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Marschfeuer - Kriminalroman

Marschfeuer - Kriminalroman

Titel: Marschfeuer - Kriminalroman
Autoren: Heike Denzau
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erneut
anschwoll. »Es gibt Leute, die müssen arbeiten! Fackel die Hütten doch tagsüber
ab!«
    »Mama …?« Sophies Kopf erschien in der
Schlafzimmertür.
    Lyn hob die Bettdecke
an.
    »Das ist unheimlich«,
meinte Sophie, nachdem sie sich in den Arm ihrer Mutter gekuschelt hatte.
Allerdings klang sie nicht wirklich ängstlich, sondern eher angenehm erregt.
    »Das ist jetzt das
vierte Mal, seit wir hier wohnen, oder?« Sophie hielt es nicht mehr im Bett.
Sie trat an das auf Kipp geöffnete Fenster. »Hörst du das Knallen, Mama? Das
war beim letzten Mal auch so.«
    Lyn nickte. »Das sind
die Eternitplatten auf den Gartenlauben. Die Hitze lässt sie bersten. Das ist
jetzt das vierte Mal innerhalb von …«, sie überlegte kurz, » …fünf Monaten. Die
Abstände werden kürzer. Ich hoffe, sie kriegen den Typ bald. Sonst ist die
Wewelsflether Kleingartenkolonie in nächster Zukunft hüttenlos.«
    »Wenigstens steckt er
keine Häuser an«, murmelte Sophie.
    Lyn stand auf und trat
zu ihrer Tochter ans Schlafzimmerfenster, als die Sirenen der
Feuerwehrfahrzeuge durch die dunkle Aprilnacht hallten. »Das ist das Problem,
Krümel. Wie lange wird er sich noch mit Blech-und Holzhütten zufriedengeben?«
    »Guck doch, Mama! Man
sieht den Qualm!« Sophie deutete aufgeregt über die hohe Hecke, die den
Friedhof umgab, auf dessen Gelände ihr Häuschen stand. Deutlich zeichneten sich
hellgraue Rauchschwaden am dunklen Nachthimmel ab. Die Kleingartenkolonie war
nicht weit entfernt vom Friedhof. Die Grundschule und der Kindergarten standen
dazwischen.
    »Die Feuerwehr wird den
Brand schnell löschen«, sagte Lyn und schloss das Fenster. »Geh wieder
schlafen, Krümel. Wir müssen früh raus.« Sie schmatzte einen Kuss auf Sophies
Scheitel und öffnete die Schlafzimmertür. »Ab!«
    Sophie riss sich vom
Fenster los, sprang in das Bett ihrer Mutter und zog sich die Decke bis ans
Kinn. »Bitte, Mama! Hier schlafe ich viel schneller ein … Allein hab ich
Angst.«
    Lyn verschränkte die
Arme vor der Brust. »Ich glaube dir alles, Sophie Hollwinkel, aber das nicht.
Angst existiert doch gar nicht in deiner Gefühlswelt.«
    Sophies Kopf verschwand
unter der Bettdecke.
    »Na gut«, murmelte Lyn
und legte sich neben ihre Tochter, »schließlich bist du bald schrecklich groß.
Dann willst du nicht mehr in mein Bett.«
    Hand in Hand schliefen
sie ein.

ZWEI
    Das Klingeln des Weckers
holte Margarethe Jacobsen aus tiefen Träumen. Schlaftrunken hievte sie sich auf
ihre linke Seite, griff nach dem Wecker und stellte den monotonen Piepton aus.
Sechs Uhr dreißig. Schwer ließ sie sich in ihr Kissen zurückfallen und wandte
den Kopf nach rechts.
    Die andere Betthälfte
war leer. Hinrich war– wie jeden Morgen– schon seit einer halben Stunde auf den
Beinen. Kaffeeduft drang durch die nur angelehnte Schlafzimmertür.
    Margarethe schwang ihre
Beine stöhnend aus dem Bett. Sie öffnete die Nachttischschublade und holte die
Weinlaubcreme heraus. Mit sanften Bewegungen rieb sie ihre Waden, deren
Krampfadern sich wie kleine Gebirgszüge darauf verteilten, von unten nach oben
damit ein.
    Das Geräusch klappernder
Teller im Erdgeschoss verriet, dass Hinrich den Frühstückstisch deckte. Die
kleine vierundsiebzigjährige Frau brauchte beide Hände, um ihre fünfundachtzig
Kilo aus dem Bett zu stemmen. Sie schlüpfte in ihre weichen ledernen
Pantoffeln, zog ihren geblümten Morgenrock an und holte aus dem Kleiderschrank
eine einzelne Garnitur Bettwäsche.
    Die gleiche geblümte
Ware, die jetzt aufgezogen war. Sie zog Kopfkissen, Decke und Laken auf der
Seite ihres Mannes ab und raffte alles zusammen, um es in den Wäschekorb zu
legen. Wie jeden Freitag. Ganz kurz hielt sie ihre Nase an die gebrauchte
Wäsche.
    »Na, so was«, sprach sie
mit sich selbst, und ihre Stimme klang noch heiser vom Schlaf. Noch einmal roch
sie an der Bettwäsche. Kopfschüttelnd zog sie die frische Garnitur auf. Sie
griff nach dem Pyjama, der wie immer akkurat über der Rückenlehne des Stuhls
hing, und roch daran.
    »Komisch«, murmelte
Margarethe Jacobsen.
    Unten klappte die
Haustür. Hinrich machte sich auf den Weg zum Glückstädter Stadtbäcker und holte
die Brötchen. Zwei Stück. Ein einfaches für sie, ein Roggen für ihn. Wie jeden
Morgen.
    ***
    »Sorry, ich musste gefühlten tausend Handwerkern, Baumaschinen und
herumliegenden Gebäudeteilen ausweichen«, entschuldigte sich Lyn atemlos, als
sie das Besprechungszimmer betrat. Sie hatte es sich zur Pflicht gemacht,
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