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Lob der Stiefmutter

Lob der Stiefmutter

Titel: Lob der Stiefmutter
Autoren: Mario Vargas Llosa
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möglich, er hatte es andere Male schon zuwege gebracht, und auch Lukrezia fand ihren Spaß daran, zumindest als einleitendes Vorspiel. »Laß mich deine Brüste hören«, würde er raunen. Er würde zunächst die eine, dann die andere Brustwarze seiner Frau liebevoll in die überempfindliche Grotte seiner Ohren betten – sie paßten ineinander wie ein Fuß in einen Mokassin – und ihnen mitgeschlossenen Augen lauschen, ehrfurchtsvoll und ekstatisch, konzentriert wie bei der Wandlung, bis er hörte, daß in die erdfarbene Rauheit jeder Knospe aus unterirdischen fleischlichen Tiefen gewisse erstickte Kadenzen emporstiegen, vielleicht der Atem ihrer aufgehenden Poren, vielleicht die Hitze ihres von der Erregung in Wallung geratenen Blutes.
    Jetzt entfernte er die haarigen Abscheulichkeiten seines rechten Ohrs. Plötzlich entdeckte er einen Fremdling: das einsame Härchen hielt sich schmachvoll in der Mitte des wohlgeformten Ohrläppchens. Er riß es mit einem leichten Ruck heraus, und bevor er es ins Waschbecken warf, damit das Wasser der Rohrleitung es fortspülte, examinierte er es mit Verdruß. Würden in den kommenden Jahren immer wieder neue Haare in seinen großen Ohren wachsen? Auf jeden Fall würde er niemals aufgeben; noch auf seinem Totenbett würde er sie weiter vernichten (oder vielmehr beschneiden?), wenn ihm Kräfte blieben. Später jedoch, wenn sein Körper ohne Leben wäre, könnten diese ungebetenen Gäste nach Lust und Laune sprießen, wachsen, seinen Leichnam entstellen. Das gleiche würde mit seinen Nägeln geschehen. Don Rigoberto sagte sich, daß diese deprimierende Aussicht ein unwiderlegbares Argument für die Feuerbestattung sei. Ja, das Feuer würde die postume Unvollkommenheit verhindern. Die Flammen würden ihn im Zustand der Vollkommenheit verzehren und den Würmern ein Schnippchen schlagen. Dieser Gedanke erleichterte ihn.

    Während er kleine Wattekügelchen um die Spitze der Haarnadel rollte und sie mit Seifenwasser befeuchtete, um das Innere des Ohrs von dem angesammelten Schmalz zu säubern, stellte er sich vor, was diese sauberen Trichter in wenigen Augenblicken zu hören bekämen, wenn sie von den Brüsten zum Bauchnabel seiner Frau hinabwanderten. Dort müßten sie sich nicht anstrengen, um Lukrezias heimliche Musik zu erhaschen, denn eine wahre Symphonie aus flüssigen und festen, langen und kurzen, undeutlichen und deutlichen Tönen würde ihm ihr untergründiges Leben offenbaren. Dankbar stellte er sich vor, mit welcher Rührung er durch die Organe, in denen er jetzt mit gewissenhafter Sorge herumstocherte, um sie von dem Fettfilm zu befreien, der sich in gewissen Zeitabständen in ihnen bildete, etwas von der verborgenen Existenz ihres Körpers wahrnehmen würde: Drüsen, Muskeln, Blutgefäße, Follikel, Membrane, Gewebe, Fasern, Röhren, Eileiter, diese ganze reiche und zarte biologische Orographie, die unter der glatten Haut von Lukrezias Bauch ruhte. ›Ich liebe alles an ihr, egal ob innen oder außen‹, dachte er. ›Denn alles an ihr ist erogen oder kann erogen sein.‹
    Er übertrieb nicht, ihn trug die Zärtlichkeit, die immer in ihm aufstieg, wenn Lukrezia in seine Phantasien einbrach. Nein, überhaupt nicht. Denn dank seiner nicht nachlassenden Hartnäckigkeit hatte er es geschafft, sich in das Ganze und in jeden einzelnen Teil seiner Frau zu verlieben, getrennt und als Gesamtheitalle Elemente dieses Zellenuniversums zu lieben. Er wußte, daß er fähig war, erotisch, nämlich mit einer raschen und kräftigen Erektion, auf den Reiz jedes seiner unzähligen Bestandteile zu reagieren, selbst auf den kleinsten, selbst auf den – für den gewöhnlichen Sterblichen – unvorstellbarsten und abstoßendsten. ›Hier ruht Don Rigoberto, der das Epigastrium seiner Frau ebenso liebte wie ihre Vulva oder ihre Zunge – das wäre ein rechtes Epitaph für den Marmor seines Grabes‹, philosophierte er. Würde dieser Grabspruch lügen? Nicht im mindesten. Er dachte daran, wie er sich in wenigen Augenblicken an den gedämpften, flüssigen Verlagerungen begeistern würde, die seine Ohren erhaschten, wenn sie sich begierig auf ihren weichen Magen drückten, und er hörte schon jetzt das anmutige Kollern dieser Blähungen, den fröhlich krachenden kleinen Furz, das Gurgeln und Gähnen der Vagina oder das matte Rekeln ihrer Eingeweideschlange. Und er hörte sich schon, blind vor Liebe und Wollust, die Sätze flüstern, mit denen er seiner Frau zu huldigen pflegte, während er sie
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