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Löwe gut - alles gut

Löwe gut - alles gut

Titel: Löwe gut - alles gut
Autoren: Max Kruse
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konnte den Irrtum aber nicht mehr aufklären, denn nun stieg der Teppich empor. Der Sultan hatte in die Hände geklatscht und ihre Flächen dreimal gegeneinander gerieben. Ohne dieses Zeichen ist der Teppich bekanntlich nur ein ganz gewöhnliches Stück, das womöglich jahrzehntelang in einer Wohnstube liegt und unansehnlich wird.
    Man sollte es deshalb an jedem Teppich einmal ausprobieren, falls man keine so große Abneigung gegen den Teppichflug hat wie das Kamel, das im Augenblick nur hoffte, dies würde der letzte Flug seines Lebens — wohlgemerkt, nach der glücklichen Ankunft daheim!
    Nenekiki, Nenemama und Nenepapa winkten, bis das eigenartige Luftfahrzeug mit seiner seltsamen Besatzung verschwunden war wie ein vom Himmel wegradierter Punkt. »Hoffentlich kommt Ka auch wirklich zurück!« sagte Nenekiki leise. »Ich glaube schon, daß er es vorhat. Und Löwe und der Sultan wollen ja auch wieder nach Hause kommen. Aber wenn sie mit den Teufeln der Weltmeere kämpfen... Wer kann sagen, wie das ausgeht!«
    »Gut wird es ausgehen!« tröstete sie Nenepapa. »Du weißt doch: Löwe gut — alles gut! — Aber komm jetzt, hilf uns Datteln pflücken!«

Ein anderes Gedicht

    Ka war sehr vergnügt. Der kühle Wind, der heute wehte, pustete ihm unter die Federn, und das erzeugte ein angenehmes Kribbeln. Er saß auf des Sultans Schulter, und sein Gefieder leuchtete wie frisch lackiert. Eben war ihm wieder ein Gedicht eingefallen, sogar ein ganz langes:

    » Wir fliegen nach Sultanien,
    da flattern alle Fahnien!
    Es kommt der Ka, der Kakadu,
    ihm jubeln alle Leute zu.
    Hurra! Hurra! Da kommt er ja,
    hurra, der wunderbare Ka!«

    Das Kamel schaute ihn grübelnd an. Irgend etwas mißfiel ihm an diesem Gesang. Und der Sultan sagte: »Sehr schön. Aber nicht ganz richtig. Denn erstens heißt es Fahnen...«
    »Aber es heißt nicht Sultanen!« widersprach Ka, in seiner Dichter-Eitelkeit gekränkt.
    »...und zweitens fliegen wir im Augenblick nicht nach Sultanien.«
    »Ich höre wohl nicht recht? Hast du deine Pantoffeln auf der Kakadu-Insel vergessen?« Das Kamel riß erschrocken die Augen auf.
    »Ich habe nichts vergessen. Sondern ich habe mir überlegt, daß es gescheiter ist, zuerst ein ernstes Wort mit den Teufeln der Weltmeere zu reden. Jetzt sind wir einmal in ihrer Nähe. Vielleicht habe ich Erfolg, dann können wir es uns daheim gemütlich machen. Und wenn nicht, so muß ich ihnen wenigstens zuerst den Fehdehandschuh hinwerfen!«
    »Du hast aber gar keine Handschuhe an!« rief Ka.
    »Ach, du dummer Ka! Den Fehdehandschuh hinwerfen bedeutet, eine Kriegserklärung machen. Man zieht nicht gegen jemanden in den Kampf, der gar nichts davon ahnt! Das finde ich jedenfalls. Was meinst du, Löwe?«
    Löwe meinte, daß er kaum glaube, man könne die Teufel der Weltmeere mit Anstand besiegen. Und das Kamel war sehr empört, gegen seinen ausdrücklichen Wunsch zu den Seeräubern mitgeschleppt zu werden. Aber da Löwe gerade die hohen Maste mit dem feuerroten Segel erblickte, kamen alle Einwände zu spät.
    Unaufhaltsam näherte sich der fliegende Teppich auf nichts als Luft dem Schiff, das den Namen »Hölle« führte.

Der Gelbe, der Grüne, der Rote

    Es war ein besonders windiger Tag. Oder wurde es etwa noch windiger in der Nähe der Teufel, die die See unsicher machten? Erzeugten sie etwa ihren eigenen höllischen Sturm?
    Der Bug ihres Schiffes jedenfalls durchschnitt die Wellen wie eine Säbelklinge. Er tanzte auf und nieder, und die Mastspitzen neigten sich hinüber und herüber. Die Planken krachten, ächzten und stöhnten, und die Wellen überschäumten das Deck.
    Trotzdem waren alle Segel gesetzt. Sie bauschten sich wie prall aufgeblasene Backen.
    Nur drei Mann waren an Bord. Einer führte das Steuerruder, ein anderer hockte neben ihm auf einer Kiste, die Beine lang von sich gestreckt, und der dritte lehnte gemütlich am Mast und rauchte Pfeife. Sie schienen die wilde See überhaupt nicht zu bemerken.
    Sie trugen alle die gleichen großen Wasserstiefel, in denen die Beine mitsamt den Oberschenkeln steckten wie in zu großen Futteralen. Eines ihrer Augen war unter einer breiten Binde verborgen, und auf dem Kopf hatten sie mächtige Schlapphüte, die unter dem Kinn festgebunden waren, damit sie nicht davonflogen.
    So funkelten sie einäugig-aufrührerisch in die wogende See.
    Obwohl sie aber scheinbar gleich angezogen waren, konnte man sie doch recht gut auseinanderhalten. Der Steuermann trug eine rote Binde, der auf der
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