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Märchen von den Hügeln

Titel: Märchen von den Hügeln
Autoren: Waltraut Lewin & Miriam Magraf
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alterslos und in ewigem Frieden leben können. Einige jedoch liebten den Strom und die Hügel über alles und blieben.
    Jedoch gewisse Züge ihres Wesens, über die früher die Bewohner der Gegend lächelnd hinweggingen wie über die dummen Seiten, die nun einmal jeder Mitbürger hat, ließen nun die Menschen mit Mißtrauen auf sie blicken. Sie waren so wenige und wurden deshalb besonders beachtet und beurteilt. Man nannte das Schöne Volk nun unberechenbar, leichtsinnig, wankelmütig und zu Schabernack und Spott geneigt. Wohl konnte es Vorkommen, daß ein Elb einen Sterblichen besuchen wollte, und der schloß bei dessen Nahen die Tür. Mit der Zeit sah man sie wahrhaftig an wie seltsame Tiere, die längst ausgestorben sein sollten.
    Viele gingen noch fort, die aber blieben, nahmen menschliche Gestalt an und unterschieden sich nun äußerlich nicht mehr von den Sterblichen, obwohl sie in Wahrheit unsterblich waren und mit anderen Mächten ausgestattet als die Menschen. Da Elben aber, wie uns Meister Tolkien lehrt, von Natur sehr vergeßlich sind, so konnte es wohl geschehen, daß manche über einen ganzen mehr oder weniger sorglos verbrachten Zeitraum hinweg gar nicht mehr wußten, daß sie zum Schönen Volk gehörten, oder sie wußten es nur halb und wie in Träumen.
    Als auf jener Seite der Hügel, die an den großen Wald angrenzt, gar keine Erstgeschaffenen mehr wohnten, kam ein Großmeister der Magie und Hoher Lehrer des Menschengeschlechts in jene Gegend, dessen Kunst noch von den Urquellen stammte und der sich ständig in ihr vervollkommnet hatte. Ihm gefiel das Land, wie es einst den Elben gefallen hatte, und er ließ sich ebenfalls über dem Strom nieder. Darenna oder Exzellenz Darenna, wie er sich gern von den Menschen nennen ließ, war ein vertrauter Geist des Feuers und deshalb Meister in allen Künsten des Feuers, wie schmieden, schmelzen, Ton brennen, destillieren und dergleichen mehr. Er lehrte die Menschen, auf die Stoffe einzuwirken, sie zu verwandeln, zu formen und sich dienstbar zu machen, und so verhalf er ihnen zu Reichtum, Macht und Ansehen, und sie ehrten ihn hoch.
    Alsbald erklärte er das Hügelland bis zum Grund, der es teilte, zu seinem Eigen und verfuhr hier hinfort nach seinem Gefallen. Wo das erhabene Land plan war und nach dem Wald zuging, ließ er schöne Alleen ziehen, und die Menschen bauten sich prunkvolle Häuser, umgeben von gepflegten Gärten, ihre Wohlhabenheit sowohl zu genießen wie vorzuzeigen. Darenna selbst aber gehörte das prächtigste Haus in dem größten aller Gärten; am Rande des zum Strom abfallenden Hügels stand es und spiegelte sein grünfunkelndes Dach im Angesicht des Wassers. Er selbst aber schloß sich in seinen Laboratorien ein und ersann immer neue Dinge, die dem Geist der Sterblichen unerreichbar waren, und beschenkte sie von Zeit zu Zeit mit einem seiner hilfreichen Wunder. Indes man sich seines Angesichts kaum mehr erinnerte, wurde sein Name zur ehrfürchtigen Sage, bis sich diese Verehrung fast in Haß verwandelte wegen eines Dinges, von dem später zu reden sein wird und als dessen verbrecherischen Urheber ihn das Gerücht bezeichnete.
    Es lebte aber auf der anderen Seite des Grundes zwischen den Bergtreppen und den weinumrankten Fachwerkhäuschen ein Elb, der hatte weder Herkunft noch Wissen vergessen, denn er war einer der Fürsten und Großen seines Volkes gewesen und hatte es auch unter den Menschen zu hohem Ruhm gebracht, die ihm, dem Sangeskundigen, den Namen Klinger gegeben hatten. Elben sind nicht ehrgeizig und trachten nicht nach Herrschaft, aber den Klinger verdroß die Macht des Magiers, der ganz so tat, als habe er und nicht das Schöne Volk die Hügel bewohnbar gemacht, und so begann er, sich ihm entgegenzustellen - nicht, ihn zu bekriegen, das ist nicht Elbenart, aber doch, ihn zu necken, herauszufordern oder zu übertrumpfen, wann immer es ihm einfiel. Es konnte wohl geschehen, daß er, beschäftigt mit seinem menschlichen Leben, Dezennien lang den anderen vergaß (vergeßlich war er wie alle seines Volkes), dann aber erwachte sein Stolz, und halb scherzhaft, halb hoheitsvoll störte er die Berechnungen Darennas.
    Der Magier war dergleichen nicht gewohnt. Er schloß seine Kreise fester, argwöhnisch bedacht darauf, in diesem für menschliche Empfindung endlosen Kräftemessen nicht zu verlieren -was immer das auch sei.

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