf ihren Abschied.«
    »Warum haben Sie diese schrecklichen Fotos gemacht, warum wollten Sie ihr Entsetzen fotografieren? Und warum haben Sie Breuer abgeschlachtet wie ein Tier? Nein, das tut niemand, der nur Rache nehmen will oder, so unglaublich das ohnehin klingt, so etwas wie eine Sünde abwaschen will. Nein, Krüger, ich nehme Ihnen Ihre Motive nicht ab. Sie sind krank. Sie sind ein
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