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London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
Autoren: Oliver Harris
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außergewöhnlicher Tag war. Die tief stehende Wintersonne verlieh allem scharfe Konturen. Ein hemdsärmeliger Mann sperrte eine Apotheke auf. Ein Straßenkehrer schlurfte fegend Richtung U-Bahnhof Belsize Park. Banker und Geschäftsleute hasteten vorbei. Aus Ge wohnheit fragte sich Belsey, ob er seine Kreditkarten sperren lassen sollte. Aber die Karten hatten sich vor ein paar Tagen schon selbst gesperrt. Sein altes Leben war nicht mehr zu retten. Es kam ihm vor, als wäre er ohne die Karten auch seine Schulden los, und ohne die Schulden könnte er abhauen, wohin er wollte.
    Ruhe bewahren, das war jetzt wichtig.
    Belsey strich die Liste mit den abzuarbeitenden Vorkomm nissen glatt, die auf seinem Schreibtisch lag. Sein Plan nahm Gestalt an. Die Leitstelle hatte neben der Meldung mit der vermissten Person das Wort »Wichtig!« notiert. Das hieß: Sie wollten, dass da jemand vorbeischaute – auch wenn vermisste Erwachsene nicht Sache der Polizei waren. Der Grund war wahrscheinlich die Adresse. Die Bishops Avenue war die teuerste Straße in ihrem Zuständigkeitsbereich und deshalb eine der teuersten der Welt. Niemand tat so, als sei ein verschwundener Reicher das Gleiche wie ein verschwundener Armer.
    Er legte eine Nachricht auf den Schreibtisch des Sergeants. »Überprüfung des Vermissten, Belsey.« Dann quittierte er für die Schlüssel eines Zivilwagens, ging nach unten, vergewisserte sich, dass genug Benzin im Tank war, und setzte rückwärts in die Downshire Hill.

3
    Er fuhr in gleichmäßigem Tempo. Gelegentlich kam ihm ein Land Rover mit halb geöffneten, getönten Scheiben entgegen. Pendler, die ihre brennenden Zigaretten aus dem Fenster hielten. Noch war der Verkehr fließend, der schlimmste Ansturm auf die Schulen würde erst in einer halben Stunde einsetzen. Belsey fuhr Richtung Whitestone Pond, vorbei an frühmorgendlichen Joggern und am Spaniard’s Inn, und bog dann links ab in die privilegierte Abgeschiedenheit der Bishops Avenue.
    Frei stehende Villen, jede eine Klasse für sich in Sachen Hochsicherheitskitsch, säumten die breite Straße. Sie war auf einem Kilometer Länge das eingezäunte Zuhause von Scheichs, Prinzen und Magnaten und führte vom Heath bis zu einem trostlosen Abschnitt der A1. Eine Welt für sich, rätselhaft und abgeschieden vom Rest der Welt. In der Einfahrt von Nummer siebenunddreißig stand eine Frau mit schwarzer Jacke über der rosa Uniform einer Reinigungsfirma. Sie hatte blonde Haare, war blass und paffte hektisch eine Zigarette. Hinter ihr ragte in stupidem, protzigem Pomp das Haus auf: zwei Stockwerke aus neuem rotem Backstein, mit weißen Fenstersimsen und weißen Säulen, die eine schwarze Hochglanztür flankierten. Winzige Bäume in schwarzen Kübeln bewachten die Vorderseite. In der Mitte der Auffahrt, die in einem Halbkreis zum Haus führte, stand eine weiße Fahnenstange ohne Fahne. Ein rosa Kiesweg führte zur Rückseite des Anwesens.
    Die Frau schaute auf seine Verletzungen und dann auf seine Polizeimarke und hielt sich an Letzteres.
    »Ich hab nichts angerührt.« Sie sprach mit polnischem Akzent, während aus einem Mundwinkel Zigarettenrauch aufstieg.
    »Wie heißen Sie?«, fragte Belsey.
    »Kristina.«
    »Und Sie sind die Putzfrau des Vermissten?«
    »Ja.«
    Er ging an ihr vorbei auf das Haus zu. »Ist sonst noch jemand da?«
    »Nein.«
    Belsey schaute zu den geschlossenen Fensterläden. Er ging die vier glatten Steinstufen hoch, aber die Frau rührte sich nicht von der Stelle.
    »Wohnt er allein hier?«
    »Ja.«
    »Ist die Alarmanlage ausgeschaltet?«
    »Ja.«
    »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«, fragte Belsey.
    »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
    »Noch nie?«
    »Nein.«
    »Woher wissen Sie dann, dass er verschwunden ist?«
    »Er hat eine Nachricht dagelassen.«
    Belsey drückte gegen die Tür. Die Eingangshalle war so groß wie eine kleine Kirche. Der Boden war aus Marmor, an der Decke hing ein Kronleuchter. Zu beiden Seiten eines ho hen Springbrunnens ohne Wasser führten zwei geschwungene Treppen mit roten Läufern nach oben. Belsey ging hinein. Sein angeschlagenes Äußeres erschien in Spiegeln mit verschnörkelten Rahmen. Belsey ging auf der roten Treppe in den ersten Stock, schaute in drei Schlafzimmer mit weißen Teppichböden und Zierkissen und in ein Bad mit Steinwaschbecken, Whirlpool und Seifenschalen, die wie gol dene Muscheln aussahen. Er fand Waschlotionen, die aus japanischem Seegras hergestellt waren, und Handtuchrollen, die von silbernen
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