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London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
Autoren: Oliver Harris
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nicht wieder zum Psychologen. Er fragte sich, worüber sie diesmal reden würden. »Ich brauche einen Tapetenwechsel«, sagte Belsey. »Ich glaube, den habe ich dringend nötig.«
    Der Chief schüttelte den Kopf, nicht ablehnend, sondern so, als habe Belsey die falsche Seite im Drehbuch aufge schlagen.
    »Über irgendetwas ist Northwood ganz und gar nicht glücklich. Er hat ein Gespräch angesetzt – worum es genau geht, weiß ich nicht, aber es betrifft Sie. Vorher muss ich genau wissen, was Sie getan haben.«
    Was hatte er getan? Den Mann an der Spitze, Chief Super Northwood, unwiderruflich verärgert, den Mann, der den Stadtbezirk Camden als Sprungbrett für höhere Ämter be nutzte, den Mann, dessen umfassende Macht nach Meinung Belseys mehr auf Drohungen und Gefälligkeiten als auf effizienter Polizeiarbeit beruhte.
    »Bei allem Respekt, Sir, ich scheiß auf Northwood.«
    Gower öffnete eine Schublade seines Schreibtischs, legte ein Formular hinein und holte ein anderes heraus.
    »Nein, Belsey, wir werden nicht auf Northwood scheißen und auch sonst auf niemanden. Sie sind nicht mehr in Southwark.«
    »Ich war seit fünf Jahren nicht mehr in Southwark.«
    »Sie wissen, was ich meine.«
    Southwark war sein erster Einsatzort als Constable gewesen, dort hatte er seine ersten Jahre im CID verbracht. Er bemühte sich, die Erinnerungen daran auf Distanz zu halten: alle, aber vor allem die guten.
    »Ich werde dafür plädieren, Ihnen eine Auszeit zu gewähren«, sagte der Inspector. »Unabhängig davon, wie sich die Angelegenheit entwickelt.«
    »Ich will keine Auszeit.«
    Gower nahm die Kappe von seinem Stift und begann, das Formular auszufüllen. Die Polizei verfügte über Formulare für jede Eventualität. Belsey musste für Mr Devereux ein Formular ausfüllen. Ein ziemlich stattliches Haus, aus dem er sich in die Anonymität abgemeldet hatte. Was hatte Devereux an seinem Leben vermisst? Vielleicht hatte er gerade einen Haufen Geld gescheffelt und sich einfach ausgeklinkt – Job erledigt. Belsey betrachtete die Fotografien der Sumpfvögel an den Wänden. Er stellte sich vor, wie Gower in Militäruniform an einer Straßensperre in County Armagh stand und die Vögel beobachtete. Schließlich steckte Gower die Kappe wieder auf den Stift.
    »Es hat mich zehn Jahre gekostet, dieses Revier auf Vordermann zu bringen. Ich werde nicht zulassen, dass ein einzelner Mann und seine Krise das wieder kaputt machen.«
    »Was meinen Sie mit Krise?«
    »Das hier ist kein Spiel.«
    »Mich würde nur interessieren, was Sie mit dem Wort ›Krise‹ meinen?«
    »Niemand bezweifelt, dass Sie ein guter Polizist sind, Nick. So gut, wie Sie meinen, sind Sie aber auch nicht. Sie sind kein ganzes Polizeirevier wert.«
    »Das habe ich nie gemeint«, sagte Belsey. Gower überflog noch einmal das Formular und reichte es dann Belsey. Er unterschrieb, ohne einen Blick darauf zu werfen.
    »Was lesen Sie da?« Gower nickte zu dem Buch, das aus Belseys Jackentasche schaute.
    »Der Goldene Zweig .«
    »Wovon handelt es?«
    »Von den heidnischen Wurzeln der Christenheit, von Volks kultur, von Mythen.«
    »Also nichts mit Vögeln.«
    »Vögel spielen auch eine Rolle. Vogelkulte.«
    »Vogelkulte.« Der Inspector seufzte. »Das erste Gespräch ist morgen. Man wird Ihnen einen Rechtsvertreter zur Seite stellen. Ich möchte Sie bitten, bis dahin schriftlich darzulegen, was passiert ist.«
    »Ab wann?«
    »Als die Schwierigkeiten anfingen.«
    Belsey lachte. Ja, dachte er. Wo meine Redlichkeit aufhört, bin ich blind. Gower hatte recht. Er sollte die Reise auf schreiben, die ihn bis hierher geführt hatte. Der verschwenderische Urlaub auf Zypern, die Kneipenrechnung über siebenhundert Pfund, die grauenhafte Wette auf die Play-offs der letzten Saison in der League One. Oder den ersten Pfändungsbeschluss, verfasst in dieser archaischen Sprache über Hab und Gut, als irgendwer irgendwo mit Schadensbegrenzung angefangen hat. Darüber würde er schreiben: seinen Edelmut, mit dem er ein letztes Darlehen aufnahm, um die Frau, die ihn verlassen hatte, auszubezahlen und gegen eine Pfändung des Hauses abzusichern, das für kurze Zeit ihr Heim gewesen war. Vielleicht sollte er mit seiner ersten Nacht als Constable anfangen, als er an den berüchtigten Sozialbauten von Aylesbury hinaufgeschaut hatte, deren erleuchtete Fenster sich gegen den weiten, sternenlosen Himmel abhoben. Wie viel Gower davon wohl hören wollte?
    Der Inspector schob seinen Stuhl zurück. »Das
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