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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
Autoren: Melanie Vogltanz
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Vor einem Monat
hätte Eloin das noch für unmöglich gehalten.
    Sie suchte Halt im
Anblick ihres Mannes und fand ihn nicht. Andreas´ schlanke Gestalt strahlte
Kraft aus, aber keine Sicherheit. Seine durchdringenden Augen waren bar jeder
Wärme, die Eloin nun so dringend brauchte. Noch immer ließ ihn sein von Natur
aus sehr helles Haar, das je nach Lichtverhältnissen blond bis beinahe weiß
schimmerte und ihm fast bis zur Schulter reichte, wie eine leuchtende
Engelserscheinung wirken – aber auch gefallene Engel waren schön.
    Eloin konnte es
nicht länger leugnen: Sie fürchtete ihren Mann, oder etwas, das in ihm wohnte,
und diese Furcht war nicht minder stark als die bedingungslose Liebe, die sie
trotz allem für ihn empfand. Was war nur los mit ihr? Was war nur los mit ihnen ?
    »Hast du das Buch
bei dir?«, wechselte Andreas unvermittelt das Thema. Ein lauernder Tonfall
hatte sich in seine Stimme geschlichen. »Vor unserem Aufbruch konnte ich es
nicht finden. Du weißt, dass es von höchster Wichtigkeit ist.«
    Diese Frage vergrößerte
das verzehrende Loch in ihrer Brust noch. Fast mechanisch wiegte sie das Bündel
in ihren Händen, sah starr darauf hinab, um Andreas´ Blick nicht begegnen zu
müssen. »Ich … habe es fortgebracht.«
    »Fort? Wohin? Wieso
hast du das getan? Eloin!«
    Andreas´ scharfer
Tonfall stach wie mit Messern in ihr Herz, doch sie gab sich Mühe, sich ihre
Gefühle nicht anmerken zu lassen. »Ich hätte es vernichten sollen«, gab sie
mühsam beherrscht zurück. »Es gehört verbrannt, bevor es die ersten Opfer
fordert, warum willst du das nicht verstehen?«
    »Weil ich es brauche! «,
antwortete Andreas betont. In seinen Augen war plötzlich ein eigenartiges
Funkeln. »Hast du sie nicht auch gefühlt, Eloin? Die Macht, die in diesen
Seiten wohnt? Dieses Buch ist vielleicht die Lösung für all unsere Probleme!
Und du willst es einfach so zerstören ?«
    »Ja«, bestätigte
Eloin ungerührt. »Genau das sollten wir tun.«
    Andreas schwieg, und
für einen Moment hob sich der dunkle Schleier, der bislang über seiner
Erscheinung gelegen hatte. »Vielleicht … hast du recht, es mag gefährlich sein
für jene, die nicht damit umgehen können. Wo ist es jetzt?«
    »Ich habe es
Johannes hinterlassen. Zusammen mit einem Brief, in dem ich ihn über die Gefährlichkeit
des Buches in Kenntnis gesetzt und ihn gebeten habe, dafür zu sorgen, dass es
unter gar keinen Umständen in falsche Hände gerät. Er wird gut darauf achtgeben,
Andreas.«
    »Johannes?« Andreas
lachte heiser. »Er wird es nicht zu schätzen wissen. Er wird die Macht, die
zwischen seinen Seiten wohnt, nicht erfassen können.«
    »So ist es«, gab
Eloin kühl zurück. »Aus diesem Grund habe ich ihn ausgewählt, das Buch zu
bewachen. Es ist gefährlich und richtet Schaden im Verstand eines Menschen an. Wie
ein langsam wirkendes Gift.«
    Andreas Augen
verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Du bist ja so naiv«, flüsterte er. In
seiner Stimme war ein Tonfall, der schon fast an Hass grenzte. Der Schleier
hatte sich erneut auf seine Züge herabgesenkt. »Nur, weil man etwas nicht
begreifen kann, heißt das noch lange nicht, dass man es zerstören muss. Gerade
du solltest das doch am besten wissen!«
    »Lass uns nicht
streiten, ich bitte dich«, murmelte Eloin. Ihr Atem ging ungewohnt schnell, und
auf ihrer Stirn perlte kalter Schweiß. »Ich möchte nicht mit dir streiten,
Andreas. Schon gar nicht jetzt, wo wir vor einer so schweren Entscheidung
stehen.«
    Für eine
schreckliche Sekunde starrte Andreas sie unverändert an, und die Kälte seines
Blickes schien sich tief in ihre Gedärme zu wühlen und sie von innen heraus zu
zerfressen.
    Dann änderte sich
der Ausdruck in seinen Augen, so übergangslos und vollständig, als hätte man
einen Schalter umgelegt. »Es ist wahr«, sagte er. »Wenn wir auch noch damit
beginnen, uns untereinander die Hölle heißzumachen, haben wir nicht mehr die
geringste Chance. Es ist nur so, dass dieses Buch ...«
    Eloin unterbrach
Andreas mit einem müden Kopfschütteln. »Du musst dich nicht rechtfertigen,
Andreas«, sagte sie leise. »Lass uns einfach nicht mehr darüber reden. Alles
wird kommen, wie es kommen muss, und keine Diskussion der Welt ändert noch
etwas daran.«
    Nachdenklich nickte
Andreas. Plötzlich erschien ein warmes Lächeln auf seinen Zügen. »Wie geht es
unserem Sohn? Schläft er?«
    Eloin schüttelte den
Kopf, noch bevor sie den Blick auf das Bündel in ihren Armen senkte.
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