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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery
Autoren: Sven Regener
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einfach machen, was wir wollen!«
    »Einer der da arbeitet? Einer der da arbeitet?« Werner kam nun doch etwas in Fahrt. »Ich hab Clean Cut erfunden, oder wer sonst etwa?« Er schaute grimmig in die Runde. »Oder wer sonst? Und mein Haus ist das hier auch! Ha, der da arbeitet!«
    »Und bei wem hast du Supervision?« Klaus-Dieter stellte die Frage, aber er sah nicht aus, als ob es ihn interessierte. Er wollte nur mit Werner geredet haben, Werner war sein Stadtpark und sein Ballermann 6, ein Tag, an dem Werner mit ihm geredet hatte, war ein guter Tag für Klaus-Dieter.
    »Das geht dich gar nichts an, du bist ja sowieso nicht dabei, wäre ja auch noch schöner.«
    »Wer kommt denn, wenn du weg bist? Wer betreut uns denn dann?«, fragte Astrid.
    »Gudrun.«
    Ein Stöhnen ging durch die Runde. Das war geheuchelt, wir stöhnten nur, um Werner eine Freude zu machen. Gudrun war seine Ex-Frau und sie hing in Clean Cut mit drin und die Häuser, die Werner an Clean Cut, also quasi an sich selbst, vermietet hatte, gehörten ihr auch zur Hälfte, da war es nur recht und billig, wenn er wenigstens bei uns der Einzige war.
    »Ach du Scheiße, Gudrun«, sagte ich und konnte sehen, wie Werner aufblühte. »Drei Wochen! Wie soll das denn gehen?«
    »Sie muss die 2 und die 1 gleichzeitig machen, geht ja nicht anders«, sagte Werner heiter. »Tut mir auch leid für euch, aber es geht nicht anders, den Urlaub muss ich nehmen, sonst verfällt der, das ist kurz vor knapp. Und was getan werden muss, muss getan werden, da beißt die Maus keinen Faden ab.«
    »Ja«, sagte Klaus-Dieter, »und wenn die Maus satt ist, schmeckt das Korn bitter.«
    »Da sagst du was«, sagte Werner. Und Klaus-Dieter strahlte.

3. Wurmloch
    Als ich einige Tage danach morgens aufstand, war alles vergessen und alles wie immer, ein ganz normaler Morgen, es war noch halb dunkel und wie immer saß Henning schon in der Küche und wartete darauf, endlich arbeiten zu dürfen, die Sadisten vom Amt wollten ihn nicht vor acht Uhr mit der Arbeit anfangen lassen, das war hart, das nagte an ihm, und so saß er um zehn nach sechs schon in der Küche und scharrte mit den Füßen, seine beste Zeit am Tag musste er auf diese Weise vertrödeln, der arme alte Schluckspecht. Wenigstens hatte er das Gebiss schon drin und konnte antworten, als ich »Guten Morgen« sagte, ansonsten hatten wir uns nicht viel zu sagen, er war morgens immer neidisch, weil ich schon los musste, da redete er nicht gern mit mir, und wenn man, wie er, vom Amt den Job bekommen hatte, an jedem Tag, den der Herrgott werden ließ, den Strand von Övelgönne durchzuharken, dann hatte man genug Zeit, mit sich selbst zu sprechen, dann brauchte man morgens keinen Halb- oder Ex-Irren, der gerade die Pillen abgesetzt hatte, um sich Ansprache zu holen.
    Ich machte mir also schweigend einen Nescafé und setzte mich zu ihm an den großen Tisch. Die Küche war das Beste an Clean Cut 1 und das Beste an der Küche war der Tisch, groß und alt und aus verwitterten Eichendielen war er und er verströmte im Licht der funzligen Lampe, die über ihm hing, ein Gefühl von Geborgenheit und zugleich Abenteuer, wie ein flämisches Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, der alte, verwitterte Tisch, ein staubiger Lichtschleier darüber, ringsherum alles dunkel oder halbdunkel und im Lichte und am Tisch sitzend Henning, der runzlige, vom Baum des Alkoholismus geschüttelte Apfel, Werners ältester und liebster Kunde. Das war das Beste am frühen Aufstehen: dieses Bild im morgendlichen Dunkel.
    Und dann klingelte das Telefon.
    Clean Cut 1 war in einem Haus mit mehreren Etagen untergebracht, was jetzt gewaltiger klingt, als es war, es war Altona und nicht Berlin, Häuser in Altona sind eher klein und schmal, bei diesem gab es zwar drei Stockwerke, aber pro Stockwerk nur zwei Zimmer, und ganz oben war die Wohnung von Werner, der hatte sein eigenes Telefon, der Apparat für alle war im Flur des ersten Stocks, und als der nun klingelte, rannte ich vom Souterrain, wo die Küche war, nach oben und hob schnell ab, Henning war kein Konkurrent bei solchen Sachen, der lief nicht zum Telefon, für den war Telefonklingeln ein Problem anderer Leute, der Nächste, der bei Henning anrufen würde, war Gevatter Hein, und dem schlug er schon seit vielen Jahren durch Abstinenz ein Schnippchen.
    Ich rannte also ans Telefon, es klingelte für mich, das wusste ich, ich glaube immer am Klingeln zu hören, dass es für mich ist, was natürlich esoterischer Quatschkram
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