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Madru

Madru

Titel: Madru
Autoren: Frederik Hetmann
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und schwarze Eichhörnchenfelle abverlangen wie bisher.
    Im Großen Wald, von dem man noch ganz andere Wunderdinge horte, gab es doch genug von solchem Getier. Und galten die Norrländer nicht weit und breit als die geschicktesten Jäger und Fallensteller? Im Süden waren diese Pelze begehrt, und König Lausbart würde, sofern alles nach seinem Wunsch und Willen ging, nicht nur seine Schulden bei den Kaufleuten der Fünf Häfen tilgen können, sondern aus dem Erlös des Tributs auch noch genug Geld erübrigen, um jene Kriegsschiffe bauen zu lassen, die nötig waren, wollte er mit seinen Kriegern und Bogenschützen übers Meer setzen.
    Jessach, ein feister Ritter, erhielt den Befehl, nach Norden zu reiten und den Leuten dort bekanntzumachen, was der König beschlossen hatte. Dieser Jessach war ein bequemer Mensch, aber habgierig. Wenn er sich schon auf einen so langen und voraussichtlich beschwerlichen Weg machte, müsse dabei auch noch etwas für ihn mit herausspringen, sagte er sich. Er hatte vor, den Norrländern doppelt so viele Felle abzupressen wie der König verlangte. Wo es zweitausend Felle gab, würden sich wohl auch viertausend auftreiben lassen. Jessach sah sich schon mit einer weißhäutigen Frau in einem schwarzen Eichhörnchenpelz im Schlitten sitzen und winters über Land fahren. Die schönste Frau des Königreiches Svea im schönsten Pelz, den je ein Kürschner in den Fünf Häfen zugeschnitten und genäht hatte!
    Vorerst aber war Sommer, August, und Jessach war schon den zweiten Monat nach Norden unterwegs. Die Mückenschwärme wurden immer dichter, das Land immer menschenleerer, die Wege immer staubiger, und immer noch hatte Jessach das Grenzfort nicht erreicht.
    Es hatte Verzögerungen gegeben, weil in den nördlichen Provinzen des Königreiches häufig nicht gleich frische Pferde aufzutreiben gewesen waren. Schließlich gab es überhaupt keine Pferde mehr. Er hatte in eine Sänfte umsteigen müssen. Der Markgraf stellte Knechte und Sklaven, die ihn trugen. Diese Männer unterhielten sich in einer Sprache, die er nicht verstand. Als er sich erkundigte, was für Leute denn das eigentlich seien, hieß es, sie stammten aus dem Großen Wald.
    Wieder unterwegs, wollte es ihm vorkommen, als ob sie ihm drohende Blicke zuwürfen. Wenn er über Mückenstiche und Hitze stöhnte, meinte er manchmal so etwas wie ein Kichern zu vernehmen. Er sagte sich, daß große starke Männer unmöglich einen so lächerlichen Laut von sich geben könnten und hielt nach einer anderen Ursache Ausschau. So entdeckte er die Zwerge. Sie hatten uralte Gesichter, trugen rote Mützen, grüne Jacken und kleine Stiefel mit auffälligen Silberspangen. Wenn er nur kurz, aus den Augenwinkeln hervor, in die Richtung schaute, aus der das Geräusch herübergedrungen war, erkannte er ihre Gestalten ganz deutlich. Rieb er sich dann die Augen, weil es ihm unsinnig vorkam anzunehmen, daß es tatsächlich, außer in Märchen, so etwas wie Zwerge gab, so schien da nichts mehr zu sein. Er war sich aber nicht sicher. Sie mochten sich jetzt hinter einem Felsblock versteckt haben, denn ihr Kichern war immer noch zu hören.
    Sehr beruhigend fand er, daß hinter ihm dreißig Bewaffnete aus seiner Heimatprovinz Skäne einherzogen. Soldaten in Kettenhemden, den Tornister auf dem Rücken und ein Langschwert am Koppel. Das viele Eisen zerrte an ihnen. So kamen sie nur langsam vorwärts. Die leichtfüßigen Sänftenträger waren ihnen gewöhnlich weit voraus. Mehr als einmal mußte Jessach befehlen abzuwarten, bis seine Schutztruppe nachgerückt war.
    Schließlich erreichten sie das Grenzfort. Jessach forderte dringlich Pferde, aber der Kastellan lachte nur und meinte: »Selbst wenn ich Euch welche beschaffen könnte, wie wollt Ihr damit durch die Wollgrassümpfe und über die Schwarzen Seen kommen?«
    »Wovon redet Ihr da?« fragte der Ritter gereizt. »Ich reite zum ersten Mal nach Norrland.«
    Zu den Seen hin gehe es über eine Landzunge. Moorig. Feuchter Boden, auf dem viel Wollgras wachse. Nachts müsse man sich vor den Irrlichtern in acht nehmen. Über das Wasser setze man mit Nachen, die gestakt würden. Viel zu schmal, um Pferde darauf zu verladen.
    »Und was wißt Ihr mir sonst noch zu sagen über das Reich des Großen Waldes?«
    Das sei eine andere Welt, erwiderte der Kastellan, ein Wald, so dicht, daß man über seine Wipfel dahinlaufen könne, meilenweit. Es stellte sich dann aber heraus, daß er vom Hörensagen berichtete und selbst auch noch
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