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Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Titel: Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland
Autoren: Dan Shocker
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wiederum legten keinen großen Wert darauf, sich
mit den Fremden einzulassen. Da waren sie eigen.
    McCasey überlegte.
    Durch die geschlossenen Fensterläden sah er schummriges Licht
und erblickte durch die Ritzen der Läden schattenhafte
Bewegungen.
    Der Lebensmittelhändler ging auf die Tür zu. Der
reichlich konsumierte Whisky machte ihm die Entscheidung leicht.
    McCasey betätigte die altmodische, mechanische Klingel.
    Hinter der Tür pflanzte sich das Geräusch laut fort.
    Er hörte, wie ein Stuhl gerückt wurde und sich gleich
darauf schlurfende Schritte der Tür näherten.
    »Ja?« fragte eine Stimme. »Wer ist da?«
    »McCasey, Donald McCasey von dem Gemischtwarenladen«,
sagte er. Obwohl er sich bemühte, seiner Stimme besondere
Festigkeit zu verleihen, gelang ihm das nicht so recht. »Ich
hätte Sie gern mal kurz gesprochen, Mrs. Fently.«
    Von innen drehte sich der Schlüssel im Schloß.
    Mrs. Fently zog die Tür zurück. Vor Casey stand eine
alte, kleine Frau mit einem verschrumpelten Gesicht. Mrs. Fently
versuchte zu lächeln. Die Falten um ihren Mund gruben sich noch
tiefer ein.
    »Guten Abend, Mister McCasey!« Die Frau war sichtlich
erstaunt, Besuch zu bekommen. Das brachte sie so durcheinander,
daß sie nicht wußte, was sie noch sagen sollte.
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, Mrs.
Fently…«
    »So kommen Sie doch herein. Bitte…«
    Die Frau trat zur Seite. McCasey konnte in den handtuchschmalen
Korridor sehen. Ein alter, wurmstichiger Kleiderschrank engte den an
sich schon schmalen Korridor so weit ein, daß man sich zwischen
Wand und Schrank durchzwängen mußte. Das fiel McCasey mit
seinem aufgetriebenen Bauch weitaus schwerer als der dürren
Alten.
    »Ist Ihr Gatte nicht zu Hause?« McCasey wußte
selbst nicht, warum er das fragte. Eigentlich beschäftigten ihn
ganz andere Probleme, die er hier erörtern wollte. Aber er sagte
sich, daß er nicht einfach so mit der Tür ins Haus fallen
konnte.
    »Er macht noch einen kleinen Spaziergang. Ich hatte keine
Lust mitzukommen.«
    McCasey nickte. Seiner Meinung nach blickte er sich
unauffällig um und nahm die Umgebung in sich auf. Er konnte
nicht fassen, daß über zwanzig Jahre vergangen waren,
seitdem er das letzte Mal in diesem Haus gewesen war.
    Es hatte sich seit damals kaum etwas verändert.
    Die dunklen Holzwände waren noch dunkler geworden, die
Wände in Küche und Wohnzimmer trugen eine andere Farbe.
    Die mystischen Bilder, zum Teil von Muligan selbst gemalt, hingen
noch an den gleichen Stellen und selbst die Möbel standen noch
so da, wie McCasey sie vor über zwanzig Jahren zum letzten Mal
gesehen hatte.
    Hier in diesem Haus schien seit einem Vierteljahrhundert die Zeit
stillzustehen!
    Seit damals hatte sich nichts verändert.
    McCasey zog scharf die Luft durch die Nase. Es roch nach
fremdartigen Gewürzen und nach Moder und nach alten
Büchern. Dieser Geruch haftete der Wohnung schon seit eh und je
an. Die neuen Bewohner, die seinerzeit hier nach Muligans
plötzlichem Tod einzogen, schienen praktisch das gesamte
Mobiliar und sogar die Bilder und Bücher übernommen zu
haben.
    James Muligan hatte keine Frau und keine Nachkommen gehabt. Er
lebte während der letzten Jahre hauptsächlich von einer
Unterstützung, die ihm die Gemeinde zahlte und kleinen,
regelmäßigen Zahlungen, die ihm ein gleichgesinnter Freund
– dessen Namen Muligan nie genannt hatte – leistete.
    Die alten Möbel waren so vergammelt, daß niemand hier
in Blairgrownie Interesse dafür zeigte, sie zu besitzen. Die
Gemeinde hätte sie normalerweise abtransportiert und verbrannt,
was sich nicht mehr hätte absetzen lassen. Da kamen die Fentlys.
Sie hätten ihren eigenen kleinen Haushalt in Perth
aufgelöst, hieß es, und seien bereit, den Hausrat zu
übernehmen. Da der gebotene Preis die Kosten des Abtransportes
und der Vernichtung der Möbel durch die Gemeinde gerade deckten,
gab man von höchster Stelle aus seinen Segen und ließ die
Fentlys einziehen.
    McCasey folgte Mrs. Fently mit unsicheren Schritten in das
Wohnzimmer. Er fand die vertraute Umgebung Muligans vor, und es
hätte ihn nicht gewundert, wenn James Muligan jetzt in dem
großen, gemusterten Ohrensessel gesessen und ihn über den
Brillenrand hinweg angesehen hätte.
    Der Sessel stand noch immer neben dem eisernen Ofen. Unterhalb der
Fensterbank lief das selbstgebastelte Bücherregal entlang und
erweiterte sich dann an der Wand neben dem Fenster um sieben
Regalreihen in die Höhe, wo es bis zur Decke
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