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Luegenbeichte

Luegenbeichte

Titel: Luegenbeichte
Autoren: Beate Doelling
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und als Robert plötzlich verschwunden war. Was hatten sie damals für einen Schreck bekommen,schließlich gehörte Robert ja noch nicht lange zur Familie und sie wussten zu der Zeit nicht, dass er öfter mal verschwand, sich an den unmöglichsten Orten verkroch und dort stundenlang und mucksmäuschenstill ausharrte.
    »Lou!«, brüllte Josi so laut, dass Max zusammenzuckte. – Aber nichts rührte sich.
    Sie durchkämmten gemeinsam das Ankleidezimmer von Thomas und Marina. Zwei metallene Kleiderstangen standen an einer Wand, voll mit Blusen, Kleidern und Anzügen. Der Rest der Klamotten war auf Metallregalen sortiert, wie in einer Nobelboutique. Einmal um das ganze Zimmer herum lief ein Schuhregal, was Thomas genau mit sieben Paar Schuhen bestückte und von dem Marina den Rest ausfüllte. Die mit ihrem Schuhtick! Josi kannte niemanden, der so viele Schuhe hatte – ob Peep-Toe-Pumps oder Ankle Boots. Lou kannte sämtliche beim Namen, wie Automarken: Dolly Do, Miss L Fire, Moma Slipper, Love Moschino, Studio Pollini, Pura Lopez oder Jimmy Choo . Lou liebte es, mit diesen Markennamen zu jonglieren, wobei er viele gar nicht richtig aussprechen konnte. Zu Marinas Armanis sagte er »Ammannis« und die Miss L Fire nannte er »Mrs. Doubtfire«, weil er den Film kannte.
    Neunzig Prozent von Marinas Schuhpark bestand aus High Heels, irre hohe Stocherdinger, manche mit 15-Zentimeter-Absätzen. Thomas hatte ja schon immer Frauen mit hohen Schuhen geliebt. Hatte sich ihr Vater vielleicht von ihrer Mutter getrennt, weil sie High Heels höchstens zu besonderen Anlässen trug?
    »Die Garage!«, sagte Josi zu Max, der ratlos neben ihrstand und auf all die Schuhe starrte. Sie huschte an ihm vorbei, nach unten. Thomas und Marina waren zu Fuß zu Professor Schaunmanns Geburtstag gegangen, einem Arbeitskollegen ihres Vaters. Die Autos standen also in der Garage. Josi wusste, dass Lou gern in den Autos spielte. Bestimmt würde er mit Herrn Rufus in einem der Autos sitzen und die Kinder vor dem Fiesling mit dem Holzbein retten. Ob Thomas' silbergrauer BMW oder Marinas roter Audi R8 Spyder, Lou durfte in beiden spielen, natürlich nie mit Zündschlüssel.
    Warum war sie nicht früher auf die Idee gekommen!
    Aber die Tür zur Garage war abgeschlossen und der Schlüssel hing oben im Schlüsselkasten. Mist!
    Wo war Lou, verdammt noch mal?
1:34
    Josi ging auf Zehenspitzen durch den Flur, in die Küche, tapste mit nackten Füßen über die kalten Fliesen.
    »Okay, Lou, wenn du jetzt sofort kommst, koch ich dir Milchreis, aber nur, wenn du da bist, bevor ich bis drei gezählt habe, sonst …«
    »Für Milchreis könntest du mich aus keiner Ecke hervorlocken«, sagte Max.
    »Aber Lou.« Josi hielt sich die Augen zu. Sie zählte laut bis drei, lauschte. Nichts. Dann sah sie, dass sich der Vorhang im Wohnzimmer bewegte. Sie ging auf die Stelle zu und riss ihn mit einem Ruck zur Seite. Die Terrassentür stand einen Spalt offen. Josi rannte nach draußen. »Louuuuuuuuuuuuuuuu!«
    Auf der Terrasse hatten sich Pfützen gebildet, derRegen schlug ihr voll ins Gesicht. Es goss in Strömen. Im Nu klebten ihr Top und Jeans am Körper. Sie fing an zu zittern, dabei war es gar nicht kalt. Max stand hinter ihr, unter dem Vordach, im Trockenen.
    »Komm wieder rein, Josi. Bei dem Wetter wird er kaum draußen sein.« Er ging zu ihr und legte einen Arm um ihre Schulter.
    »Aber die Tür war offen«, sagte Josi.
1:38
    Das Wohnzimmer kam ihr groß und leer vor. Kalt. Max holte ihr ein Handtuch aus der Küche. Sie drückte den Knopf, um die Vorhänge ganz aufzuziehen. Vielleicht konnte Lou sie ja sehen. Was für ein absurder Gedanke. Wenn er sie sehen könnte, würde er doch kommen! Ihre Zähne schlugen aufeinander.
    »Vielleicht ist er in seinem Baumhaus.«
    Sie rannte wieder raus, barfuß über den schmalen, gepflasterten Weg, am Schuppen vorbei, dann über den Rasen. Der hatte sich wie ein Schwamm mit Wasser vollgesogen, jeder Schritt schmatzte. Sie sah Max' Silhouette in der Tür, das hell erleuchtete Wohnzimmer. Max hielt noch das Handtuch in der Hand, rief ihr was zu, aber der Regen prasselte so laut auf ihren Kopf. Sie hörte ihn nicht, verstand von seinen Gesten her, dass er die Vorderseite vom Haus checken wollte.
    Hinten im Garten, bei den Bäumen, wurde es immer dunkler. Die Straßenbeleuchtung reichte nicht bis hierher. Der Garten grenzte direkt an den Grunewald,aber das Grundstück war umzäunt. Lou würde niemals in den Wald laufen, er hatte Angst im
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