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Make it count - Gefühlsgewitter (German Edition)

Make it count - Gefühlsgewitter (German Edition)

Titel: Make it count - Gefühlsgewitter (German Edition)
Autoren: Ally Taylor
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verbanne ich die Erinnerungen wieder ganz tief in meinem Inneren und die Leere legt sich wieder schützend auf mein Gesicht.
    Ich öffne die Augen und mustere das riesige weiße Haus, in dem ich von nun an leben werde, das aber niemals mein Zuhause sein wird. Mein Blick fällt auf den Pickup. Kein Wunder, dass das mit meinen Eltern auseinander gegangen ist. Er ist das Einzige, das hier nicht ins Bild passt. Und ich natürlich.
    Ich betrachte die MacDougall-Residenz. Hinter diesen weißen Mauern sitzt das letzte bisschen Familie, das ich habe. Zumindest wenn das Blut entscheidet. Meine echte Familie musste ich hinter mir lassen, weil wir nicht verwandt sind. Mary, Nathan und Michelle sitzen gerade in Wilmington, North Carolina, und mein Herz zieht sich allein beim Gedanken an ihre Gesichter schmerzhaft zusammen. Familie . Was für ein leeres Wort. In meinem Fall besteht sie aus der Asche meines Vaters und einer Rabenmutter, die ich seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen habe. Das Leben wird dir Steine in den Weg legen, Katie, aber du wirst einen Weg finden. Deinen. Okay, Dad. Okay. Ich muss die Realität nicht mögen. Weder die Frau, die mich geworfen, aber dann nicht gewollt hat, noch den Stiefvater. Und auch nicht die vielen fremden Geschwister. Ich werde mein altes Leben verlassen und alles wird anders sein. Aber es gibt kein Zurück. Es gibt nur das Hier. Und das Hier ist weiß und herrschaftlich und widert mich an.

2. Kapitel 
    Ich stehe verloren auf den Steinstufen, die zu einer schweren roten Haustür führen. Ich spüre den Pickup im Rücken, wie ein Zuhause, das es nicht mehr gibt, als plötzlich die Tür aufgeht und Mrs. MacDougall vor mir steht. Ich sehe ihr so ähnlich, dass es mir augenblicklich die Kehle zuschnürt. In ihrem erstarrten Gesicht erkenne ich, dass sie dasselbe denkt. Ich bin so eindeutig ihre Tochter, dass es wehtut. Wir wollten wohl beide leugnen, dass es zwischen uns eine Verbindung gibt, doch wenn ich sie ansehe, sehe ich meine Zukunft. Eine ältere Version von mir. Bei diesem Gedanken verkrampfen sich meine Eingeweide und ein beißender säuerlicher Geschmack klettert meine Brust hinauf.
    „Katie.“
    „Kate“, antworte ich kalt.
    „Kate“, wiederholt sie mit einem zaghaften Lächeln auf den dünnen Lippen. Sie tritt zur Seite und deutet ins Innere der Festung. „Bitte, komm doch rein.“
    Der Eingangsbereich erinnert mich spontan an Scarlett O’Haras Haus in Vom Winde verweht . Die Stufen scheinen kein Ende zu nehmen. Alles ist cremefarben, bis auf die Fußböden. Dunkles Holz in langen Bahnen, wie auf einem Schoner. Kerzen und unzählige Sitzgelegenheiten, auf denen dem Anschein nach noch nie jemand gesessen hat, Sideboards vollgestellt mit silbernen Bilderrahmen, gefüllt mit glücklichen Gesichtern. Ich fühle mich wie in einer Zeitschrift mit dem Leitthema ‚Stilvoll leben in den Hamptons’.
    „Brian und die Kinder sind leider erst übermorgen zurück. Ich hatte wirklich gehofft, sie wären schon da, wenn du kommst.“ Das glaube ich sofort, so verloren wie sie mich ansieht. „Möchtest du, dass ich dir dein Zimmer zeige?“ Ich nicke, sage aber nichts. „Gib mir doch dein Gepäck...“ Sie streckt mir die Hand entgegen und ich ziehe die Tasche näher an mich heran, so als wäre wirklich mein Leben darin verstaut und sie versucht es mir zu nehmen. Ein Leben, das es nicht mehr gibt.
    Der eiskalte Schauer streitet mit dem Schweiß um die Vorherrschaft auf meiner Haut. Ich spüre, wie sich jedes noch so winzige Härchen auf meinem Körper langsam aufrichtet, als würde es fliehen wollen. Mein Herz klopft mir bis in den Kopf. Meine Schlagader schwillt immer schneller an und fällt wieder in sich zusammen. Ich spüre mich überall. Jeden Millimeter meiner Haut. Die Nervosität, die Beklemmung, meinen engen Brustkorb. So als würde ich in diesem Augenblick, in dieser gigantischen Eingangshalle, erst begreifen, dass Gordon Williams fort ist. Die Erkenntnis legt ihre kalten Hände um meinen Hals und drückt langsam zu. Er hat mich zurückgelassen. Für immer. Die Dunkelheit in meinem Inneren breitet sich aus und erreicht mein panisch schlagendes Herz. Er ist tot . Seine Stimme, dieser Geruch, das Zuhause. Der einzige Mensch, der wichtig war. Der einzige Mensch, der mich verstanden hat. Der einzige, den ich geliebt habe. Der Kloß drängt sich in meinen Hals. Er breitet sich aus, bis er an seine Grenzen stößt. In meinen Augen schwimmt die Gewissheit, dass ich nie wieder
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