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Lustig, lustig, tralalalala

Lustig, lustig, tralalalala

Titel: Lustig, lustig, tralalalala
Autoren: Mia Morgowski
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das ist unübersehbar. Schon bei der Begrüßung strahlen sie wie zwei Christbaumkugeln. Während Elli uns auf ihrem altertümlichen Ofen Punsch zubereitet, flirtet sie mit Ruprecht, was das Zeug hält. Es ist ebenso amüsant wie anrührend, ein zentnerschweres Engelchen und einen Waldschrat ohne Vorderzähne im siebten Himmel zu sehen.
    Elli scheint ihre Zeit damit zu verbringen, Tonnen von Weihnachtsgebäck zu produzieren, denn überall stehen Bleche und Schüsseln mit Naschwerk herum. Ich werde gebeten, mir zum Punsch doch ein paar Sanddornkekse, einen Holunder-Muffin oder eine Anis-Ingwer-Praline zu gönnen. Ich greife eher widerwillig zu, bin dann aber überwältigt von Ellis kulinarischen Zauberkünsten. Sie freut sich.
    «Kommen wir zur Sache», sagt Ruprecht, setzt sich zu mir an den Tisch, fingert eine Lesebrille hervor und öffnet einen Aktenordner. Er blättert darin, findet offenbar, was er sucht, liest eine Weile, nickt dann, schließt den Ordner und nimmt die Brille ab. «Kennst du einen Laden namens Old Joe?»
    «Karls Pub heißt so. Ich bin da ab und zu. Also eigentlich jeden Abend.»
    «Um diesen Karl geht es. Seine Frau ist krank. Demenz. Er würde gern das Weihnachtsfest mit ihr verbringen, aber finanziell steht ihm das Wasser bis zum Hals. Also muss er seinen Pub an den Weihnachtstagen öffnen.»
    Ich bin ebenso erstaunt wie erschüttert. «Das hat er mir gegenüber nie erwähnt.»
    «Du bist vielleicht einer seiner Stammgäste, aber deshalb noch lange nicht sein Freund», bemerkt Ruprecht sachlich.
    Ich nicke nachdenklich. Schon erstaunlich, wie wenig man von Menschen weiß, die man immerhin einigermaßen zu kennen glaubt.
    «Ich soll also den Pub über die Weihnachtstage schmeißen, damit Karl bei seiner Familie sein kann», mutmaße ich.
    Ruprecht nickt.
    «Und was sage ich ihm, wenn er wissen will, warum ich das tue?»
    «Das bleibt dir überlassen», erwidert Ruprecht. «Du kannst Karl sagen, dass der Weihnachtsmann dich auf die Idee gebracht hat. Du kannst dir aber auch eine andere Geschichte einfallen lassen. Santa Claus möchte Karl lediglich für eine gute Tat belohnen.»
    «Was für eine gute Tat hat Karl denn vollbracht?», frage ich neugierig.
    Ruprecht zuckt mit den Schultern. «Keine Ahnung. Über seine Beweggründe schweigt Santa sich grundsätzlich aus. 1717 wussten wir, dass es eine Weihnachtsflut an der Nordsee geben würde, haben aber nichts unternommen. 1777 hingegen mussten alle James Cook helfen, die Weihnachtsinsel zu finden. Ich hab es aufgegeben, Santas System zu verstehen.»
    Ich überlege. Eigentlich kann ich froh sein, dass der Weihnachtsmann mir eine überschaubare Aufgabe gegeben hat. Bliebe noch die Frage, wie ich es arrangiere, mit meiner Mutter Weihnachten zu feiern, wenn ich bei Karl arbeiten muss.
    Ruprecht scheint wieder einmal meine Gedanken zu lesen. «Deine Mutter ist überzeugt davon, dass Weihnachten dieses Jahr auf den 27.   Dezember fällt. Ihr könnt also später feiern.» Er sieht mein verwundertes Gesicht und fügt hinzu: «Santa hat mit ihr gesprochen.»
    Was soll ich da noch sagen? Offenbar ist die Sache beschlossen.
    «Okay», sage ich. «Dann werde ich mich jetzt mal zu Karl aufmachen.»
    «Aber nimm tüchtig Kekse mit», flötet Elli.
    Im gleichen Moment öffnet sich die Tür, und einer der Weihnachtselfen erscheint. «Kann mir jemand fünfzig Gulden pumpen? Ich hab ein Jahrtausendblatt.»
    Auf dem Weg zu Karls Kneipe rekapituliere ich, dass der Weihnachtsmann ein Hartz-I V-Empfänger ist, der mit einigen sympathischen Bekloppten den Geist der Weihnacht aufrechtzuerhalten versucht. Das ist völlig absurd, aber irgendwie auch nachvollziehbar. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass man mich hinters Licht führen will. Da ich aber gerade sowieso nichts Besseres vorhabe und auf diese Weise bei Karl ein paar Schulden abstottern kann, stehe ich wenig später vor der Theke des Old Joe.
    «Was machst du denn hier?», wundert sich Karl. «Bringst du Geld vorbei?»
    «Nein, aber Kekse», erwidere ich und stelle eine große Tüte mit Ellis Spezialitäten auf den Tresen.
    «Wie nett. Selbst gebacken?»
    Ich nicke.
    Während Karl die Kekse auf Teller und diese wiederum auf dem Tresen verteilt, hört er sich meinen Vorschlag an: «Ich kümmere mich über die Feiertage um deinen Laden, und du kannst bei deiner Familie sein. Im Gegenzug könntest du ja vielleicht meinen Deckel ein wenig reduzieren.»
    Karl ist skeptisch. Vielleicht fürchtet er, dass ich
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