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Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Titel: Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht
Autoren: Georges Simenon
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aufgegeben und sich in der Rue du Chemin-Vert ein Café-Restaurant gekauft.«
    »Warum ›auf Drängen seiner Frau‹?«
    »Weil sie Kellnerin in einem Restaurant am Faubourg Saint-Antoine war, als Meurant sie vor acht Jahren kennengelernt hat. Er hat dort regelmäßig gegessen, und so hat er ihre Bekanntschaft gemacht. Er hat sie geheiratet und, wie sie sagt, darauf bestanden, dass sie aufhört zu arbeiten. Auch Meurant gibt das zu. Ginette Meurant hatte trotz allem den Ehrgeiz, eines Tages die Wirtin eines Café-Restaurants zu sein, und als sich eine Gelegenheit dazu bot, hat sie ihren Mann gedrängt …«
    »Lief das Geschäft nicht gut?«
    »Nein. Schon in den ersten Monaten musste Meurant sich an seine Tante wenden und sich Geld von ihr leihen.«
    »Und hat sie ihm etwas geliehen?«
    »Mehrmals. Nach Angabe des Neffen befand sich in der chinesischen Vase nicht nur das Säckchen mit den Goldmünzen, sondern auch eine abgenutzte Brieftasche mit Geldscheinen. Aus dieser Brieftasche hat sie das Geld für ihn genommen. Sie hat diese Vase deshalb spaßeshalber ihren chinesischen Tresor genannt.«
    »Haben Sie den Bruder des Angeklagten, Alfred Meurant, ausfindig gemacht?«
    »Zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich wusste nur aus unseren Akten, dass er kein geregeltes Leben führt und dass er zweimal wegen Kuppelei verurteilt worden ist.«
    »Haben die Zeugen ausgesagt, den Angeklagten am Nachmittag des Verbrechens nach fünf Uhr in seiner Werkstatt gesehen zu haben?«
    »Damals noch nicht.«
    »Stimmt seine Aussage, dass er an diesem Tag mit einem blauen Anzug und einem braunen Regenmantel bekleidet war?«
    »Nein. Er hatte seinen grauen Alltagsanzug und einen hellbeigen Gabardinemantel an, den er meistens auf dem Weg zur Arbeit trug.«
    »Wenn ich Sie richtig verstehe, konnten Sie ihm nichts nachweisen, was eine Verhaftung gerechtfertigt hätte?«
    »So ist es.«
    »Können Sie uns sagen, worauf sich Ihre Ermittlungen in den Tagen nach dem Verbrechen erstreckt haben?«
    »Zunächst auf die Vergangenheit der ermordeten Léontine Faverges und auf die Männer, die sie gekannt hatte. Wir haben uns auch mit der Mutter des Kindes, Juliette Perrin, befasst und uns deren Umfeld genauer vorgenommen. Möglicherweise wusste sie von dem Inhalt der chinesischen Vase und hat vielleicht Freunden gegenüber etwas davon erzählt.«
    »Haben die Nachforschungen etwas ergeben?«
    »Nein. Wir haben auch alle Bewohner der Straße vernommen, alle, die den Mörder hätten vorbeigehen sehen können.«
    »Das hat auch nichts ergeben?«
    »Nein, nichts.«
    »Also traten Sie bei Ihrer Ermittlung am Morgen des sechsten März noch immer auf der Stelle.«
    »So ist es.«
    »Was genau hat sich an diesem Morgen ereignet?«
    »Ich habe im Büro gegen zehn einen Anruf bekommen.«
    »Wer war am Telefon?«
    »Ich weiß es nicht. Der Betreffende wollte seinen Namen nicht nennen, und ich habe Inspektor Janvier, der in meiner Nähe war, ein Zeichen gegeben, damit er versucht herauszufinden, woher der Anruf kam.«
    »Hat er es herausgefunden?«
    »Nein. Das Gespräch war zu kurz. Ich habe nur das typische Klickgeräusch gehört, wie man es von öffentlichen Telefonzellen kennt.«
    »War ein Mann oder eine Frau am Apparat?«
    »Ein Mann. Ich könnte fast schwören, dass er durch ein Taschentuch gesprochen hat, um seine Stimme zu dämpfen.«
    »Was hat er Ihnen gesagt?«
    »Der genaue Wortlaut war: ›Wenn Sie den Mörder aus der Rue Manuel finden wollen, dann lassen Sie sich von Meurant seinen blauen Anzug zeigen. Sie werden sehen, dass darauf Blutflecken sind.‹«
    »Was haben Sie daraufhin unternommen?«
    »Ich bin zum Untersuchungsrichter gegangen, der mir einen Hausdurchsuchungsbefehl ausgestellt hat. Um zehn nach elf war ich mit Inspektor Janvier am Boulevard de Charonne und habe im dritten Stück an der Wohnungstür der Meurants geklingelt. Madame Meurant hat uns geöffnet. Sie war im Morgenrock und in Pantoffeln. Sie hat gesagt, dass ihr Mann in seiner Werkstatt ist, und ich habe sie gefragt, ob er einen blauen Anzug besitzt.
    ›Ja, sicher‹, hat sie geantwortet. ›Das ist sein Sonntagsanzug.‹
    Ich habe sie gebeten, ihn mir ansehen zu dürfen. Die Wohnung ist gemütlich, nett und freundlich eingerichtet, aber um diese Uhrzeit war sie noch nicht aufgeräumt.
    ›Warum wollen Sie diesen Anzug sehen?‹
    ›Nur eine Routineüberprüfung …‹
    Ich bin ihr ins Schlafzimmer gefolgt, wo sie einen marineblauen Anzug aus dem Schrank geholt hat. Ich habe
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