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macht weiter

macht weiter

Titel: macht weiter
Autoren: Dorothy Gilman
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an. Dort geriet sie in ein angeregtes Gespräch mit einer jungen Verkäuferin in Minikleid und Stiefeln, die offenbar den Eindruck gewonnen hatte, daß Mrs. Pollifax ein Kostümfest besuchen wollte. Was in gewisser Hinsicht sogar stimmt, dachte sie.
    Sie entschied sich für ein langes dunkelrotes Abendkleid und für einen Modeschmuck aus Glasperlen. In dem Kleid sah sie fast wie eine Hellseherin aus, aber es war eben einmal etwas ganz anderes. Außerdem braucht man es nicht zu bügeln, sondern bloß naß aufzuhängen, dachte sie, und das war immerhin ein Trost.
    Dann kam das nächste Problem. Sie mußte Miß Hartshorne ihre Abreise erklären. Das erforderte Diplomatie. »Sie fühlt sich so verlassen«, erzählte Mrs. Pollifax ihrer Nachbarin bei einer Tasse Tee. Adelaide hatte in ihrer Vorstellung längst Gestalt angenommen, und sie glaubte beinahe selbst an ihre Existenz. »Es war nämlich eine besonders gute Ehe.«
    Miß Hartshorne hatte einzuwenden: »Also wenn Sie mich fragen, Emily, mir gefällt das gar nicht. Sie lassen sich dauernd ausnützen. Seit Jahren rede ich Ihnen vergeblich zu, mich auf eine meiner Auslandsreisen zu begleiten. Aber davor scheuen Sie regelmäßig zurück. Glauben Sie mir, Ihr Leben verläuft viel zu eintönig. Das ist ungesund.«
    »Ja«, sagte Mrs. Pollifax fügsam.
»Seit meiner Pensionierung buche ich Jahr für Jahr eine Gesellschaftsreise bei Cook. Das hält mich nämlich jung, Emily. Sie hingegen gönnen sich keinerlei Abwechslung. So lernen Sie niemals interessante Menschen kennen. Hab' ich nicht recht?«
    »Na ja«, begann Mrs. Pollifax und holte Luft. Aber Miß Hartshorne wartete erst gar nicht auf ihre Antwort.
    »Eine alte Freundin aufzuheitern ist kein Urlaub. Ich weiß sehr wohl, wie erschöpft Sie nach Ihren kleinen Abstechern sind. Was Ihnen fehlt, Emily, ist ein gewisser Unternehmungsgeist.«
»Da haben Sie recht«, sagte Mrs. Pollifax und lächelte ihrer Freundin zu. »Aber möchten Sie nicht trotzdem noch ein Täßchen Tee haben, Grace?«

2
    »Achtung, Achtung, Fluggäste... Mrs. Virgil Johnson, bitte an den Auskunftsschalter... Mrs. Virgil Johnson...«
Mrs. Pollifax nahm ihren Koffer und ging zum Auskunftsschalter. Sofort löste sich ein Mann aus der Menge und eilte auf sie zu. In einer Hand trug er einen Koffer, in der anderen einen Blumenstrauß. Sie blinzelte ihn erstaunt an. »Bishop!«
»Psst, Mrs. Johnson«, sagte er vertraulich und nahm ihr den Koffer ab. »Kommen Sie mit.« Er führte sie zu einer beschilderten Tür: PRIVAT. NUR FÜR PERSONAL. Bishop ließ Mrs. Pollifax eintreten und schloß die Tür. »Man hat uns dieses Büro für zehn Minuten überlassen.« Er stellte seinen Koffer auf den Schreibtisch. »Ich bekomme noch graue Haare, weil Sie diesen Auftrag angenommen haben. Carstairs ist sich nicht schlüssig, ob er Sie damit in eine Sackgasse schickt oder in die Höhle des Löwen. Heute ist es der Löwenkäfig, und er ist fertig mit den Nerven.«
»Ach! Dabei hat er einen völlig ruhigen Eindruck auf mich gemacht«, sagte sie. »Die Sache klingt doch wirklich ganz einfach.«
»Finden Sie?« Bishop betrachtete sie amüsiert. »Na, dann wollen wir mal, wenn's recht ist.« Er öffnete seinen Koffer. »Mein Zauberkasten«, erklärte er. »Da wäre mal eine unfehlbare Taschenlampe für Sie. Dazu etliche Ersatzbatterien, falls sie doch nicht ganz unfehlbar sein sollte. Den Zusammenbruch unseres Nachrichtensystems können wir uns nämlich nicht leisten.«
»Taschenlampe und Batterien«, wiederholte Mrs. Pollifax und packte die Sachen in ihren Koffer.
»Ein Code in verschlossenem Kuvert, das außerdem eine ganze Menge Schweizer Franken enthält. Sie werden so freundlich sein, den Code unterwegs auswendig zu lernen und dann total zu vernichten. Eine Schachtel Streichhölzer, um besagten Code zu verbrennen...«
»Sie denken wirklich an alles«, sagte sie voll Bewunderung.
    »Ehrensache«, erwiderte er vergnügt. »Und, passen Sie auf, das wird Ihnen Spaß machen - ein Geigerzähler.«
     
    »Davon hat Carstairs mir nichts gesagt«, sagte sie verblüfft.
    »Eigentlich ist es ein Szintillometer«, berichtigte er und zog eine elegante Lederkassette hervor. »Als Carstairs mit Ihnen sprach, wußten wir nämlich noch nicht, wie wir das Ding tarnen sollen. Aber ohne geeignete Ausrüstung können Sie schließlich nicht nach radioaktivem Material suchen, nicht wahr? Sehen Sie sich das Ding mal an.« Er klappte den Deckel hoch.
    »Schmuck!« rief sie. »Ist er echt?«
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