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Maltas Geheimnis

Titel: Maltas Geheimnis
Autoren: Hans Lebeck
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Julia los. »Vielleicht solltest du mal in den Spiegel schauen.
    Oder meinst du, dass man so, wie du aussiehst, auch nur einen alten Opa hinter dem Ofen hervorlockt?«
    Alisha wusste nicht, warum sie so empfindlich reagiert hatte. »Gut. Dann lass uns jetzt endlich proben gehen… Blöder Urlaub!"
    Die letzten Worte hatte sie fast nur noch genuschelt während sie aufstand.
    Aus den Augenwinkeln heraus sah sie noch Axel, wie er entschuldigend die Schultern hob und ihr dann folgte. Ihr Auftritt war ihr nun selbst etwas peinlich.
    Die Probe war dann die Krönung. Der weiße Flügel, der im großen Speisesaal stand, war ein wunderschönes Instrument und perfekt gestimmt. Axel sprühte nur so vor Ideen und stellte im Nu ein komplettes Programm auf die Beine. Er gab auf dem Klavier die Melodien vor, Jens und sie begleiteten ihn mit Gitarre und Geige und Julia sang dazu. Diese Frau hatte vielleicht eine gute Figur, aber bestimmt keine gute Stimme. Sie traf kaum einen Ton richtig. Das beruhigte Alisha irgendwie sehr. Jedoch war sie ziemlich erstaunt darüber, dass Axel sie gewähren ließ. Sonst war er doch so pingelig.
    Nach einer guten Stunde, unmittelbar nach einem Schlager der 60er Jahre, den Julia so richtig verhunzte, ertönte vom Eingang her ein langsames Klatschen und ein Mann trat bedächtig näher.
    Alisha war angenehm überrascht.
    Ein schlanker, etwa 50 jähriger Herr kam dezent lächelnd auf sie zu. Als er eine leichte Verbeugung andeutete, hatte sie das Gefühl, einen richtigen Gentleman vor sich zu haben. An seinen Fingern blitzten mehrere Ringe. Sein heller Anzug war von feinstem Stoff. Eine kleine Anstecknadel am Kragen seiner Jacke erregte zusätzliche ihre Aufmerksamkeit: zwei umgedrehte V’s, die übereinanderlagen. Eingefasst war dieses filigrane Gebilde von einer schmalen, sie umrundenden, gezackten Linie. Die Anstecknadel machte einen sehr wertvollen Eindruck.
    »Das war hervorragend, meine Damen und Herren. Damit werden Sie meinen Gästen bestimmt sehr viel Freude bereiten.«
    Alisha spürte, wie sie rot anlief. Es war nicht nur das Kompliment, sondern auch die Tatsache, dass sie hier einen Mann von Welt vor sich hatte. So selbstsicher, so erfolgsgewohnt, so südländisch gut aussehend.
    Dies schien auch Julia so zu sehen, wie Alisha zu ihrem Verdruss bemerken musste. Sie hätte dieses Möchtegern-Model am liebsten an den Haaren zurückgezerrt, als sie nach vorne trippelte und mit den Wimpern klimperte.
    »Mein Name ist Alvarez Magri und mir gehört das Hotel. Ich hoffe, Sie werden sich in meinem Haus wohl fühlen. Wenn Sie irgendein Problem haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an mich. Einen schönen Tag, wünsche ich noch.«
    Noch ehe Alisha oder einer der drei Anderen etwas antworten konnten, war der Mann wieder verschwunden.
    »Wow, ein richtiger Gentleman! ", hauchte Julia und trippelte wieder an ihren Platz zurück.
    Gleich der erste Musikabend war ein voller Erfolg. Die Gäste schien Julias Stimme nicht zu stören. Der wiederholte Applaus war Balsam für Alishas geschundene Seele. Am nächsten Tag waren sie plötzlich auch bei den Angestellten keine Fremden mehr und sie durften sich nun sogar ihre Speisen aussuchen.
    * * *
    Die erste Woche verlief danach ziemlich reibungslos. Sie probten fast jeden Tag eine Stunde lang, erkundeten die nähere Umgebung und Alisha erinnerte sich zunehmend an ihr Jahr auf Malta. Mehrmals war sie versucht ihre Gastfamilie von damals anzurufen oder einfach dort aufzukreuzen. Aber jedes Mal fehlte ihr irgendwie der Mut. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, denn sie hatte sich bereits seit Jahren nicht mehr gemeldet. Weder geschrieben, noch angerufen. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr hatten sie mehrmals hintereinander telefoniert. Dann, nach einem viertel Jahr, verlief es sich im Sand. Man hatte sich nichts mehr zu sagen gehabt. Die nächsten Jahre schickten sie sich gegenseitig noch nichtssagende Postkarten zu Weihnachten, dann auch das nicht mehr.
    Trotzdem wäre sie sehr gerne mal an dem weißen Haus in Rabat vorbeigegangen. Ganz heimlich, nur um zu sehen, ob alles noch so war, wie sie es in Erinnerung hatte. Sie würde es noch machen, das nahm sie sich fest vor.
    Axel und Jens hatten bereits am zweiten Tag die erste kleine Klettertour an einer der nahen Klippen unternommen und waren stolz nach Hause gekommen. Seit diesem Zeitpunkt waren sie jeden Tag - und jedes Mal ein Weilchen länger unterwegs und die Gespräche am Abend drehten sich nur noch um die
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