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Lübeck

Lübeck

Titel: Lübeck
Autoren: Erlangen Michael Müller Verlag
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den Entscheidungen der Stadt
mitzureden. Bis zum 15. Jh. waren nahezu alle Ratsherren und Bürgermeister
von Lübeck Kaufleute.
    Ende des 14. Jh. nahmen die Kaufleute eine so hohe Stellung ein, dass sogar
Kaiser Karl IV. sie während seines Besuchs mit „Ihr Herren“ ansprach. Eine
Betitelung, die eigentlich nur dem Adel zustand.
    Lübeck war zwischen 1300 und 1500 ein idealer Handelsplatz. Man kann ohne
Übertreibung von einer Seefahrerstadt sprechen, der es aber nicht um die
Entdeckung neuer Länder oder Kontinente, sondern um den Umschlag von Waren
ging. Bereits im 12. Jh. verbanden sich die Kaufleute zu einer Gemeinschaft,
um zusammen zu anderen Handelsplätzen zu reisen. Sie nutzten die strategisch
perfekte Lage Lübecks und schlossen sich nach und nach mit etwa 200 Städten
zur sog. Hanse zusammen (u. a. sogar mit Köln und Frankfurt). 1356 trafen
sich die Vertreter der Hansestädte erstmals in Lübeck.
    Das Ziel der neu gegründeten Hanse war klar: Der freie Handel sollte
gefördert werden, und zwar von der niederländischen Rheinmündung und dem
Zuidersee (dem heutigen Ijsselmeer) über die Nord- und Ostsee bis zum
Finnischen Meerbusen. 1418 erhielt Lübeck erneut den Vorsitz als Haupt der
Hanse („caput hanze“) und rief durchschnittlich jedes dritte Jahr zumHansetag, um politische
(z. B. Schutz vor Piraten oder kriegerische Auseinandersetzungen), rechtliche
(z. B. Schlichtung bei Streitigkeiten) und – natürlich – ökonomische
Belange zu regeln. Bald stand die Stadt auf Augenhöhe mit Venedig, Rom,
Florenz oder Pisa. In diese Epoche fällt auch der schrittweise Ausbau der
Holstentorbefestigung (→ Spaziergang 1) mit ihren äußeren und inneren
Trutzbauten, den Wällen, der Trave, einem Stadtgraben und einem dritten,
ebenfalls künstlich angelegten Gewässer.
    Sinnbild für den Niedergang der Hanse …
    In ihrer größten Ausdehnung umfasste die Hanse einen Handelsraum von
6 Mio. km². Zur Lagerung und zum Weiterverkauf der Waren gab es Kontore in
Nowgorod, Bergen, Brügge, und London sowie zahlreiche Faktoreien von Litauen
bis Portugal. Das alles wäre ohne einen technischen Fortschritt nicht so
leicht möglich gewesen: Die wendigeKogge, 20–30 m lang und
5–8 m breit, konnte erstaunliche 80–200 t laden und war damit allen
bisherigen Schiffstypen überlegen.
    Alle Macht half nichts: Nach einer 200-jährigen Blütezeit war der
Niedergang der Hanse und damit auch Lübecks nicht mehr aufzuhalten. Nach der
Entdeckung Amerikas verlor die Ostsee schrittweise an Bedeutung. Die
erstarkenden Territorialherren im In- und Ausland schränkten die Rechte ihrer
Städte ein, um selbst Handel zu treiben. Es wurde schwierig, ein gemeinsames
Ziel auf den Hansetagen zu finden. Die Niederlande und England stiegen zu neuen
(Ost-)Seemächten auf – und sogar Hamburg überflügelte ab 1600 das einstige
Oberhaupt. Beim Hansetag am 29. Mai 1669 löste sich dann unter Teilnahme der
letzten neun Mitglieder die Hanse auf – und besonders an Nebeltagen wirkt es,
als trauerten die Fassaden der Kaufmannshäuser diesem Umstand noch immer nach.
Wenigstens die Lübecker Gullydeckel zeigen ob ihrer großen Vergangenheit
mutig Flagge, wie man in der Königstraße/Aegidienstraße erkennen kann, wo
das Schiffssiegel von 1256 zu sehen ist.

Stadtgeschichte
Innere Unruhen, Pest und Reformation
    Trotz der erfolgreichen Zeiten kam es im 14. und 15. Jh. immer wieder zu Bürgerunruhen und Aufständen gegen den Rat. Ausgangspunkt waren häufig Steuererhöhungen, die die maßlos verschuldete und selbstgerecht handelnde „Stadtverwaltung“ den Handwerkern und Gewerbetreibenden aufbrummte – selbstverständlich ohne ihnen ein Mitspracherecht einzuräumen. 1384 formierten sich 30 Knochenhauer (Fleischer) und andere Verschwörer, um das Rathaus zu stürmen. Doch einer der Aufständischen hatte geplaudert. Man ergriff die Clique vor den Stadttoren und richtete 18 der vermeintlichen Attentäter hin. Dem gescheiterten Staatsstreich umHinrich Paternostermaker war bereits 1380 der Versuch vorausgegangen, mehr ständische Eigenverantwortung zu erlangen.
    Wütende Proteste gab es auch in den Jahren 1408–15, in denen man zähneknirschend Handwerker am Rat beteiligte, was zur Wahl von zwei sich bekämpfenden Räten führte und Lübeck zeitweise in die Reichsacht trieb.
    Ungefähr zeitgleich mit den inneren Unruhen kam diePest in die Stadt. Der Schwarze Tod, der in Europa etwa
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