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Malloreon 5 - Seherin von Kell

Malloreon 5 - Seherin von Kell

Titel: Malloreon 5 - Seherin von Kell
Autoren: David Eddings
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dem Stein der Macht auf Mallorea zubegab, und wir spürten, wie Torak sich herumwälzte, als ihn Unruhe in seinem Schlaf befiel. Und schließlich kam diese schreckliche Nacht. Während wir hilflos zusahen, bewegten die ungeheueren Seiten des Buches des Himmels sich so rasch, daß wir nicht imstande waren, sie zu lesen. Bis sie anhielten und wir eine erschreckende Zeile zu deuten vermochten: »Torak ist gefallen.« Das Buch erschauderte, und alle Lichter in der gesamten Schöpfung erloschen. Und in jenem grauenvollen Augenblick der Finsternis und Stille endete das Vierte Zeitalter, und das Fünfte Zeitalter begann.
    Und als das Fünfte Zeitalter begann, fanden wir etwas Rätselhaftes im Buch des Himmels. Zuvor hatte alles sich auf die Begegnung zwischen Belgarion und Torak hinbewegt, doch nun eilten die Begebnisse auf eine andere Begegnung zu. Unter den Sternen gab es Zeichen, die uns sagten, daß die Bestimmungen nun andere Erscheinungen für ihren Endkampf gewählt hatten, und wir vermochten die Bewegungen dieser Wesenheiten zu spüren, doch wir wußten nicht, wer oder was sie waren, denn die Seiten des großen Buches waren dunkel und rätselhaft. Doch eine Wesenheit spürten wir verschleiert und in Dunkelheit gehüllt, und sie nahm Anteil an den Belangen der Menschen, und der Mond sprach klar und deutlich, und von ihm erfuhren wir, daß diese dunkle Wesenheit eine Frau war.
    Eines erkannten wir in dieser großen Wirrnis, die uns nun den Blick in das Buch des Himmels verwehrte. Die Zeitalter der Menschheit wurden mit dem Scheiden eines jeden kürzer, und die Begebnisse der Begegnung beider Bestimmungen folgten einander in immer kürzeren Abständen. Die Zeit für müßige Betrachtungen war vorbei, und nun müssen wir uns sputen, damit uns das letzte Begebnis nicht unvorbereitet findet.
    Wir entschieden, daß wir die Teilnehmer an jenem letzten Begebnis anspornen oder überlisten müssen, damit sie beide zur vorbestimmten Zeit zum vorbestimmten Ort kommen.
    Und wir haben das Abbild von Sie-welche-die-Wahl-treffen-muß zu der dunklen, vermummten Wesenheit und zu Belgarion Gottbezwinger gesandt, und sie führte sie auf den Weg, auf dem sie schließlich zu dem Ort unserer Entscheidung gelangen würden. Und dann wandten wir uns alle unseren Vorbereitungen zu, denn es blieb noch viel zu tun, und wir wußten, daß dieses Begebnis das letzte sein würde. Die Spaltung der Schöpfung dauerte bereits viel zu lange; in dieser Begegnung zwischen den beiden Bestimmungen würde die Trennung enden, und alles würde wieder eins werden.



Erster Teil
KELL

1
    D ie Luft war dünn und kühl und würzig vom harzigen Duft der Bäume, die nie ihr Laub abschüttelten, sondern vom Anfang bis zum Ende ihres Lebens in dunklem Grün prangten. Der Sonnenschein auf den Schneefeldern über ihnen blendete, und das Tosen des Wassers, das sich gischtend durch felsiges Gefälle den Flüssen auf den Ebenen von Darshiva und Gandahar entgegenstürzte, rauschte unentwegt in ihren Ohren. Dieses Brausen der Wildbäche, die sich viele Meilen entfernt mit dem mächtigen Magan vereinen würden, wurde vom sanften, fast schwermütigen Seufzen des Windes begleitet, der durch die Tannen und Fichten und Kiefern der tiefgrün bewaldeten Berghänge strich; Berge, die sich voller Sehnsucht dem Himmel entgegenreckten. Der Karawanenweg, dem Garion und seine Freunde folgten, führte in immer größere Höhen, schlängelte sich an Bächen entlang und wand sich zu felsigen Graten empor. Von einem Kamm aus konnten sie den nächsten sehen und hoch über allem erstreckten sich als Rückgrat des Kontinents Gipfel, die schier den Himmel streiften, unberührte Gipfel von makelloser Reinheit in ihrem Gewand aus ewigem Firn. Garion war mit Gebirgen vertraut, doch so gewaltige Gipfel hatte er noch nie zuvor gesehen. Er wußte, daß sie viele Meilen entfernt waren, doch in der klaren Bergluft schienen sie zum Greifen nahe zu sein.
    Unendlicher Friede herrschte hier, ein Friede, der alle Unruhe und Ängste vertrieb, die sie auf den Ebenen gequält hatten, ja sie sogar Sorgen vergessen ließ. Jede Kurve des Weges, jeder Kamm bescherte ihnen neue Aussicht, und eine war atemberaubender als die andere, bis sie schließlich in ehrfürchtigem Schweigen dahinritten. Menschenwerk schrumpfte hier zur Bedeutungslosigkeit. Der Mensch würde nie, konnte nie diese ewigen Berge berühren.
    Es war Sommer, und die Tage waren länger und sonnig. Vögel sangen auf den Bäumen neben dem
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