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Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Titel: Maigret - 18 - Maigret in Nöten
Autoren: Georges Simenon
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Alle Schiffer in den beiden Lokalen da unten arbeiten für mich. Ich habe schon achtzehn Kähne dazugekauft, Langboote, zwei Baggerschiffe …«
    Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, bis sie zuletzt nur noch die Augen Maigrets fixierten.
    »Ist es das, was Sie wissen wollten?«
    Und zur Tür gewandt:
    »Ruhe, da drüben!«, brüllte er die beiden Frauen an, die nicht sichtbar waren, deren Unterhaltung aber als leises Gemurmel herüberdrang.
    »Auf Ihr Wohl. Man wird Ihnen gesagt haben, dass ich eine Belohnung von zwanzigtausend Franc ausgesetzt habe, falls die Polizei meinen Angreifer überführt, und ich nehme an, dass man mir deshalb einen guten Mann geschickt hat. Was schauen Sie so?«
    »Nichts; den Kanal, die Schleuse, die Schiffe …«
    Eine ungeheure Betriebsamkeit herrschte in diesem leuchtend hellen Fensterausschnitt. Von oben gesehen erschienen die Schiffe massiver, wie eingesunken in zu schweres Wasser. Ein Matrose stand aufrecht in seinem Kahn und strich den grauen, zwei Meter übers Wasser aufragenden Rumpf mit Teer ein. Hunde trieben sich herum, in einem Gitterkäfig flatterten Hühner, und die blonde junge Frau polierte die Messingbeschläge auf Deck. Ein Kommen und Gehen von Leuten über den Schleusentoren, und die Schiffe, die stromabwärts ausfuhren, schienen einen Moment zu zögern, bevor sie sich von der Strömung der Seine erfassen ließen.
    »Kurz und gut, das alles gehört also sozusagen Ihnen?«
    »Alles nicht, das wäre übertrieben. Aber alle, die Sie sehen, sind ein wenig von mir abhängig, vor allem, seit ich die Kreidegruben oben in der Champagne aufgekauft habe.«
    Das Mobiliar in der Wohnung glich genau den Möbeln, wie sie in öffentlichen Auktionshäusern angekauft und jeweils am Samstag an die kleinen Leute verramscht werden, die einen Tisch aus zweiter Hand oder ein günstiges Waschbecken suchen. Aus der Küche begann es nach gedünsteten Zwiebeln zu riechen, und gleichzeitig hörte man das Brutzeln des Fetts in der Pfanne.
    »Eine Frage, wenn Sie erlauben. Im Bericht steht, dass Sie sich nicht erinnern können, was geschah, bevor man Sie wieder herausfischte.«
    Ducrau schnitt, vor sich hinstierend, die Spitze einer Zigarre ab.
    »Wann genau bricht Ihre Erinnerung ab? Können Sie mir zum Beispiel erzählen, was Sie vorgestern Abend gemacht haben?«
    »Meine Tochter und ihr Mann waren zum Abendessen hier. Ihr Mann ist Infanteriehauptmann in Versailles. Sie kommen jeden Mittwoch.«
    »Sie haben auch einen Sohn?«
    »Ja. Er macht eine Ausbildung als Konservator an der École des Chartes, aber wir sehen ihn selten hier zu Haus, denn ich habe ihm ein Zimmer im 5. Arrondissement besorgt.«
    »An diesem Abend haben Sie ihn also nicht gesehen?«
    Ducrau hatte es mit der Antwort nicht eilig. Er ließ kein Auge mehr von Maigret, und während er seine Zigarre in gemächlichen Zügen rauchte, erwog er lange jede Frage, die ihm gestellt wurde, und jedes Wort, das er zur Antwort gab.
    »Hören Sie mir zu, Kommissar. Ich will Ihnen etwas Wichtiges sagen und rate Ihnen, es sich zu merken, wenn Ihnen daran liegt, dass wir uns verstehen. Ein Mimile lässt sich nicht so leicht zum Narren halten! Mimile, das bin ich. Alle haben mich so genannt zur Zeit, als ich erst ein einziges Schiff hatte, und noch heute gibt es in der Haute-Marne Schleusenwärter, die mich nur unter diesem Namen kennen. Verstehen Sie mich? Ich bin ebenso wenig auf den Kopf gefallen wie Sie. Und in dieser Geschichte bin ich es, der bezahlt. Schließlich bin ich überfallen worden. Und ich bin es, der Sie kommen ließ.«
    Maigret verzog keine Miene, aber innerlich jubelte er: Zum ersten Mal seit langem hatte er jemanden vor sich, der es wirklich wert war, dass man ihn näher kennenlernte.
    »Trinken Sie. Nehmen Sie eine Zigarre. Stecken Sie doch gleich ein paar zum Mitnehmen ein. Ich bitte Sie! Machen Sie Ihre Arbeit, aber versuchen Sie nicht, mich reinzulegen! Als mich gestern die Staatsanwaltschaft besuchen kam, war auch ein Untersuchungsrichter dabei, ein kaltschnäuziger Kerl, der hier mit seinen cremefarbenen Handschuhen herumstolzierte, als fürchtete er, sich zu beschmutzen. Woraufhin ich ihn rundweg bat, er möge seinen Hut abnehmen und das Rauchen unterlassen, nur um ihm gleichzeitig meine Rauchwolken ins Gesicht zu blasen. Sehen Sie, was ich meine? Und nun bin ich ganz Ohr.«
    »Jetzt will ich Ihnen eine Frage stellen. Gedenken Sie, Ihre Klage aufrechtzuerhalten? Ja? Und liegt Ihnen wirklich daran, dass ich den
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