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macht weiter

macht weiter

Titel: macht weiter
Autoren: Dorothy Gilman
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Kofferraum, zog den Deckel von innen behutsam zu und stopfte den Zipfel einer Jacke in den Spalt, damit er Luft bekam.

19
    Als der Wagen des Scheichs das Dorf erreicht hatte, bog er nach rechts ab. Die Straße stieg scharf an. Mrs. Pollifax musterte den Scheich, der ihr gegenüber auf dem Notsitz saß, und sagte: »Wohin fahren wir?«
    Er sah sie freundlich an. Lächelnd antwortete er: »Zu gegebener Zeit werden wir uns trennen. Ich fahre weiter, Madame, Sie und die anderen zwei fahren nicht weiter als es mir paßt. Sie sind nämlich sehr unartig gewesen.«
    Das klang gönnerhaft, und sie sagte es ihm auch.
    Er zog die Brauen hoch. »Wieso? Sie sind nichts weiter als eine kleine Belästigung. Lästig wie eine Mücke. Und einem Insekt kann man doch keine Bedeutung beimessen, nicht wahr?«
    »Für Mrs. Pollifax kann ich nicht sprechen«, sagte Robin, »aber ich persönlich verbitte es mir, eine lästige Mücke genannt zu werden, verdammt noch mal.«
    Der Scheich lachte. »Gut gebrüllt, Burke-Jones. Mir ginge es an Ihrer Stelle nicht anders. Übrigens kommt mir Ihr Gesicht bekannt vor. Sind wir uns nicht schon mal begegnet?«
    »1965 in Paris. Beim Comte de Reuffe, auf dem Ball von
    Gabrielle und beim Rennen in Deauville.«
»Ach ja, ich entsinne mich. Haben Sie Nachricht von ihnen?
War ein amüsantes Jahr. Jackie hat ja inzwischen geheiratet,
wenn ich nicht irre?«
»Zweimal sogar schon.«
Mrs. Pollifax hörte mit halbem Ohr zu. Sie sah sich die
Gegend an. Die Straße wurde enger, die Häuser spärlicher. Sie
fuhren durch dichte Wälder, erreichten schließlich den höchsten
Punkt des Berges, auf dem Montbrison stand. Doch diese
Anhöhe war unbedeutend im Vergleich zu den Bergen, die sich dahinter erhoben. Die Hänge waren bewaldet, ab und zu sah
man eine kleine Siedlung und Almhütten.
»Wo ist Hafez?« fragte Mrs. Pollifax.
»Hafez?« sagte der Scheich und zuckte die Achseln. »Um den
brauchen wir uns wohl keine Sorgen mehr zu machen.« »Ich mache mir aber welche.«
Er lächelte. »Aber begreifen Sie doch, Hafez ist - nun, sagen
wir, entbehrlich.« Dann rief er über die Schulter: »Sind wir bald
da, Ibrahim?«
»Ja, Sayyid.«
Entbehrlich, dachte Mrs. Pollifax. Es gab ihr einen Stich ins
Herz.
Sie fuhren ständig bergan. Jetzt hatten sie ein kahles Plateau
erreicht. Mrs. Pollifax warf einen Blick aus dem Wagenfenster.
Tief unter ihnen glänzte der See. Der Wagen hatte die
Betonstraße verlassen und holperte jetzt querfeldein. Der rote
Volkswagen folgte ihnen.
Mrs. Pollifax nahm an, daß sie sich bereits oberhalb der
Baumgrenze befanden. Die Aussichtslosigkeit ihrer Lage wurde
ihr klar. Am besten, man nimmt den Augenblick, wie er kommt,
dachte sie. Und vielleicht waren diese Augenblicke gezählt. Der Wagen fuhr im Bogen um einen Berggipfel. Auf
Felsgrund, halb im Dunst, lag eine verwitterte Almhütte. Die
Fensterläden waren geschlossen.
Robin schaute hinaus. »Dieses Quartier dürfte Ihrem
verwöhnten Geschmack wohl kaum entsprechen«, sagte er
sarkastisch.
»Wie?« antwortete der Scheich. »Aber mein Bester, die Hütte
habe ich erst gestern abend gemietet, nachdem Sie und Ihre
Freundin sich derart unliebsam bemerkbar gemacht hatten.
Wirklich schade, weil ich mich nämlich gut amüsiert habe im
Sanatorium.«
»Amüsiert?«
»Weil das Spiel sehr riskant war«, erklärte er. »Die Sache
entbehrte auch nicht einer gewissen Pikanterie. Ich bin nämlich
zufällig Aufsichtsratsmitglied, verstehen Sie? Deshalb werde ich
dort stets mit offenen Armen empfangen.«
Diesmal dürften wir wirklich verloren sein, dachte Mrs.
Pollifax resigniert. Sie wandte den Kopf, als der Volkswagen
neben ihnen hielt. Fouad stieg aus, ging zur Hütte und schloß die
Tür auf. Dann winkte er sie herein. Der Scheich streckte die
langen Beine aus und stieg aus dem Wagen. »Sabry?« Sabry nickte und zog den Revolver. »Gehen Sie in die Hütte«,
befahl er seinen Gefangenen.
Robin kletterte als erster aus dem Wagen. Jetzt erst sah Mrs.
Pollifax, daß seine rechte Wange blau und blutunterlaufen war.
Sein rechtes Auge verschwand fast völlig unter einer dicken
Schwellung. »Ach, Robin«, sagte sie unglücklich.
»Offenbar war ich bisher viel zu seßhaft«, sagte er ruhig.
»Das wird sich ändern, sobald ich diese Gegend hier heil
verlassen habe.« Auch er war wie sie gefesselt, aber als sie aus
dem Wagen kletterte, hob er die Hände ein wenig, um
beschwichtigend über ihren Arm zu streifen. Sie hätte am
liebsten geweint.
In der Hütte herrschte
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