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Macabros 015: Phantoma - Tochter der Finsternis

Macabros 015: Phantoma - Tochter der Finsternis

Titel: Macabros 015: Phantoma - Tochter der Finsternis
Autoren: Dan Shocker
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gut… die Wege trocken. Er kann mit der
Kutsche gut vorankommen. Mein größerer Bruder ist ins Dorf
geritten, um dem Arzt Bescheid zu sagen. Um Ritchie steht es sehr
schlimm. Er kann kaum noch atmen. Er bekommt keine Luft mehr…
wird die Nacht nicht mehr überleben… kann der Arzt noch
etwas für ihn tun? Niemand glaubt mehr daran… Vater liest
in der Bibel, Mutter hält Ritchie auf dem Schoß… den
kleinen, sterbenden Ritchie… mein Gesicht ist ganz
heiß… habe ich Fieber…? Ich stehe am Fenster wie in
Trance… starre in den dämmrigen Wald…«
    Zum erstenmal eine nähere Ortsbeschreibung! Die Angabe,
daß ein Wald in der Nähe der Behausung der Macs…
gestanden hatte, war nicht viel. Aber es war ein Anfang.
    Haines ließ nicht locker. »Was sehen Sie noch, Sioban?
Sehen Sie genau hin, vielleicht können Sie etwas
erkennen…«
    »Dem Fenster gegenüber… eine Holzbank, ein
Tisch… die hat Vater selbst gezimmert… aus Buchen. Tisch
und Bank stehen etwas… tiefer… in einer Mulde… man
merkt nicht, daß der Berg in der Nähe ist… alles
scheint flach und eben zu sein…«
    Sie unterbrach sich.
    »Was für ein Berg ist in der Nähe, Sioban? Sie sind
dort zu Hause, Sioban, Sie kennen den Namen, nicht wahr?«
    Rosalind Shong alias Sioban Mac… setzte zum Sprechen an, aber
es kam nicht über ihre Lippen, was Dr. Haines erwartet hatte.
»Die Kutsche… der Arzt kommt…«
    Sie beschrieb den Vorgang genau. Sie befand sich in einer
äußerst günstigen geistigen Disposition. Die Bilder
liefen nur so vor ihr ab.
    Der Arzt, der den kleinen Ritchie behandelte, wurde
ausführlich geschildert. Er konnte ihm nicht mehr helfen.
Ritchie starb in dieser Nacht.
    Auch diese Mitteilung war neu für Dr. Haines.
    »Mutter sitzt weinend im Stuhl. Vater steht neben ihr, seine
Rechte liegt auf ihrer Schulter. Der Arzt warnt uns vor dem
Geisteskranken… wir sollen auf der Hut sein. Seit Tagen suchen
sie ihn. Er muß sich hier irgendwo in den Wäldern oder den
Hills verstecken. Einem Bauern hat er eine Kuh abgeschlachtet. Der
Geistesgestörte hat ein Schlachtermesser. Wir sollen niemandem
die Tür öffnen… da!… ein Schatten… fliegt
durchs Fenster… neeeiiin!« Der Schrei, den sie von sich
gab, war so schrecklich, daß allen eine Gänsehaut
über den Rücken lief.
    Wie im Krampf warf Rosalind Shong sich auf der Liege hin und her.
Ihre Arme wirbelten herum wie Windmühlenflügel, als
kämpfe sie gegen einen unsichtbaren Gegner an.
    »Mein Bein! Aaah!«
    Alles ging drunter und drüber. »Das Messer… um
Gottes willen… ich blute… iiihhh…«
    Den Zuhörern sträubten sich die Haare. Sie erlebten den
Tod einer dreiundzwanzigjährigen jungen Frau, die gegen einen
Geisteskranken kämpfte, der brutal auf sie einstach.
    Ihre Bewegungen wurden matter.
    Dann stille.
    Haines schluckte. Diesen letzten Teil des Dramas kannte er schon.
Er konnte schon nicht mehr erzählen, wie oft er diese
schrecklichen Minuten in Rosalind Shongs erstem Leben
zurückgeholt hatte.
    Der Geburt der Rosalind Shong war stets der Augenblick des Todes
der Sioban Mac… gefolgt.
    Haines hatte in den vorausgegangenen Sitzungen einiges über
das Leben in dem einsamen Haus der Familie erfahren. Aber kurz vor
dem Eintritt des Todes war stehts eine große Lücke
gewesen. Er wußte, daß Sioban Mac… durch
Messerstiche eines Unbekannten ums Leben gekommen war. Aber nun,
durch einen unerwarteten Sprung in die Zeit vor dem Eintritt des
Todes hatte er Kenntnis von einem Geisteskranken, von der Behandlung
des kleinen Ritchie und eine oberflächliche Beschreibung der
Umgebung erhalten, in der das Haus vor einem Jahrhundert gestanden
hatte.
     
    *
     
    Haines wollte das Experiment noch nicht abbrechen.
    Er tupfte den kalten Schweiß von der Stirn seines Mediums
und stellte weiterführende Fragen.
    Aber es kam nichts mehr zustande.
    Ihre Stimme wurde merklich schwächer. Für Haines war der
Zeitpunkt gekommen, die Malaiin aus dem Tiefenschlaf zu wecken. Sehr
behutsam holte er sie in ihr jetziges Dasein zurück und
führte sie durch einen Seiteneingang in ein Zimmer, wo sie sich
ausruhen konnte.
    Dr. Ian Haines kehrte noch einmal in den Club zurück, wo sich
inzwischen Diskussionsgruppen gebildet hatten.
    Felman, der Inhaber, konnte zufrieden sein. Er hatte seinem
verwöhnten Publikum wieder etwas geboten, worüber sie sich
die Köpfe heißreden konnten.
    Wahrheit? Scharlatanerie? Keiner vermochte es zu sagen. Das Ganze
konnte ein abgekartetes Spiel
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