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Macabros 043: Die Horror-Tempel von Skyx

Macabros 043: Die Horror-Tempel von Skyx

Titel: Macabros 043: Die Horror-Tempel von Skyx
Autoren: Dan Shocker
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vorwurfsvoll.
    Ghanor wandte den Kopf und blickte nach unten. Mit einer
mechanischen Handbewegung zog er den grünen Umhang enger
über seine Schultern und lächelte in die Tiefe.
    »Doch, Osira«, sagte er mit der ihm fremden Stimme des
Prinzen, »ich komme. Gedulde dich noch einen
Augenblick.«
    Damit löste er sich vom Fenster, blies die Kerzen aus und
verließ die stille Kammer, die erfüllt war von der milden
Abendluft, die durch das Fenster drang, und dem betäubenden Duft
des Kerzenrauchs, der sich langsam verlor.
    Ghanor passierte die großen, freundlichen Korridore, in
denen Landschaftsbilder und Porträts derer hingen, die dem
jetzigen Herrscher von Lovon vorausgegangen waren. Es befanden sich
finster dreinblickende Gestalten darunter, als wären sie vom
Teufel besessen, oder stammten von ihm leibhaftig ab.
    Unter jedem Bild befand sich ein kleines, silbern schimmerndes
Schild, das beschriftet war.
    Geheimnisvolle, schwungvolle Zeichen und Symbole erzählten
die Geschichte, die Herkunft oder den Inhalt dieses oder jenes
Bildes. Der wahre Ghanor war vertraut mit diesen Inhalten, aber er,
der dieser Ghanor nicht war, sondern sich gezwungenermaßen nur
dessen Körpers bediente, konnte die Aufschriften nicht mal
lesen.
    Er verließ den Palastbezirk, in dem er sich inzwischen schon
wieder recht gut zurechtfand, wie Osira meinte. Ihr gegenüber
war er gezwungen ein Spiel zu spielen, das seiner geistigen und
moralischen Auffassung widerstrebte. Er ließ sie in dem
Glauben, daß er derjenige sei, den sie unter Einsatz ihres
Lebens aus dem Hades zurückgeholt hatte. Er ließ sie in
dem Glauben, daß sein Aufenthalt dort dazu führte,
daß er nun gewisse Erinnerungslücken hatte, die – wie
er hoffte – sich nach und nach wieder schließen
würden.
    Osira war geduldig und ihm in jeder Weise behilflich, und so waren
es seine Freunde, die Weisen, die Berater und Vertrauten, mit denen
er zu tun hatte.
    Auf diese Weise, daß er sich als der Vergeßliche
darstellte, war ihm manches nahegebracht worden, was sein Leben hier
im Palast, in der Stadt Lovon und in den Gärten
erleichterte.
    Er mußte so tun, als interessiere ihn hier alles besonders
stark. In Wirklichkeit jedoch galt sein Interesse dem Schicksal des
Körpers, in dem er normalerweise hauste und in den er
gehörte.
    Was war aus der leblosen Hülle des Björn Hellmark
geworden, die am Grund der Todespyramide nahe am Ufer des Schwarzen
Flusses zurückgeblieben war?
    Er ertappte sich dabei, daß er schon wieder in Gedanken war,
als er das Tor passierte, und die schöne Osira ihm mit offenen
Armen entgegeneilte. Sie fiel ihm um den Hals und küßte
ihn, preßte ihn an sich, als wolle sie ihn nie wieder
loslassen. Er erwiderte ihre Küsse.
    Plötzlich hielt sie inne und seufzte. »Ach,
Ghanor«, sagte sie nur, und ihre grünen Augen funkelten wie
geschliffene Smaragde. Sie blickte ihn lange und zweifelnd an, als
suche sie etwas Bestimmtes.
    »Ich habe mich wohl sehr verändert, wie?« fragte
er. »Habe ich wieder etwas falsch gemacht?«
    »Ja, das erstaunt mich eigentlich«, murmelte sie.
»Deine Küsse… du küßt so
anders…«
    Er zuckte die Achseln. »Was ist daran so merkwürdig? Ich
küsse wie immer, Osira.«
    Sie wiegte den Kopf, und ihr seidiges, kastanienrotes Haar fiel
weich und fließend auf ihre schön geformten, nackten
Schultern herab. Osira trug ein figurbetontes Kleid, das schulter-
und rückenfrei war, und ihre gleichmäßig braune Haut
voll zur Wirkung kommen ließ.
    »Nun, ich weiß nicht.« Ihre
gleichmäßigen, weißen Zähne schimmerten wie
Perlen. »Da ist etwas anderes… etwas Neues,
Liebster.«
    »Neues?« fragte er verwundert, die dunklen Augenbrauen
hochziehend.
    »Mhm, ja… du kannst es einfach nicht ablegen.«
    »Ist es dir – unangenehm?«
    »Mhm, ich weiß nicht so recht… unangenehm? Nein,
eigentlich nicht. Eben anders. Dafür – hast du etwas
anderes vergessen. Und das wundert mich auch.«
    Sie wandte nicht den Blick von ihm und versenkte den ihren tief in
seinen Augen, als versuche sie zu lesen, was jetzt wohl hinter seiner
Stirn vorgehen mochte. »Du vergißt… und auf der
anderen Seite führst du etwas Neues ein… wieso? Das
paßt doch irgendwie nicht zusammen?« sinnierte sie.
    Der Ausdruck seiner Augen wurde nachdenklicher, sentimentaler.
    Da riß sie sich zusammen. »Es wird alles wieder ins Lot
kommen, davon bin ich überzeugt«, sagte sie plötzlich
mit ihrer natürlichen Heiterkeit. »Wir haben soviel wieder
zurecht
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