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Mannerfreie Zone

Mannerfreie Zone

Titel: Mannerfreie Zone
Autoren: Papa Ariella
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wahrscheinlich sofort die Handschellen und das Hundehalsband polieren, was ja in Ordnung ist, wenn man so was mag. Aber du bist doch eher jemand, der beim ersten Date die Missionarsstellung bevorzugt.“
    „Holst du eigentlich niemals Luft?“
    „Dazu habe ich keine Zeit. Oh, Mist!“
    „Was?“
    „Big C
hat einen Prada-Anzug an. Sie hat also heute ein paar Machtspielchen vor.“
    „Ich dachte, Prada bedeutet, dass sie ihre Tage hat und Wasser in den Beinen.“
    „Nein, das ist der schwarze Anzug. Ruf mich heute nicht an. Und denk dran, warte bis morgen, bevor du dich bei dem Musiker meldest.“
    „Manager …“, sage ich, doch sie hat schon aufgelegt.
    Lorraine, meine Chefin, steht neben meinem Schreibtisch, als ich einhänge. Sie hasst diese Stadt, fragt mich aber trotzdem immer, wo man hingehen muss. Wenn ich nur wirklich so cool wäre, wie Lorraines Mann und ihre Hunde offenbar glauben. Lorraine gibt mir ein paar Daten, die ich in den Kalender eintragen soll. Das ist es, wofür die ich pro Stunde achtzehn Dollar fünfzig bezahlt bekomme. Andere Leute stehen an einem Grill und machen Pommes Frites und verdienen ein Viertel davon. Ich tippe Namen vor die Artikel, die in den nächsten paar Monaten veröffentlicht werden sollen. Wer arbeitet am Fahrrad des Monats, am besten Fahrradsitz und daran, in welchen Romanen Radfahr-Szenen eine wichtige Rolle spielen. (Als ob unsere Leser überhaupt jemals vom Rad absteigen würden.)
    Diese Daten einzugeben ist zum Gähnen langweilig, und weil ich eine Woche Zeit habe, bevor alles fertig sein muss, schiebe ich es solange wie möglich vor mir her. Ich könnte das zwar unglaublich schnell erledigen, und im Grunde ist es auch meine einzige Aufgabe. Nur beansprucht leider das Internet meine ganze Zeit. Ich verbringe viel Zeit damit, auf meinen Bildschirmschoner zu starren. Es handelt sich um den ganz gewöhnlichen Standard-Bildschirmschoner mit den Sternen. Meine Vorgängerin hat ihn mir hinterlassen, und ich bin mir sicher, dass sie ihn auch stundenlang angestarrt hat. Ich weiß, dass ich meine Zeit viel besser nutzen könnte. Ich könnte schreiben. Ich könnte mir Vorschläge für Artikel überlegen und für sie recherchieren (ich darf schließlich so viel telefonieren, wie ich will), ich könnte versuchen, andere Zeitschriften zu kontaktieren, um einen neuen Job zu finden. Aber aus irgendeinem Grund vertreibe ich mir die Zeit damit, einfach dazusitzen. Nun, das ist schon alles in Ordnung so – immerhin bin ich in New York.
    Achtzehn Jahre lang bedeutete der September in meinem Leben eine Veränderung. Immer freute ich mich auf den Herbst, denn das hieß: neue Klamotten, neue Schulfächer, ein neues Schuljahr. Der Herbst gab mir von der Kindergartenzeit an bis zu meinem allerletzten Collegejahr das Gefühl, dass nun wundervolle Abenteuer auf mich warteten. Und dass alles Schlechte, was in dem Jahr passiert war, wie durch ein Wunder ausgelöscht werden würde.
    Nun arbeite ich aber seit Februar, seit ich endlich meinen Schulabschluss gemacht habe. Von ein paar Stürmen abgesehen, war es ein milder Winter gewesen. Mild genug, um mir das Gefühl vorzugaukeln, dass das hier vielleicht nur ein verlängerter Sommerurlaub war, der schließlich in einer akademischen Karriere münden würde oder in Ruhm und Reichtum. Denn dieses langweilige Leben als Aushilfe darf auf gar keinen Fall (schluck!) mein Leben sein.
    Nachdem wir jetzt fast Mitte September haben und ich noch immer diesen Achtstundenjob mache, kann ich es aber nicht mehr leugnen. Ich kann die Herbstmode und die Ausverkäufe zum Schulbeginn nicht ignorieren. Meine Schwester Monica, die ewige Studentin, ist nach Massachusetts zurück, um ihr drittes Diplom zu machen, diesmal in
Women’s Studies
. Kein Zweifel, ich bin hier für eine Weile gestrandet. Doch ich habe mir fest vorgenommen, das zu ändern.
    Dabei ist es aber so, dass ich New York einfach liebe. Zumindest die Vorstellung davon. Die Tatsache, dass meine Freunde aus der Schule mich beneiden, weil ich für Prescott Nelson arbeiten darf. Die Bekannten meiner Eltern (eines Tages
werde
ich meine eigene Wohnung haben) sind immer ein wenig schockiert, wenn sie hören, dass ich jeden Tag in die große Stadt fahre. Kein Wunder, sie kommen aus New Jersey – sie lassen sich sogar von einem Garagentoröffner beeindrucken.
    Wenn ich mal alle Vorteile außer Acht lasse, dann stört mich am meisten der Stillstand, die Routine, in die ich verfallen bin. Die Vorteile sind
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