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Luc - Fesseln der Vergangenheit

Luc - Fesseln der Vergangenheit

Titel: Luc - Fesseln der Vergangenheit
Autoren: Stefanie Ross
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Leute und er war vehement dagegen gewesen, dass sein Sohn ein entsprechendes Spielzeug erhielt. Durch Zufall war Jasmin auf einem Markt in Kunduz auf die Nachbildung eines Rettungshubschraubers gestoßen. Zusammen mit einem Bilderbuch, in dem kindgerecht dargestellt wurde, wie die Hubschrauberbesatzungen Bergsteiger und Seeleute retteten, war es das ideale Geschenk für den Jungen.
    »Er wird dich noch mehr vergöttern, Tante Jasmin. Vielleicht kann Bassam dich überzeugen, dieses Mal länger zu bleiben. Du weißt, wie sehr du uns willkommen bist, auch ohne das, was du mitbringst.« Er deutete mit dem Kopf auf ihren vollgeladenen Range Rover. »Dieses Mal wirst du nicht mit leeren Händen zurückkehren, sondern ich werde dir Geld überweisen können.« Als sie protestieren wollte, schüttelte er den Kopf. »Ich kenne deine Einwände. Es stammt nicht aus dem Mohnanbau und wird nicht zu uns zurückzuverfolgen sein. Lass uns beim Tee darüber reden.«
    Abwechselnd stießen seine Männer zu ihnen, aber das störte ihre entspannte Unterhaltung nicht. Sie plauderten zwanglos über ihre Familien und die Entwicklung des Dorfes. Einige Themen blieben absichtlich unberührt, aber Jasmin wollte auch gar nicht wissen, wieso Hamid zwei neue Fahrzeuge besaß, die an den Türen noch das Abzeichen der schwedischen Armee trugen, oder woher er wusste, dass sie unterwegs zu ihm gewesen war. Obwohl sie in so abgeschiedenen Gebieten lebten, standen die Taliban sowohl übers Internet als auch über Satellitentelefone miteinander in Verbindung, und Hamids Bruder Kalil war ein Technikfreak, der jeden Computer zum Laufen brachte und am liebsten den ganzen Tag im Internet verbracht hätte.
    Jasmin lachte gerade herzhaft über die ausgelassene Schilderung eines Streites zwischen Kalil und einer älteren, sehr traditionsbewussten Tante, als ein melodischer Ton sie unterbrach. Mit einem resignierten Lächeln zog Hamid ein Sat-Handy aus der Tasche seines Hemds. Seine gelöste Stimmung verschwand, während er dem Anrufer schweigend zuhörte. »Wir fahren sofort los. Sorg dafür, dass sie verschwunden sind, ehe wir eintreffen.«
    Mit einer Handbewegung befahl er seinen Männern, ihre Sachen zusammenzupacken. »Ich fahre deinen Wagen. Kalil meint, es eilt, und ich werde das Urteil meines Bruders nicht anzweifeln.«
    Jasmin würde nicht den Fehler begehen, in dieser Stimmung eine Diskussion mit ihm zu beginnen. Bereitwillig überließ sie ihm das Steuer ihres Range Rovers und klammerte sich wenig später an den Haltegriff, als er im Stile eines Rallyefahrers über die Piste jagte. »Verrätst du mir, was los ist?«
    »Ich weiß nichts Genaues. Kalil meinte nur, dass Warzai uns in eine Lage gebracht hat, in der wir nur verlieren können, und er braucht dich als Ärztin und er will dafür sorgen, dass Warzai und seine Männer verschwunden sind, wenn wir eintreffen.«
    »Verschärfe meinetwegen den Konflikt mit Warzai nicht noch mehr, Hamid. Das ist es nicht wert.«
    Trotz des unwegsamen Geländes bedachte er sie mit einem langen Seitenblick. »Ohne dich wäre mein Sohn tot und meine Frau vermutlich am Kummer über den Verlust gestorben. Und wie vielen von uns hast du noch das Leben gerettet, Jasmin? Aber es geht hierbei nicht nur um dich oder mich, sondern um Konflikte, die viel tiefer liegen und die unser Land weiter in den Abgrund reißen, wenn wir nichts dagegen tun . «
    Ohne das Tempo nennenswert zu drosseln, jagte Hamid den Geländewagen an den ersten Häusern vorbei. »Verbirg dein Gesicht und warte im Wagen. Warzai darf dich nicht sehen.« Er brachte den Wagen erst unmittelbar hinter einer Gruppe Männer zum Stehen. »Wenn etwas schiefgeht, nutze dein Gewehr.« Ohne ihr eine Möglichkeit zur Erwiderung zu geben, sprang er aus dem Wagen und schob die Männer, die ihre Ankunft teils besorgt, teils erfreut beobachtet hatten, kurzerhand zur Seite. Kurz erhaschte Jasmin einen Blick auf einen Mann, der bewegungslos am Boden lag, dann schloss sich die Menge hinter Hamid und sie musste an Moses denken, der angeblich das Meer für sein flüchtendes Volk geteilt hatte. Unauffällig tastete sie nach ihrem Gewehr und entsicherte es. Im Moment konnte sie nur abwarten, aber Hamids Warnung hatte verdammt ernst geklungen. Weder Frauen noch Kinder zeigten sich im Freien, ein sicheres Anzeichen der drohenden Gefahr. Kühl kalkulierte sie ihre Chancen, falls jemand auf die Idee kam, sie aus dem Wagen zu zerren: verschwindend gering. Das Stimmengewirr war zu
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