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Lübeck

Lübeck

Titel: Lübeck
Autoren: Erlangen Michael Müller Verlag
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25 Mio. Tote forderte und mit den einlaufenden Schiffen auch Lübeck erreichte, fegte von 1350 bis 1537 ganze zwölf Mal durch die Straßen. Die Seuche raffte 25 % der Bevölkerung dahin, mindestens drei starke Epidemien folgten bis 1603. Das letzte Mal trat die bakterielle Erkrankung in den Jahren 1711–13 auf. Doch nicht nur die Stadtbevölkerung, die sich, zumindest wirtschaftlich, mittels Zuwanderung schnell erholte, litt an den Folgen des Massensterbens. Wie fast überall in Europa hatte man die „Schuldigen“ bald gefunden: die Juden. Obwohl bis zur Mitte des 17. Jh. nicht einmal in der Stadt geduldet, dienten sie dem Lübecker Rat als Sündenböcke der Pandemie. Mit der Folge, dass die einflussreichen Politiker ihre Kollegen in den umliegenden Hansestädten und Territorien zu gezielten Judenverfolgungen anfeuerten.
    Auch Blaublütige logierten in Lübeck
    Ã„hnlich unnachgiebig zeigte sich der Lübecker Rat während derReformation – wenn auch nicht mit den gewünschten Folgen. Nachdem der Bürgermeister Nikolaus Brömse zwei Geistliche, die in deutscher Sprache zu predigen wagten, der Stadt verwiesen hatte, kam es zum berühmtenLübecker Singekrieg. Immer dann, wenn ein katholischer Würdenträger den alten Glauben (in Latein) verkündete, hoben die Gemeindemitglieder zu verbotenen Liedern an, von denen sie durch Flugschriften oder Mundpropaganda erfahren hatten. Dem Rat blieb keine andere Wahl, als die geschassten Prediger Andreas Wilms und Johann Walhoff wieder in St. Aegidien und St. Marien einzusetzen. Unter dem Vorsitz des späteren Bürgermeisters Jürgen Wullenwever ließen die Bürger in einem Ausschuss von 64 Mitgliedern am 30. Juni 1530 den evangelischen Glauben festschreiben.
    Eine neue Ära hatte begonnen, zumal die Lübecker selbstbewusst nachMartin Luther riefen: Er solle eine reformierte Stadt- und Kirchenordnung für sie verfassen. Da der Reformator des Niederdeutschen nicht mächtig war, schickte er seinen WeggefährtenJohannes Bugenhagen. Der enge Vertraute Luthers quartierte sich im Pfarrhaus von St. Marien ein und vollendete zu Pfingsten des folgenden Jahres „Der Kaiserlichen Stadt Lübeck Christliche Ordnung“.

Stadtgeschichte
Die Folgen desDreißigjährigen
Krieges
    Jürgen Wullenwever
ein gescheiterter Populist
    Von 1533 bis 1535 übernahm der talentierte Rhetoriker und unorthodoxe
Radikalpolitiker Jürgen Wullenwever als Bürgermeister die Macht in Lübeck.
Fortan verstrickte sich der frühere Hamburger Fernhändler mit seinem
Feldherrn Marx Meyer in einen außenpolitischen Missgriff nach dem anderen. Die
beiden führten, ohne Beteiligung der Hanse, Kaperfeldzüge und Kriege gegen
Holland und Dänemark, die allesamt scheiterten und Lübeck bestenfalls eine
Blockade auf der Trave einbrachten. Gleichzeitig stellte Wullenwever die Kritik
an seiner Person unter Strafe. Kein Wunder, dass er seine angesehene Stellung
in der Bevölkerung bald verspielte und nach einem kaiserlichen Ultimatum
zurücktreten musste. Im November 1535 verhaftete man den Populisten (der weder
ein Lübecker Grundstück noch das Bürgerrecht besaß) auf dem Gebiet des
Bremer Erzbischofs Christoph. Dessen Bruder, Herzog Heinrich von
Braunschweig-Wolfenbüttel, ein Gegner der Protestanten, ließ ihn am
24. September 1537 in Wolfenbüttel hinrichten. Wullenwevers zweites und für
ihn entscheidendes Ziel – nach der Einführung der Reformation in Lübeck –
erreicht er nie: Die Rückgewinnung der alten Vormachtstellung Lübecks im
Ostseeraum.
    Aus dem Dreißigjährigen Krieg versuchte sich Lübeck herauszuhalten – und
geriet zum Spielball der Mächte. Oft kam es zu Plünderungen durch beide
Seiten, Gustav Adolf ließ sich die Unantastbarkeit der Ostseestadt gut
bezahlen, was schwedische Truppen 1636 nicht von einem Raubzug in der Umgebung
abhielt. Immerhin wurde Lübeck im Westfälischen Frieden von 1648 in seiner
Reichsfreiheit bestätigt.
    Da der Handel lahmte, die Stadtkasse aufgrund hoher Verschuldung wieder
einmal dem Bankrott nahe war und neue Bürgerunruhen ins Haus standen, wurde
derBürgerrezess am
9. Januar 1669 unterzeichnet. Dabei handelte es sich um das erste
Verfassungsdokument von Lübeck, in dem die Rechte und Pflichten von Rat und
Bürgerschaft festgelegt wurden. Doch das Schriftstück war ein klares Diktat
der Kaufleute. Keine 10 % der Bevölkerung durften bei Entscheidungen wie
Krieg
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