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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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experimentiert und kann Ihnen so ein Modell zur Verfügung stellen, das sich durch ästhetische Formgebung, gute Manieren und handliche Gestalt auszeichnet. Was die Futterfrage angeht, so sind wir aus den barbarischen Zeiten, von denen Sie reden, natürlich hinaus. Meine Drachen fressen nur Gehacktes, stellen allerdings hohe Ansprüche an die Frische und Qualität ihrer Nahrung. Außerdem verfügen sie über die Fähigkeit des Gestaltwechsels (Modell Chamäleon) und können ihre Größe reduzieren, bis sie bequem in jede Kollegtasche passen.«
    »Was Sie nicht sagen!« rief der andere. »Wie groß wäre mein Modell denn im Normalzustand?«
    »Armlang etwa«, entgegnete Darenna stolz.
    »Und verkleinert?«
    Der Magier, enthusiastisch beschwingt von der Darstellung seiner gelungenen Züchtung, krähte: »So klein!« Und plötzlich krabbelte statt seiner ein Feuersalamander über den Boden.
    Klingers Augen glänzten. »Ach, das hübsche Tierchen, dergleichen sollte man festhalten!« rief er und wollte schnell zupacken, um die Echse zu fangen, aber Darenna war schneller. Er stand schon wieder in seiner eigentlichen Gestalt da und schnarrte höhnisch: »Ei, Herr Elb, sieht so Ihr Versprechen aus, sich mir in allen Dingen zu unterwerfen? Ein feines Beispiel für Treue und Zuverlässigkeit wollten Sie eben liefern!«
    »Sie haben recht«, entgegnete Klinger beschämt, »aber die Versuchung war allzu groß. Seien Sie gnädig, Exzellenz, verschweigen Sie meinen Fehltritt vor Leontine.«
    »Das wäre ohnehin noch zu klären«, bemerkte der Magier kühl. »Eine Voraussetzung für diese ganze Sache ist, daß das Mädchen nichts von dem erfährt, was wir abgemacht haben, ja daß sie selbst im ungewissen darüber bleibt, ob Sie mich jemals aufgesucht haben. Frauen sind mitleidige Wesen, so eine Prüfung wäre null und nichtig. Aber nach diesem Vorfall halte ich es doch für besser, wenn wir unsere Abmachung schriftlich fixieren. Auch müßten Sie für das kostbare Drachenweibchen einen Versorgungsvertrag unterzeichnen, damit ich sichergehe, dem Tier stößt bei Ihnen nichts zu.«
    Er drückte einen der Knöpfe. Aus dem Boden kam lautlos eine zierliche Schreibmaschine, der Darenna die Vertragspunkte in die Tasten diktierte, während Klinger unruhig im Raum auf und ab ging.
    »Noch etwas«, sagte der Magier nach der Unterzeichnung. »Es ist mir nicht gelungen, diesen Wesen ihre angeborene Neigung zu Geld und Gold ganz abzuzüchten. Wenn Sie Ihrem Tierchen also etwas Gutes tun wollen, verwöhnen Sie es in dieser Hinsicht. Es fällt Ihnen ja wohl nicht schwer; wie man hört, sind Sie mit Gütern dieser Art reichlich gesegnet.« Er kicherte: »Soweit die Vorbedingungen.«
    »Vorbedingungen?«
    »Nun ja, Teuerster. Das Ende Ihrer Prüfungszeit wird Ihnen dann Leontine selbst nennen und auch das, was sie von Ihnen verlangen wird. Das wird das Wichtigste sein. Ich kenne es selbst nicht.«
    »Aber«, sagte der andere entsetzt, »so schwebe ich ja völlig im ungewissen!«
    »Im allgemeinen ergeht es niemandem mit Ihnen besser«, krächzte Darenna schadenfroh und erhob sich, nun wieder als alter Mann in der Strickjacke. »Ich darf Sie zur Tür bringen, Verehrter. Ihre Hüterin wird Sie bereits zu Haus erwarten.«
    Schweigend gingen die beiden durch den Garten. Als sie an der silbrigen Kugel des Observatoriums vorbeikamen, überfiel den Elben die Spottlust, und er sagte lachend: »Sehen Sie sich nur vor, Exzellenz, daß Sie nicht einmal eine alte Straßenlaterne als einen neuen Stern anvisieren! Was für Brillen und Rohre Euresgleichen benötigt! Ich schaue die Tänze der Planeten an mit diesen meinen Augen, und wahrlich, ich sehe mehr als Ihr.«
    »Vielleicht kommen Sie eines Tages hierher zurück und reden anders«, quäkte Darenna.
    Klinger trug jetzt wieder den dunklen Mantel und den Kranz. »Auf den Tag magst du warten, Feuersalamander«, sprach er hochmütig, »der Tar-Ciryatan wieder auf diesen Teil der Hügel und in deine Gewalt bringt. Allzuviel erdulde ich um Liebe. Lebe wohl.«
    Er verschwand, wie er gekommen war, in den Rhododendren. Der alte Mann starrte ihm nach in die Finsternis. Über dem Tal erstrahlte in weißem Lichte Venus am Himmel.

Regenmacher
    Seine Exzellenz kümmerte sich noch ein bißchen um die glosenden Reste des Feuers, lehnte den Rechen an die Mauer, knöpfte die Strickjacke fest über dem Bäuchlein zu und begab sich dann ins Innere der silbernen Kugel, um, wie jeden Abend, die Konstellation der Sterne zu
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