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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut
Autoren: Jude Deveraux
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einem Streik gegen die Hopfenzüchter bewegen könnten. Und da sich diese Leute natürlich zuerst auf die Caulden-Ranch stürzen würden, argwöhnte der Gouverneur, daß es dort auch zu den ersten Unruhen käme.
    Taylor ignorierte J. Harkers finsteren Blick und fuhr fort, sich dieses Thema durch den Kopf gehen zu lassen. In diesem Jahr waren die Hopfenpreise auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt, und die Caulden-Ranch würde viel unternehmen müssen, um die Substanz zu erhalten. Und das würde zweifellos zusammen mit diesen verrückten Arbeiterführern Probleme schaffen. Doch mit diesen Leuten konnte man durchaus fertig werden. Spendete J. Harker nicht genügend Geld für vielerlei gute Zwecke in Kingman, um Anspruch auf ein bißchen Schutz durch den Sheriff und dessen Gehilfen erheben zu können? Ja, diese Arbeiterführer konnte man durchaus in ihre Schranken weisen.
    Es war der zweite Teil des Gouverneursbriefes, der Taylor Sorgen bereitete und der zweifellos J. Harker so in Rage gebracht hatte. Der Gouverneur wollte einen Hochschulprofessor — einen Mann, den er gerade zum stellvertretenden Staatssekretär für Einwanderer und Wanderarbeiter ernannt hatte — in der Absicht zu ihm schicken, daß dieser sich des Problems annehmen und Unruhen möglicherweise verhindern sollte. Das hätte man wohl in Kauf genommen, wenn dieser Mann ein Dummkopf gewesen wäre; aber irgendwie bezweifelte Taylor, daß dies der Fall war. Der stellvertretende Staatssekretär war Doktor der Nationalökonomie von der Universität Heidelberg in Deutschland und hatte sicherlich in den letzten vierzig Jahren seines Lebens Laborprobleme studiert und war nie weiter als zwei Meilen von seinen Seminarräumen entfernt gewesen. Zweifellos stand er ganz auf der Seite der Arbeiter und hatte niemals einen Gedanken an die Probleme der Ranchbesitzer verschwendet - nie an die enormen Kosten gedacht, die mit dem Anbau von Hopfen verbunden waren. Er erwartete selbstredend, daß die »reichen« Besitzer den »hungernden« Hopfenpflückern exorbitante Löhne zahlten.
    Taylor sah zu J. Harker auf. »Lade den Mann hierher ein«, sagte er.
    »Hierher? Nach Kingman?« J. Harkers Gesicht lief kirschrot an. Ihm ging es gegen den Strich, daß die Regierung ihm sagte, wie er seine Ranch zu führen hatte. Das war sein Land, oder etwa nicht? Und die Pflücker waren freie Leute, oder etwa nicht? Wenn ihnen nicht gefiel, was hier geschah, dann konnten sie ja wieder gehen, aber der Gouverneur schien zu glauben, er habe ein Recht dazu, J. Harker vorzuschreiben, wie er seinen Besitz zu verwalten hatte.
    »Nein«, sagte Taylor, »ich meine, lade ihn in dieses Haus ein.« Ehe Harker protestieren konnte, fuhr Taylor fort: »Denke doch nach. Er ist ein armer Hochschulprofessor, verdient vielleicht zweitausendfünfhundert, höchstens dreitausend im Jahr. Ich bezweifle, daß er jemals so eine Ranch wie diese gesehen oder so ein Haus wie dieses betreten hat. Hole ihn jetzt her - Wochen vor der Ankunft der Pflücker -und zeige ihm, daß wir keine Unmenschen sind. Zeige ihm . . .« Er unterbrach sich, um seinen Blick auf Amanda zu richten, die gerade die Hand nach dem Marmeladeglas ausstreckte. »Nein«, sagte er nur, und Amanda zog ihre Hand schuldbewußt wieder zurück.
    »Ein Hochschulprofessor?« warf J. Harker ein. »Wer soll sich denn um den alten Knaben kümmern? Jetzt, da der Hopfen fast reif ist, bleibt mir keine freie Minute, und ich brauche dich für . . .«
    »Amanda«, sagte Taylor, daß diese zusammenschreckte.
    Sie hatte nur mit einem Ohr zugehört, da sie nicht in das Gespräch einbezogen war, und nun hatte sie Taylor beim Träumen ertappt.
    »Amanda wird sich um ihn kümmern«, eröffnete Taylor. »Sie soll mit ihm eine Reihe von ökonomischen Aspekten erörtern, und wenn sie nicht genug weiß, kann er sie ja unterrichten. Sie kann ihm auch Kingman zeigen. Das kannst du doch, nicht wahr, Amanda?«
    Taylor und ihr Vater starrten sie nun mit der Intensität hungriger Habichte an, die ein Kaninchen über ein offenes Feld hoppeln sehen. Dies waren die beiden Menschen, denen sie die meiste Freude bereiten wollte, doch sie wußte, daß sie mit Fremden nicht sonderlich gut umgehen konnte. Sie traf nur selten mit anderen Leuten zusammen — Begegnungen mit Fremden waren auf ihren Stundenplänen kaum vorgesehen und wenn sie mit anderen Menschen zusammenkam, wußte sie nicht, was sie mit ihnen reden sollte. Diese Leute wollten offenbar nicht mit ihr erörtern, warum der Nil
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