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Lustvolles Erwachen

Lustvolles Erwachen

Titel: Lustvolles Erwachen
Autoren: Eileen Dreyer
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des Glücks zurückdenken zu müssen. Sie wusste, dass sie ungefähr von den Knien aufwärts rot geworden war. Rothaarige Menschen erröteten leicht – Grace bekam hektische Flecken.
    »Ich erinnere mich daran, hier angekommen zu sein«, begann sie, während sie sich bemühte, in ihr Unterkleid zu schlüpfen und ihren Reifrock anzulegen. »Ich erinnere mich an das Abendessen.«
    Kate nickte. »Großartiger Braten. Die Rüben dagegen waren nicht der Rede wert.«
    »Ich erinnere mich auch daran, dass wir nach dem Essen ein Glas Cognac getrunken haben.«
    »Hat der Cognac seltsam geschmeckt?«
    Unwillkürlich musste Grace lächeln. »Cognac schmeckt meiner Meinung nach immer seltsam, Kate. Im Gegensatz zu dir habe ich nie eine Vorliebe dafür entwickelt.«
    »Und nachdem ich dich in dein Zimmer gebracht habe?«
    Das graue Kleid in der Hand, hielt Grace inne. Sie versuchte, es sich ins Gedächtnis zu rufen: Ins Zimmer gekommen zu sein, die Kerze auf die kleine Kommode gestellt und den Knoten in ihren Haaren gelöst zu haben.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht einmal mehr, wie ich die Treppe hinaufgekommen bin. Hast du mich wirklich in mein Zimmer gebracht?«
    »O ja. Ich nehme an, dass es mir aufgefallen wäre, wenn Diccan sich schon im Raum befunden hätte.«
    »Ich hätte mehr Lärm gemacht als eine von Artillerieoffizier Whinyates’ furchtbar lauten, aber nicht sehr brauchbaren Raketen.«
    »So wie heute Morgen?«
    Grace seufzte und fragte sich, ob sie sich noch elender fühlen konnte. »Wie konnte das alles passieren?«
    Lady Kate erhob sich und strich sich das Kleid glatt. »Eine exzellente Frage. Zieh dich an, meine Liebe, und dann sehen wir mal, ob wir die Antwort darauf finden können.«
    Diccan Hilliard war wütend. Natürlich sah man ihm das nicht an. Schon vor langer Zeit hatte Diccan die Maske ungerührter Gleichgültigkeit perfektioniert, die zu seinem Markenzeichen geworden war. Doch als er fünfzehn Minuten später den Flur entlang in Richtung des privaten Speisezimmers schlenderte, kochte er innerlich. Wie hatte das passieren können? Er war schließlich kein Grünschnabel, der sich mit heruntergelassener Hose erwischen ließ. Und doch war er irgendwo zwischen Paris und Dover unter Rauschmittel gesetzt, überrumpelt, ausgezogen und in diese unmögliche Situation gebracht worden. Und zwar nicht von Grace Fairchild. Egal, wie sehr er es auch versuchte – die Fakten wollten einfach nicht zu seinen Anschuldigungen passen. Grace Fairchild war mit Kate zusammen gewesen und hatte sich nicht, eine Flasche Laudanum unter ihrem Rock versteckt, auf das Paketboot geschlichen.
    Steckten tatsächlich die Löwen dahinter? Hatte Bertie recht gehabt? Diccan rang den Drang nieder, sich verwirrt über die Stirn zu streichen. Ihm war noch immer schwindelig vom Laudanum, und sein Kopf schien zu klein für sein schmerzendes Gehirn zu sein. Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, was in seiner derzeitigen Lage verflucht unpraktisch war. Wenn ihm nicht bald etwas einfiel, saß er in Canterbury fest, obwohl er so schnell wie möglich nach London musste, um Berties Informationen weiterzuleiten. Er musste den armen, traurigen Jungen rehabilitieren, den er in dem stinkenden Apartment hatte liegen lassen. Er musste sich selbst rehabilitieren, weil er ihn enttäuscht hatte.
    Er verspürte den Drang, laut zu fluchen. London musste warten. Er saß hier fest, bis er diese Unannehmlichkeit behoben hatte. Er musste seinen Diener ausfindig machen, der eigentlich bei ihm hätte sein sollen. Er musste herausfinden, wie er hierhergekommen war und wie sein Pferd in den Stall gekommen war. Und er musste sich mit Grace Fairchild auseinandersetzen.
    Himmel , dachte er. Sein Kopf schmerzte immer schlimmer. Warum sie ? Grace Fairchild war vermutlich die ehrenhafteste, angesehenste unverheiratete Frau in England. Außerdem war sie die bedauernswerteste. Größer als die meisten Männer, sah sie, um es geradeheraus zu sagen, unscheinbar und recht unattraktiv aus. Seine Tante Hermitrude sah besser aus, und die war immerhin schon sechzig Jahre alt und schielte. Um es noch schlimmer zu machen, ging Miss Fairchild nicht – sie taumelte wie ein Seemann an Land. Wer auch immer ihr den Namen Grace verpasst hatte, musste blind gewesen sein. Wer auch immer Diccan in ihr Bett gelotst hatte, musste grausam sein.
    Er mochte sie. Er mochte sie wirklich. Das bedeutete aber nicht, dass er die nächsten vierzig Jahre lang morgens neben ihr
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