Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
Autoren: Oliver Harris
Vom Netzwerk:
Supermarkteingängen gingen ihm durch den Kopf wie eine Bilderfolge, die er schon seit seiner Kindheit kannte: die Winkel der Stadttopographie, in die sich ein Mann zurückziehen konnte, ohne verscheucht zu werden.
    Das Essen kam: Hähnchenflügel, Knoblauchbrot, Cock tailwürstchen, Kartoffelspalten, Nachos, Sour Cream und Barbecuesoße. Er aß gleichmäßig.
    Es blieb ihm natürlich immer noch der Irak. Simon Nickels, ein alter Bekannter aus der Polizeischule, hatte Belsey schon zu überreden versucht. Er arbeitete für einen privaten Sicherheitsdienst in Bagdad. Der Anruf war aus heiterem Himmel gekommen:
    »Gelage im Polizeiclub. Alles auf mich. Nur die alten Jungs.«
    Wer waren die alten Jungs, hatte Belsey sich gefragt. Als er eintraf, stand Simon allein an der Bar. Er hatte sich einen Schnurrbart stehen lassen. Belsey erinnerte sich verschwommen daran, dass Simon mal auf einer Party im Bad umgekippt war.
    »Mach das«, sagte Simon. »Immer Sonne und drei Pools zur Auswahl.«
    »Drei, tatsächlich?«
    »Ausbildung an der Waffe kriegst du von uns. Die Ausrüstung da drüben, göttlich. Nur vom Feinsten.«
    »Nicht sehr verlockend.«
    »Golfplatz, Kino, alles, was du willst.«
    »Golfplatz und Kino hab ich in Finchley auch.«
    Nickels wischte sich den Schaum vom Schnurrbart. Wo sein Ehering gesteckt hatte, war ein blasser Streifen am Ringfinger.
    »Verdienst wie ein City-Banker. Du spielst ein bisschen Squash, hältst dich in Form, passt auf, dass du nicht zu viel säufst, und ein paar Jahre später ist deine Hypothek abbezahlt und du kannst deinen Kindern die Uni finanzieren.«
    »Ich hab keine Kinder.«
    »Kann ja noch kommen.«
    »Ich hab gehört, dass mehr amerikanische Soldaten durch Selbstmord draufgehen als im Einsatz«, sagte Belsey.
    »Alles Geschwätz.«
    »Wen fragst du noch, solange du hier bist?«
    »Niemanden«, sagte er. »Nur dich.«
    Das war vor drei Wochen gewesen.
    Das Barmädchen fing an, die Tische abzuräumen. Belsey schaute zum Spielautomaten. Das kleine Mahnmal des Glücks in jedem Pub. Des vermeintlichen Glücks und seiner trügeri schen Verheißungen. Er studierte das Spiel und das Fabri kat. Belsey nahm ein Pfund aus dem Trinkgeldschälchen und dachte kurz daran, Simon anzurufen. Stattdessen steckte er das Geld in den Spielautomaten und verlor.
    Um halb neun war er im North Star, einem kleinen, nüchternen Pub mit Flachbildschirmen über dem viktorianischen Pipapo. Belsey schaute sich die Nachrichten an. Vor ihm stand einer der Stammalkoholiker – Anzugträger und Feierabendtrinker – und redete über Analsex und Derivate. Auf dem Bildschirm kletterte ein junger dunkelhäutiger Mann in Zeitlupe über einen Maschendrahtzahn. Als der Geschäftsmann aufhörte, Runden zu schmeißen, wechselte Belsey ins Ye Olde Swiss Cottage.
    »War ich gestern Abend hier?«, fragte er.
    »Und ob.«
    »Hab ich mein Handy liegen lassen?«
    »Nein.«
    Das Cottage war einem Schweizer Chalet nachempfunden und stand mitten zwischen sechs Fahrspuren, auf denen sich übellauniger Verkehr wälzte. Nur wenige wagten sich über die Kreuzung, um sich an dem griesgrämigen alpinen Charme des Pubs zu erfreuen. Aber es hatte einen Nebenraum mit einem guten Pooltisch. Belsey spielte zwei Frames, verlor beide und ging wieder, als sich eine Schlägerei anbahnte. Dann das Adelaide und das Enterprise. Irgendwann platzte er in eine Geburtstagsfeier im Camden Holiday Inn. Es gefiel ihm dort. Dann stand er wieder vor der Tür. Alles lief bestens. Er stieg mit Anmut die Leiter hinunter, bis er über das Neptune und das Cobden Arms in der Sports Bar landete, deren ungeschlachte Karaokedarbietungen es mit jeder griechischen Tragödie aufnehmen konnten.
    »Wie wär’s mit einem Lied, Nick?«
    »Heute nicht.«
    »Darf ich dir eine Freundin vorstellen. Anne, Nick ist Detective.«
    »Ein Detective!«
    »Nicht mehr lange.«
    »Ich wollte schon immer einen Detective kennenlernen.«
    »Lange werde ich nicht mehr …«
    Trotzdem war er gut drauf. Er bog in Hampsteads Seiten straßen ein, eine gediegene Welt, wie aus einer Werbean zeige; die Häuser klobige Schmuckstücke mit rustikalen Tischen hinter Souterrainfenstern. Der Heath lag immer wie ein Schatten neben ihm. Und dann durchquerte er wieder den vorzeitlichen Morast des Heath und ging zwischen Bäumen hindurch, die ihm irgendwie vertraut erschienen, wie die Geister von tausend alten Freunden.
    Er hatte schon den halben Weg zur Bishops Avenue zurückgelegt, als ihm bewusst wurde,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher