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Macho-Mamas

Titel: Macho-Mamas
Autoren: Michèle Binswanger , Nicole Althaus
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ordnenden Hand, die sich dem Chaos entgegenstellt – auch wenn dann praktisch gesehen die Ordnung nie so richtig einkehrte.
    Wichtiger als das Putzen war die Zeit mit ihren Kindern. Sie hatte bis zu den ersten Wehen gearbeitet und hatte kurz nach der Geburt wieder am Schreibtisch gesessen. Nach einem langen Studium wollte sie im Job, den sie endlich ergattert hatte, nicht gleich wieder pausieren. Außerdem wollte sie fähig sein, ihre Familie zu ernähren. Sie wollte ein Leben, wie ein Mann es hat, oder zumindest, dass sich ihr Leben wie das eines Manns anfühlt. Denn Männer können ihre Kinder lieben, ohne sich von dieser Liebe versklaven zu lassen. Männer brauchen in ihrem Leben mehr als Kinder, um sich als Mann zu fühlen. Sie sollte erst noch herausfinden, dass Mütter keine besonders guten Männer abgeben.
    Immerhin, das mit der Arbeit hatte sie begriffen. Sie nahm sie aus dem Büro mit nach Hause, auch ins Wochenende. Dort herzte sie ihre schreienden und an ihrer Bluse zerrenden Kinder und kratzte die nach dem langen Arbeitstag verbliebene Konzentration zusammen, um den simultan erzählten Geschichten zu lauschen. Und die Fragen zu beantworten, die sich im Lauf des Tages an die Adresse der abwesenden Mutter ergeben hatten.
    Zwei Stunden, manchmal drei. In dieser Zeit wurde das Abendessen durchgezogen, das Geschirr weggeräumt, der nächste Tag diskutiert, wurden die Kinder gefüttert, gewickelt, gewaschen, geküsst und besungen. Sobald das Licht im Kinderzimmer aus war, knipste sie die Schreibtischlampe an, packte ihre Texte aus, feilte und polierte, bis sie gut genug schienen, um am folgenden Morgen im Blog zu erscheinen. Sie ließ gerade den Computer hochfahren, als der Anruf sie erreichte. Der Mann am anderen Ende der Leitung stellte sich als Redakteur einer Diskussionssendung im Fernsehen vor. Er bereite etwas vor zum Thema Elternschaft, sie schreibe doch diesen Blog, sie könne doch an der Sendung teilnehmen und erzählen, was moderne Eltern seien. Das schaff ich nie im Leben, dachte sie. Und sagte: «Ja, klingt interessant, das mach ich gern. Wer ist denn sonst noch eingeladen?»
    Es gibt nichts Schöneres, als für seine Leistung anerkannt zu werden, auch wenn eine gewisse Ironie darin lag, dass ausgerechnet sie als Expertin über Mutterschaft plaudern sollte. Schließlich fürchtete sie wie viele andere berufstätige Mütter, nicht immer die beste Mutter zu sein.
    Egal. Sie hatte es geschafft, und so verbreitete sie die frohe Botschaft im Internet. Wie hätte sie ahnen können, dass dies eine äußerst sensible Angelegenheit war? Nun, sie hätte es sogar wissen müssen. Aber sie war Macho genug, ja zum Fernsehauftritt zu sagen, und deshalb war sie jetzt auch Macho genug, in der Öffentlichkeit des Internets damit zu prahlen. Sie hatte überhaupt nichts begriffen.
    Hierarchien sind eine knifflige Sache. Die zweite Macho-Mama mochte nicht nur ihre Arbeit für den Blog, sie mochte auch die Arbeit ihrer Kollegin. Freundschaftlich spornten sie einander an. Was für die Arbeit gut ist, aber mit Freundschaft nichts zu tun hat. Männer kämen gar nicht auf den Gedanken, das miteinander zu vermengen. Frauen schon. Jedenfalls solche wie diese Macho-Mama, die in Gedanken schon bei der Kleiderfrage war und nicht eine Sekunde daran dachte, dass ihre Kollegin von der freudigen Nachricht vielleicht nicht besonders erfreut sein würde. Und ihr nicht gerade nach Garderobentipps zumute wäre.
     
    Es gibt im Büro eine goldene Regel. Wenn man mit einer Person ein Problem hat, sei es, dass sie einen ausbremst oder sexistisch ist, dann frage man sich: Steht diese Person zwischen mir und dem, was ich erreichen will? Lautet die Antwort nein, dann ignoriere sie. Lautet die Antwort ja, suche dir mächtigere Verbündete. An diese Regel hielt sich die empörte Macho-Mama. Sie wütete beim Chef, der maßregelte die andere, worauf diese die eine für eine falsche Schlange hielt. Man schwieg sich eisig an. Es gab zahlreiche Gespräche – nicht zwischen den beiden Macho-Mamas, sondern zwischen ihnen und ihren jeweiligen Freundinnen. Die Worte Zicke und Schlampe fielen darin in hoher Frequenz, garniert mit den Attributen neidisch, gierig, verlogen, anmaßend und ungerecht.
    Zickenkrieg: So nannten es die Kollegen. Die Männer zu Hause. So nannte es auch der Chef. Ihm behagte die Dynamik nicht sonderlich (obschon nicht abzustreiten war, dass sie dem Blog geholfen hatte), weshalb er schleunigst klare Regeln installierte, so dass
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