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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman
Autoren: Walter Mosley
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Internetbetrügereien ab und brachte A in Verbindung mit B, um etwas über C in Erfahrung zu bringen. Er hatte mindestens siebzehn verschiedene E-Mail-Adressen, von denen die Mails an [email protected] weitergeleitet wurden. Er musste einen ziemlich guten Hacker haben, der ihm bei der Installationgeholfen hatte, aber ich hatte Tiny »Bug« Bateman, der nach eigener Einschätzung der beste der Welt war.
    Die meisten Mails des attraktiven Teenagers waren mehr oder weniger harmlos: Junge Männer, die über Sport und Mädchen sprachen, Mädchen, die anboten, Dinge zu tun, die sich die meisten Jugendlichen meiner Generation nicht einmal hatten vorstellen können, und kleinere kriminelle Aktivitäten, die ich ignorierte, weil ich Twill nur beschattete, um ihn zu bremsen, wenn irgendwas ernsthaft schiefzulaufen drohte.
    Der Bär in meiner Jacke knurrte, aber ich beachtete ihn nicht. Wenn es Thurman war, konnte er noch eine Weile Fingernägel kauen und sich fragen, ob ich mich von ihm tatsächlich so locker über den Tisch ziehen lassen würde. Wenn es jemand anderes war, konnte er eine Nachricht hinterlassen, denn seit ein paar Tagen erhielt mein Sohn beunruhigende Mitteilungen.
    Ein Mädchen, das sich »M« nannte, schickte Twill deprimierte und verzweifelte Nachrichten. Sogar Selbstmord hatte sie erwähnt. Twill ging wirklich gut damit um. Er erklärte ihr, dass sie ein guter Mensch in schlechter Umgebung sei und dass sie immer auf ihn zählen könne, wenn sie ihn brauche. Worin ihre Schwierigkeiten genau bestanden, wurde nie besprochen, doch es hatte etwas mit ihrer Familie zu tun.
    Das Problem war, dass Twill kein gewöhnlicher Sechzehnjähriger war. Er reagierte eher wie ein erwachsener Mann und neigte dazu, mehr zu schultern, als er bewältigen konnte. Deshalb hatte ich mich in der vergangenen Woche täglich als sein Schatten eingeloggt.
    An diesem Tag gab es eine Nachricht von M und eine Antwort.
    Hey, T, danke für deine Mail. Das ist sehr nett von dir, aber hier wird es immer schlimmer. Viel schlimmer. Ich glaube wirklich, dass es besser wäre, wenn ich ihn selber stoppe. Ich weiß, du hast Beziehungen, und ich brauche einfach nur den Namen von jemandem, der mir eine Pistole verkaufen kann. Bitte mach das für mich. Ich muss etwas tun.
    M.
    Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hatte Twill ihr eine Antwort gemailt, die bei mir Gänsehaut verursachte.
    M. Ich höre dich, Mädchen. Aber du kannst so was nicht machen. Wahrscheinlich verletzt du dich nur selbst. Am Samstag sind es nur noch zwei Wochen bis zum Straßenfest. Halte bis dahin durch, und ich erledige das für dich. Niemand wird es erfahren.
    T
    Eine von Twills guten Charaktereigenschaften war, dass er nie leere Versprechungen machte. Wenn er versicherte, etwas in die Hand zu nehmen, gab er immer sein Bestes. Und ich war mir absolut sicher, dass das Beste in diesem Fall der Tod von jemandem war. Mir blieben etwas mehr als zwei Wochen, um die Lage zu klären. Das Gute daran war, dass ich so wenigstens etwas Positives zu tun hatte.

5
    Ich starrte auf die Lücke, die das World Trade Center in der Skyline hinterlassen hatte, und dachte an Twill. Er war nicht von meinem Blut, groß und geschmeidig, gutaussehend, mit einem gewinnenden Lächeln. Gemeinsam war uns bestenfalls die dunkle Hautfarbe, doch selbst die unterschied sich im Ton. In meinem Schwarz war mehr Braun.
    Aber Blutsbande werden ohnehin überschätzt. Twill hatte eine Art, dass man sich in seiner Gegenwart wohl fühlte. Sein Gruß war – am Morgen oder am Abend, ob man ihn von einer Polizeiwache oder einer Schulfeier abholte – immer freundlich und aufrichtig. Er behielt stets einen kühlen Kopf und ein warmes Herz. Twilliam war einer der prächtigsten Menschen, denen ich je begegnet war. Und deshalb hatte ich mir die Pflicht auferlegt, dafür zu sorgen, dass er nicht in den Sog seiner eigenen Überlegenheit gerissen wurde.
    Eine einsame Möwe schrie. Der Ton, den Tiny für mich auf das gestohlene Handy programmiert hatte, bevor er es mir verkaufte.
    »Hallo?«
    »Wer zum Teufel ist da?«, wollte eine wütende Stimme wissen.
    »Sie haben mich angerufen, junger Mann«, erwiderte ich bemüht höflich.
    »Sind Sie Arnold DuBois?«, fragte der Anrufer, der meinen falschen Nachnamen französisch aussprach.
    »Du Boys«, verbesserte ich ihn.
    »Warum versuchen Sie, mich zu erreichen, Mr. Du Boys?«, fragte Roger, der möglicherweise etwas von dem Eisen in meinem Kinn gespürt und seinen Ton
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