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Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer
Autoren: T Krappweis
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in Berlin und Mara hatte seit einem halben Jahr nicht mal mehr mit ihm telefoniert. Doch war sie ehrlich gesagt kurzdavor, ihrer Mutter zu sagen, was sie von diesem ganzen Wicca-Zirkus hielt!
    Was bitte erwarteten sich diese Schwurbelhexen von diesem Nachmittag? Dass ihnen ein Baum die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest gab? Warum glaubten die Wiccas von der Au eigentlich immer, dass alles, was alt und stumm war, gleichzeitig auch unglaublich weise sein musste und nur darauf wartete, sein Wissen ausgerechnet mit
ihnen
zu teilen? Wenn Bäume sprechen könnten und irgendwas mitzuteilen hätten, dann hätten sie das ja wohl schon längst getan, oder nicht?
    Wieder formte sich urplötzlich ein Bild in Maras Kopf: Sie sah einen mittelgroßen Apfelbaum, der an einem Rednerpult stand, und vor ihm eine Schar von Reportern, die ihn mit Fragen bestürmten. Der Baum winkte mit einem Ast ab und sagte: »Wir werden uns mit diesen Fragen zu gegebener Zeit beschäftigen, aber bitte haben Sie Verständnis, dass ich dazu im Moment wenig sagen kann.«
    NEIN. Mara drückte die skurrile Szene zu einem kleinen Knäuel zusammen und warf sie in Gedanken ganz weit weg. Oh, wie sie dieses Kopf-Kino hasste! Ihre Gedanken waren eh schon voll mit Mama, Papa, Schule, Larissa und dem Rest der Welt! Oh ja, Mara hatte wirklich schon genug mit der Realität zu kämpfen und heute war es ein besonders harter Kampf.
    Sie sah zu ihrer Mutter hinüber. Die war zu Maras namenlosem Entsetzen gerade dazu übergegangen, zur Verstärkung des Gesprächsangebots an ihren Baum ein paar Yogaübungen mit einfließen zu lassen.
    Mama, bitte nicht, dachte Mara. Aber da war es bereits zu spät. Die nackten Füße ihrer Mutter reckten sich hoffnungsvoll nach dem untersten Zweig des Baumes.
    Das hatte zwei Effekte. Effekt eins: Der Baum war jetzt garantiertso peinlich berührt, dass er nie wieder zu irgendwem oder irgendwas sprechen würde. Effekt zwei bestand aus zehn Augenpaaren, die sich allesamt von ihren Bäumen ab- und Maras Mutter zuwendeten.
    Und da kam die Seminarleiterin auch schon angeflattert in ihrem komischen Kleid, das aus mehreren Schichten bunt bedruckter Seidentücher zu bestehen schien. Dazu klapperte die doppelt gelegte Bernsteinkette um ihren Hals, als wäre die ganze Frau eine Rassel für Riesenbabys. Sie klapperte an Mara vorbei zu Mama und kam gerade noch rechtzeitig, um mit anzusehen, wie diese bei dem Versuch, sich vor dem Baum in eine Kerze zu stemmen, abrutschte und mit einem ihrer typischen, unterdrückten Quietscher seitlich in die Büsche fiel.
    »Du liebe Zeit, Frau Lorbeer, ist Ihnen was passiert?«, näselte die Flatterfrau und klang dabei, als würde sie mit einem Kindergartenkind sprechen. Das war allerdings nichts Besonderes, denn so sprach sie mit allen Anwesenden – außer mit Mara, denn mit Mara sprach sie eigentlich gar nicht. Vielleicht weil die Flatterfrau wusste, dass Mara sie durchschaut hatte, mitsamt ihrem ganzen Räucherstäbchen-Blabla. Vielleicht aber auch, weil sie Mara keines Wortes wert befand. Was auch immer der Grund war, Mara war einfach nur froh, dass man sie in Ruhe ließ.
    Jetzt war die Flatterfrau gerade damit beschäftigt, Mama aus dem Gebüsch zu befreien. Das stellte sich aufgrund des massiven Seidentuchaufkommens als ziemlich schwierig heraus, da sich die Tücher laufend in den Ästen verfingen. Mara stand auf und half, ihre Mutter wieder auf die Beine zu stellen.
    Der schien das alles gar nicht peinlich zu sein. Mama kicherte nur die ganze Zeit. Bemerkte sie denn nicht, wie albern sie gerade wirkte? Hatte sie denn gar kein Schamgefühl? Natürlich nicht, denn sonst wären sie gar nicht erst hierhergekommen.
    Okay, Mara hatte ihre Mutter schon viele dämliche Dinge tun sehen, aber das hier kam auf jeden Fall in die Top 3. Auf Platz Nummer2 war die kleine »Energy-Vital-Pyramide« aus Kupferdraht, die angeblich dafür sorgte, dass Äpfel im Obstkorb länger frisch blieben. Und Nummer 1 war Mara so peinlich, dass sie sich zwingen musste, nicht daran zu denken.
    Die Flatterfrau erklärte den Teilnehmern, dass nun leider die Konzentration empfindlich gestört war und es auch den Bäumen nicht zuzumuten sei, wieder von vorne zu beginnen. Ein paar der Wiccas murrten unwirsch, so als hätte man sie gerade in einem anregenden Gespräch mit ihrem Baum unterbrochen. Nach Maras Einschätzung traf wohl eher das Gegenteil zu, aber das würde natürlich keine der Wiccas zugeben.
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