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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition)
Autoren: Julia Kaufhold
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Dahl ist aufgestanden, »der Name WalkThirty-Six spielt auf dreierlei an. Zum einen dauert der Walk – wir verwenden den Ausdruck ›Walk‹ statt ›Wanderung‹, das klingt flotter und zugleich weniger anstrengend –, also, der Walk dauert exakt sechsunddreißig Stunden. Wir walken einen Tag, eine Nacht und noch einen Tag. Zum anderen lassen wir exakt sechsunddreißig Teilnehmer zu, die alle – und das ist die dritte Thirty-Six-Anspielung«, er macht eine Kunstpause und sieht mich schon einmal prophylaktisch erwartungsvoll an, »die alle nicht älter als sechsunddreißig sind.«
    »Brillant«, sage ich. »Da hat die Marketingabteilung ja ganze Arbeit geleistet.«
    »Ja, nicht wahr.« Er strahlt. Jetzt walkt er strammen Schrittes auf und ab, ich schaue wie bei einem Tennisspiel von links nach rechts und von rechts nach links und trinke einen großen Schluck Wein. Ganz schön flink für einen sicherlich schon über fünfzigjährigen Brillenträger mit leichter Tendenz zum Übergewicht, vor allem in der Bauchregion. Gut, was die Brille damit zu tun hat, weiß ich jetzt auch nicht so genau …
    »Wir planen einen Testlauf des Walks, für ausgewählte Journalisten. Alles ganz exklusiv.« Er schaut mir direkt in die Augen.
    Mein Handy klingelt.
    »Sie entschuldigen mich für einen Moment ?« Ich drehe mich im Sessel ein wenig zur Seite.
    »Hey Rosalie«, flüstere ich.
    »Anna, tut mir leid, dass ich dich bei der Arbeit störe. Ich wollte nur fragen, ob du heute Abend schon wieder in Hamburg bist ?«
    »Ich komm so gegen neun am Hauptbahnhof an. Wieso ?«
    »Hast du Lust, dann noch im Rosalies vorbeizukommen ? Peter und ich hatten die Idee, heute gratis Fingerfood zu servieren.«
    »Oh, lecker«, flüstere ich und füge mit lauterer Stimme hinzu: »Zwecks Kundenbindung, verstehe.« Ich nicke Herrn Dahl mit ernster Miene zu.
    »Wir würden dir von allem etwas zurücklegen. Kleine Spieße mit Gambas, Tomaten mit Büffelmozzarella …«
    »Ich werde selbstverständlich kommen.« Mit einem Lächeln beende ich das Gespräch und sehe Herrn Dahl mit zur Seite geneigtem Kopf erwartungsvoll an. Er räuspert sich.
    »Wo war ich stehengeblieben. Ach ja, wir laden renommierte Journalisten ein, außerdem einige zusätzliche Teilnehmer, die sich auf unserer Homepage bewerben können.« Er macht eine Art Ausfallschritt. »Junge erfolgreiche Stadtmenschen, die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit haben. Die ihr Leben in der Stadt genießen, sich aber immer mal wieder kleine Fluchten suchen. Sich eins fühlen wollen mit der Natur. Die sich übrigens auch bestens für ein anschließendes Interview eignen. Und an denen man, also Sie als Journalistin, wunderbar eine Reportage aufziehen könnte. Ich sehe die Titelzeile schon vor mir.« Er zeichnet mit der Hand einen langen Strich in die Luft.Dann hält er inne und lässt seinen Arm ruckartig sinken, sodass ich mich unwillkürlich ducke. »Na, ich will nicht vorgreifen.«
    Ich packe mir eine Handvoll Salzstangen und beiße dem ganzen Bündel den Kopf ab. Rosalie sagt, der inoffizielle Weltrekord im Salzstangenwettessen liegt bei zwanzig Stück in der Minute, ohne zwischendurch etwas zu trinken. Wäre doch gelacht, wenn ich da nicht locker drüber käme.
    Herr Dahl ist vor mir stehen geblieben, und zwischen uns wabert sein unausgesprochenes »Und ?« im Raum. Ich bin mir sicher, er erwartet Begeisterungsorkane, und ich würde ja auch gerne etwas Entsprechendes sagen, aber mit vollem Mund: unmöglich. Entschuldigend zeige ich auf meine prall gefüllten Hamsterbacken, kaue fleißig und befördere den Brei schließlich mit einem Schluck Wein in meinen Magen. Den Zungen-Zahnstocher-Einsatz verkneife ich mir ebenso wie das Gurgeln mit Wein und sage mit salzstangenbreiigen Zähnen durch kaum geöffnete Lippen: »Klingt gut. Also, das Konzept, dieser Walk. Das kann man bestimmt gut in den Medien platzieren. Sehr einfallsreich. Toll !«
    Mit zufriedenem Gesicht setzt sich Herr Dahl wieder in Bewegung, spaziert von links nach rechts und von rechts nach links.
    »Und das ist noch nicht alles ! Kein einfacher Walk, sondern jede Menge Action am Wegesrand, damit es nicht langweilig wird. Die Teilnehmer sind schließlich in ihrem Alltag an Schnelligkeit gewöhnt. Schlag auf Schlag, eine Eventstation jagt die nächste, sechsunddreißig Stunden lang. Dazwischen bleibt natürlich auch immer Zeit für ein, nennen wir es mal: eher meditatives Walken. In Viertelstundenslots eingeteilt und unter Anleitung. Wir
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