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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition)
Autoren: J.M. Soedher
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diesem lauten Hauchen konnte durchaus entnommen werden, wie weit entfernt sein Geist doch war. Wer es weniger wohlwollend auslegte, hätte sogar ein gewisses Genervtsein feststellen können.
    Weiss unterbrach und fragte: »Alles in Ordnung?«
    Bucher lächelte und seine kurze Bewegung mit der Hand signalisierte, dass er ganz bei der Sache war. Eine junge Frau wurde von ihren Eltern vermisst.
    Weiss bestätigte und kramte in einem hohen Papierstoß nach jenen Notizen, von deren Inhalt er die ganze Zeit gesprochen hatte.
    »Da ist es ja«, murmelte er, »das Haus verliert nichts.« Er reichte Bucher zwei Notizzettel herüber, auf denen in ordentlicher Schreibschrift die Daten vermerkt waren. Eine so gleichmäßige und schwungvolle Schrift traute man den groben Weiss’schen Pranken gar nicht zu.
    Bucher warf einen kurzen Blick auf den Namen und die Adresse – es war ganz in der Nähe. Er faltete die Zettel zusammen und steckte sie in die Innentasche seines Jacketts.
    Weiss deutete auf Buchers Brust. »Nicht vergessen, ja. Ich möchte, dass ihr euch umgehend darum kümmert. Du brauchst auch gar nicht auf die Zuständigkeit verweisen, die eigentlich beim Präsidium München liegt. Das haben die hohen Herrschaften bereits geklärt.«
    »Soso, geklärt. Wir sind auch Münchner«, bemerkte Bucher.
    »Ja, aber andere. Die Kollegen werden euch selbstverständlich unterstützen. So – das war’s. Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja, alles in Ordnung. Ich war vorhin nur in Gedanken woanders.«
    »Hab ich gemerkt, hab ich gemerkt. Zu Hause …? Miriam … auch okay?«
    Bucher sah ihn fragend an.
    Weiss hob die Hände. »Wollte nur fragen, nur fragen, ganz ohne Hintergrund. War ein schöner Abend, neulich bei euch beiden. Hat uns gefallen, sehr idyllisch und ruhig. Mir persönlich wäre es aber zu einsam und zu viel Land rundherum … diese Weiden, der Wald und unten der Fluss – das macht mich unruhig, ob du es glaubst oder nicht … bin halt in der Stadt groß geworden und brauche das … das Summen und Brummen und das ganze Leben hier, meine Heimat ist und bleibt Sendling. Aber ist schön geworden, die alte Hütte da draußen, und ihr habt viel Platz …« Weiss zwinkerte bei den letzten Worten mit den Augen.
    »Weiß schon, was du meinst«, entgegnete Bucher und stand auf, »aber jetzt kümmere ich mich zuallererst um deine Vermisste.«
    »Heiratet ihr eigentlich irgendwann?«
    Bucher traf die Frage unvermittelt und unvorbereitet. Er sah Weiss erstaunt an.
    »Nur so eine Frage, halt so, ist mir nur so durch den Kopf gegangen«, beschwichtigte der und wechselte schnell das Thema.
    »Ach und noch was – Armin Batthuber.« Er ließ eine bedeutungsvolle Pause entstehen.
    »Ja, was ist mit ihm?«, fragte Bucher.
    »Dafür, dass er der Jüngste in deinem Team ist, hat er eine ganz schön große und freche Klappe.«
    »Armin?«
    »Tu nicht so, als ob du nicht Bescheid wüsstest. Man sollte meinen mit dem ganzen Piercing wäre seine Zunge etwas gezügelter unterwegs.«
    »Ist halt so.«
    Weiss schüttelte energisch den Kopf und wedelte energisch mit dem Zeigefinger über seinem Kopf herum. »Nein, das ist nicht halt so , vielmehr ist das so, weil er von dir Rückendeckung erhält, wenn es eng wird. Brems ihn mal, ja!«
    »War denn was Konkretes?«
    Weiss zögerte. »Er hat dem Maier von der Auswertung ein Päckchen auf den Tisch gelegt; ›zur dienstlichen Verwendung‹ stand drauf.«
    »Und?«, fragte Bucher, jetzt ganz bei der Sache, »was war drin?«
    Weiss musste ein Grinsen unterdrücken. »Ein Paar Thrombosestrümpfe und die Gebrauchsanweisung dafür, in der stand, es sei ungesund stundenlang bewegungslos vor dem Schreibtisch zu verharren – er könne die Dinger bei Dienstschluss ja wieder abnehmen.«
    Bucher senkte den Kopf und lachte leise vor sich hin.
    Weiss hatte das auch gefallen und im ganzen Haus wurde darüber geredet. Jetzt aber sagte er: »Egal, wie berechtigt oder spaßig – das geht nicht! Der Maier hat einen Riesenaufstand gemacht.«
    Bucher sah auf. »Soso, hat er.«
    »Hat er, und du weißt, was ich meine.«
    Für Weiss war das Gespräch beendet und er senkte den Kopf über die ausgebreiteten Unterlagen auf seinem Schreibtisch, so als wäre Bucher bereits gar nicht mehr im Zimmer.
    *
    Johannes Bucher trat vom Büro in den düsteren Gang hinaus und brauchte einen Augenblick, bis seine Augen an das Dunkel gewöhnt waren. Die ehemals grauen Betonwände waren im Lauf des Jahres mit
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