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Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )

Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )

Titel: Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )
Autoren: Benjamin Wagner
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gefährden.“
    Ich war eine von vielen Sorgen los, aber die größte blieb: Henning. In fast jeder Pause hielt ich auf dem Schulhof Ausschau nach ihm, doch ich sah ihn nicht mehr. Wo war er? Ich kannte ein paar seiner Freunde aus seiner Klasse vom Sehen, aber er war nie bei ihnen. Ich hoffte, er würde bald wiederkommen. Die Vorstellung, auch er wäre - aus was für Gründen auch immer - für immer verschwunden, bereitete mir Angstzustände.
       
     
    Die Englischarbeit verlief dann schon etwas besser und als ich am Freitag die Deutscharbeit hinter mir hatte, konnte ich zum ersten Mal meine neue Freiheit so richtig genießen, ohne dass es noch was gab, was mich bedrückte, außer Henning natürlich. Aber mit dieser Bedrückung hatte ich allmählich zu leben gelernt. Am Donnerstag hatte ich ihn zum ersten Mal nach unserer verwirrenden Begegnung im Park wiedergesehen, allerdings nur von fern und ohne mit ihm zu reden. Ich wusste noch nicht einmal, ob er mich überhaupt gesehen hatte.
       
     
    Das folgende Wochenende verbrachte ich wieder in Discos und Bars, immer mit einem gewissen Alkoholpegel. Lukas hatte regelmäßig das ein oder andere Mädel parat, das mich kennen lernen wollte. Ich quatschte dann vielleicht eine Viertelstunde mit ihr, bis sie von meiner Gleichgültigkeit die Schnauze voll hatte und enttäuscht abzog. Wäre doch Henning hier und würde mich anbaggern, ich würde auf alles eingehen, nur mit Tussis, egal welcher Art, konnte ich nichts anfangen. Genauso wenig konnte ich mir zu diesem Zeitpunkt einen anderen Jungen vorstellen, auch wenn mein Blick schon mal ab und zu an einem besonders attraktiven Exemplar hängen blieb. Doch diese Gedanken verdrängte ich in eben dieser Sekunde wieder, denn mein Herz gehörte Henning und ich hätte das Gefühl, ich würde ihn betrügen, wenn ich irgendeinen Menschen attraktiv finden würde. Natürlich war das absurd, aber normal war bei mir schon längst nichts mehr.
       
     
    Die nächste Woche war die vorletzte Woche vor den Ferien und somit war bei Schülern wie Lehrern gleichermaßen die Luft raus. Die Gerling zeigte uns im Unterricht einen einschläfernden Film, in Biologie durften wir Spiele spielen und Geschichte fiel gleich komplett aus.
    Da der Mittwoch einer von wenigen zu erwartenden wirklich heißen Sommertagen war, nutzten Lukas, Christin und ich ihn spontan für den allerersten Freibadbesuch dieses Jahres.
    Lukas musste natürlich wie ein kleines Kind als erstes zum Zehner rennen und raufklettern, um wieder runterzuspringen. Mein einziger Sprung vom Fünfer im vergangenen Jahr bedeutete schon Todesangst für mich, deswegen ließ ich die Finger vom Sprungturm und kaufte mir stattdessen am Kiosk eine Flasche Bier. Ich war überhaupt nicht scharf auf das Wasser, ich wollte einfach nur die Sonne genießen, um vielleicht die einzige Chance des Jahres zu nutzen, ein wenig braun zu werden.
    Ich lag völlig entspannt auf meiner Decke im Gras und hörte zu, wie Christin erzählte, ihre Beziehung zu Timo sei auf tragische Weise in die Brüche gegangen und sie sei jetzt mit Sascha zusammen. Diese Sache interessierte mich herzlich wenig. Man kannte es ja nur so von ihr und es wird mir den Rest meines Lebens ein Rätsel bleiben, wie Lukas es geschafft hatte, sie solange an sich zu binden. Seine hervorragenden Schwimmkünste, die er gerade aller Welt präsentierte, werden es wohl kaum gewesen sein.
    „David, ich geh jetzt auch schwimmen, komm doch mit!“, fing Christin an zu betteln.
    „Da kriegt mich niemand rein. Ich bleib schön hier liegen, werde braun und bleibe trocken.“
    „Ach komm doch mit, bitte!“ Christin war wie alle Mädels auf diesem Planeten. Sie merkte nicht, wenn jemand keine Lust hatte.
    „Nein, nein und noch mal nein.“
    Dann ging sie endlich. Ich leerte die inzwischen zweite Flasche Bier, und legte sie neben mir ins Gras.
    Lukas und Christin waren bestimmt schon seit zwanzig Minuten im Wasser, als ich zum ersten Mal aufstand. Eigentlich wollte ich mir nur eine Zigarette anzünden, was aber nicht reibungslos verlief, denn ich sah jemanden am anderen Ende der Wiese. Ich war mir noch nicht hundertprozentig sicher, ob es Henning war, der da in über hundert Metern Entfernung herumschlenderte.
    Sofort war die Ruhe, die ich in den letzten Stunden gesammelt hatte, verflogen. Mein Herz begann zu rasen, meine Hände wurden feucht und zittrig. Ich fühlte mich von ihm verfolgt, was natürlich Quatsch war. Die halbe Stadt war an diesem
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