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Magnolia Steel – Hexennebel

Magnolia Steel – Hexennebel

Titel: Magnolia Steel – Hexennebel
Autoren: Sabine Städing
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stand.
    »Es lag am Sturm«, versuchte Konrad eine Erklärung. Doch Runa zog nur grimmig die Augenbrauen zusammen.
    »Schweig!«, befahl sie. »Und sei froh, dass ich euch nicht dem blanken Hans zum Fraß vorwerfe.«
    »Blanker Hans?«, stotterte Ronda.
    Verächtlich sah Runa sie an. »So nennt man eine Sturmflut, Mädchen! Was seid ihr bloß für erbärmliche Landratten.«
    »Ist sie nicht süß?«, flüsterte Jörna.
    Magnolia mochte das Hallighaus nicht. Es war dunkel, feucht und roch nach Fisch und getrocknetem Seetang. An den Wänden hingen knöcherne Haifischkiefer, und die winzigen Fenster ließen auch bei Sonnenschein kaum einen Lichtstrahl herein. Magnolia fühlte sich wie lebendig begraben. Sie folgte den anderen in das Schulzimmer im hinteren Teil des Hauses. Das Mobiliar musste Runa aus einem Museum gestohlen haben, so mittelalterlich, wie die dunkelbraunen Pulte wirkten, an denen sie während des Unterrichts sitzen mussten. Genauso vorsintflutlich war Runas Unterrichtsstil. Obwohl es in Hexenkreisen unüblich war, bestand sie darauf, in den Unterrichtsstunden mit Sie und Frau Rickmoor angesprochen zu werden. Sie stand reglos vor der Klasse, hielt endlose Monologe und ließ die Schüler besonders wichtige Formeln im Chor wiederholen. Es war sterbenslangweilig. Trotzdem musste man sich davor hüten, einfach wegzudämmern oder auch nur für einen winzigen Moment aus dem Fenster zu schauen. Für solche Fälle hatte Runa einen dünnen, langen Rohrstock. Sie hielt ihn wie ein Florett in der Hand und zögerte keine Sekunde, ihn auch zu benutzen. Es war ein ekelhaftes Geräusch, wenn er durch die Luft pfiff. Mit Glück erwischte er nur das Pult, mit Pech traf er eine Schulter oder einen Arm.
    Heute Nachmittag war es noch dunkler als gewöhnlich. Der Wind trieb schwere Wolken über das Meer und drückte die auflaufende Flut bis an den Warfthügel heran. Magnolia hatte immer ein mulmiges Gefühl, wenn das Wasser stieg, obwohl sie wusste, dass sie in Runas Hütte nichts zu befürchten hatte. Heute übten sie sich im Gedankenlesen. Und diese Fähigkeit war wirklich mal nützlich! Außerdem lernten sie, die eigenen Gedanken gegen fremde Lauschangriffe zu blockieren. Und, was genauso wichtig war, eine solche Blockade zu erkennen. Denn nicht allen Wesen sah man an, ob sie über die Gabe des Gedankenlesens verfügten.
    Runa klatschte in die Hände. »Bildet Paare und setzt euch mit den Rücken zueinander«, verlangte sie. »Einer von euch ist der Denker, derandere ist der Lauscher. Ziel ist es, die anderen Gedanken zu belauschen, während man die eigenen Gedanken blockiert. Wer es sich zutraut, kann versuchen, die Blockade des anderen zu durchbrechen. Fangt an!«
    Natürlich bildeten Magnolia und Jörna ein Paar. »Ich bin der Denker«, sagte Jörna.
    »Meinetwegen, fang an!«, sagte Magnolia und konzentrierte sich auf Jörna hinter ihrem Rücken. Zuerst nahm Magnolia ein Knistern wahr, dann hörte sie ein Rauschen. Fast so, als würde man im Radio einen Sender suchen. Langsam schälten sich Jörnas Gedanken heraus. Magnolia konnte sie nur undeutlich hören.
    »Hass was Neander stört.« HÄ ?? Jörna lächelte sie an.
    »Denk noch mal, aber einen richtigen Satz!«, verlangte Magnolia.
    Und Jörna dachte. »Hass was Neander stört?«
    Magnolia sah sie ratlos an.
    »Und, was habe ich gedacht?«
    »Hass was Neander stört?«, fragte Magnolia vorsichtig. Jörna brach in schallendes Gelächter aus, und Magnolia sah sie böse an.
    »Quatsch!«, sagte Jörna. »Ich habe gedacht: Hast du was von Leander gehört?«
    »Psst!« Magnolia wurde rot. »Das muss ja nicht gleich jeder mitkriegen, oder? Es klang jedenfalls ziemlich genuschelt.«
    »Dann solltest du noch etwas üben«, schlug Runa vor, die gerade bei ihnen vorbeikam. »Beim Zahnarzt, an der Käsetheke im Supermarkt oder einfach nur auf dem Schulhof. Es gibt tausend Gelegenheiten.«
    Magnolia sah Jörna an und verdrehte die Augen. Runa hatte natürlich mitgehört. Die Watthexe klatschte erneut in die Hände. »Partnerwechsel!«
    Zack! Magnolia hatte noch nicht einmal den Kopf gedreht, da saß auch schon Nemo von Zingst hinter ihr. Sie konnte ihn riechen. Er tat so, als würde er sich umsehen, und sagte dann erstaunt: »Oh, es sieht aus, als müssten wir zwei zusammen   …«
    Magnolia seufzte. »Ja, sieht so aus, fang an!«
    Sie saßen mit den Rücken zueinander, und Magnolia konzentrierte sich auf Nemos Gedanken. Zuerst setzte wieder das bekannte Rauschen und Knistern
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