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Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 01 - Saturn im Morgenlicht
Autoren: V.A.
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Tiefschlafarmee; allerdings war der Krieg, den wir damals zu führen hatten, auch der härteste.
    Drei blutige Jahre hatten die Streitkräfte der westlichen Hemisphäre das gesamte Afro-Asien bekämpft. Damals erhielt ich auch meinen dritten Streifen und eine eigene Gruppe. Fünfundsiebzig Jahre davor hatte ich gegen Brazuritina gekämpft, den Vierländerblock der nördlichsten Spitze Südamerikas. Und davor waren die Intervalle sogar noch kürzer gewesen, fünfzehn Jahre, sieben, zwanzig und zehn.
    Also mußte sich da draußen unter den Zivilisten etwas geändert haben, oder sie hatten eine andere Methode gefunden, Kriege zu führen. Bei dieser ersten Musterung nach 300 Jahren, an einem so freundlichen, sonnigen Tag, wäre es schön gewesen zu erfahren, was inzwischen geschehen war. Aber warum sollte sich ein Soldat darüber Gedanken machen? Krieg ist Krieg. Man stirbt von jedermanns Waffe gleich, und ein Krieg gleicht dem anderen.
    Ich nehme an, daß diese typisch soldatische Einstellung der Grund dafür war, daß sie begannen, uns zwischen den Kriegen im verborgenen zu lagern. Im Frieden geben Soldaten lausige Bürger ab. Und ein Soldat, der im Frieden zu einem guten Bürger wird, ist wahrscheinlich im Krieg nichts wert. Deshalb wurde das Tiefschlafsystem vervollkommnet, und wir warteten freiwillig in unseren Kammern aus Stahl und Plastik auf den nächsten Krieg. Name und Dienstnummer eines jeden standen auf der Kammertür, und so harrten wir darauf, daß die Marschmusik wieder zu spielen begann.
    Meine Gruppe formierte sich blitzschnell und nahm in einer geraden Linie Haltung an. Ich ging an ihr entlang und nahm hier und da eine flüchtige Inspektion vor.
    »Guten Morgen, Sergeant«, sagte Filippi, der zur Raketen und Werferbedienung gehörte. »Haben Sie Ihren Schönheitsschlaf genossen?«
    »Danke, Kanonier Filippi«, entgegnete ich. »Seitdem ich Ihr Schnarchen nicht mehr zu hören brauche, schlafe ich ausgezeichnet.«
    »Hallo, Sergeant«, sagte Orozco. Er war der Flammenwerfer, ein Junge mexikanischer Abstammung mit großflächigem Gesicht, ruhig und scheu, aber sehr zuverlässig.
    »Hallo, Orozco«, entgegnete ich. »Wie geht's deiner Feuerspritze?«
    »He, Kamerad«, sagte Korporal Ryan vom Sprengkommando. »Was ist mit der Musik los?«
    Komisch, daß ich, bevor Ryan mich darauf aufmerksam machte, die Musik gar nicht bewußt gehört hatte. Denn anstelle der gewohnten Märsche und Kriegslieder, die uns sonst weckten, ertönten Violinklänge und gedämpfte Blasmusik, wie bei einem Kammerkonzert.
    »Ich weiß nicht, Ryan«, sagte ich. »Ich weiß überhaupt nichts. Das ist diesmal ein komischer Appell!«
    »Was sollte sonst noch sein?« fragte Yamamoto, unser Spezialist für Fahrzeuge und Technik.
    »Ich weiß nicht, gegen wen wir kämpfen sollen«, sagte ich. »Alles, was ich weiß, ist die Jahreszahl.«
    Erwartungsvoll blickten sie mich an. Ich schritt den Rest der Gruppe ab, vorbei an Johnson, dem anderen Scharfschützen, an den beiden Neuen und an Charles LaBonte, einem schmalgesichtigen, schwarzhaarigen Mann, der älter als die meisten anderen war – er war beim Stab gewesen.
    »Wir haben das Jahr 2516«, sagte ich schließlich. »Ihr Burschen habt ein nettes, kleines, 300 Jahre dauerndes Schläfchen hinter euch.«
    Meine Worte erzielten die von mir erwartete Wirkung. Wie auf Kommando schnappten sie nach Luft. Dann schwirrten Fragen umher, alle schwatzten aufgeregt durcheinander, bis ich sie zum Schweigen brachte. Um uns herum formierten sich andere Gruppen und Züge, Kompanien und Bataillone, und endlich war die gesamte Armee als eine Einheit versammelt. Staubwolken wirbelten in der Morgensonne, Befehle donnerten, und in den Reihen kratzten, rülpsten und drängelten sich die Männer. Der Leutnant kam herüber.
    »Etwas Neues, Herr Leutnant?« fragte ich.
    »Nichts, Sergeant«, antwortete er. »Ist Ihre Gruppe in Ordnung?«
    »Jawohl, Herr Leutnant, alle Mann vollzählig angetreten und marschbereit. Niemand scheint sich gestern nacht in die Stadt geschlichen zu haben.«
    Beide lachten wir über den alten Witz von dem Soldaten, der nach der Tiefschlafkontrolle davonschlich und am nächsten Morgen als ein tattriger alter Mann zurückkehrte. Diesmal wäre er ein verdammt alter Knabe gewesen, nach 300 Jahren.
    Der Leutnant inspizierte meine Gruppe und schickte uns dann zum Frühstück in die Kantine. Ich ließ die Soldaten noch einmal Haltung annehmen, und dann setzten wir uns in Bewegung.
    Die Köche
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