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Lob der Stiefmutter

Lob der Stiefmutter

Titel: Lob der Stiefmutter
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Härchen auf. Ihr war, als würden sich sämtliche Poren öffnen und begierig warten.
    »Fonchito hat dich im Nachthemd gesehen?« phantasierte die Stimme ihres Ehemannes erhitzt. »Du hast den Kleinen bestimmt auf schlimme Gedanken gebracht. Heute nacht wird er womöglich seinen ersten erotischen Traum haben.«
    Sie hörte ihn lachen, erregt, und fiel in sein Lachen ein. »Was sagst du da, Dummkopf.« Gleichzeitig tat sie, als wollte sie ihn schlagen, und ließ die linke Hand auf Don Rigobertos Bauch niederfallen. Aber was sie berührte, war ein menschlicher Schaft, steil aufgerichtet und pochend.
    »Was ist denn das? Was ist denn das?« rief Doña Lukreziaaus, während sie ihn drückte, langzog, losließ und wieder faßte. »Sieh mal, was ich gefunden habe, na, das ist vielleicht eine Überraschung.«
    Don Rigoberto hatte sie schon auf sich gezogen und küßte sie genußvoll, sog an ihren Lippen, öffnete sie. Lange Zeit, während sie mit geschlossenen Augen spürte, wie die Zungenspitze ihres Mannes die Höhlung ihres Mundes erkundete, über das Zahnfleisch und den Gaumen glitt, hartnäckig bemüht, alles zu kosten und zu kennen, war Doña Lukrezia in selige Betäubung versunken. Es war ein Gefühl von pulsierender Dichte, das ihre Glieder mürbe zu machen und aufzulösen schien und sie schwerelos dahintreiben, untergehen, taumeln ließ. Am Grunde des lustvollen Wirbels, in dem sie und das Leben versanken, zeichnete sich wie ein rasch aufscheinendes und wieder verschwindendes Bild in einem halbblinden Spiegel als ungebetener Dritter das kleine Gesicht eines rotblonden Engels ab. Ihr Mann hatte ihr das Nachthemd hochgeschoben und liebkoste ihre Hinterbacken in einer kreisförmigen, methodischen Bewegung, während er ihre Brüste küßte. Sie hörte ihn murmeln, daß er sie liebe, hörte ihn zärtlich flüstern, mit ihr erst habe das wahre Leben für ihn begonnen. Doña Lukrezia küßte ihn auf den Hals und knabberte an seinen kleinen Brustwarzen, bis sie ihn stöhnen hörte; dann leckte sie langsam jene Höhlen, die ihm so lustvolle Gefühle bereiteten und die er vor dem Schlafengehen sorgsam für sie gewaschen und parfümiert hatte: dieAchseln. Sie hörte ihn schnurren wie einen zärtlichen Kater, während er sich unter ihrem Körper wand. Hastig, in beinahe wütender Erregung, schoben seine Hände Doña Lukrezias Beine auseinander. Dann setzte er sie rittlings auf sich, rückte sie zurecht, öffnete sie. Doña Lukrezia stöhnte, klagend und lustvoll, während ihr in einem undeutlichen Wirbel ein Bild des von Pfeilen durchbohrten, gekreuzigten und gepfählten heiligen Sebastian durch den Kopf schoß. Ihr war, als stoße man ihr mitten ins Herz. Nun hielt sie sich nicht mehr zurück. Die Augen halb geschlossen, die Hände hinter dem Kopf, die Brüste nach vorne geneigt, ritt sie auf dieser Folterbank der Liebe, die in ihrem Rhythmus mitschwang, und stammelte Worte, die sie kaum artikulieren konnte, bis sie spürte, daß sie verging.
    »Wer bin ich?« erkundigte sie sich, blind. »Wer, hast du gesagt, bin ich gewesen?«
    »Die Gattin des Königs von Lydien, mein Liebling«, brach es aus Don Rigoberto hervor, der schon in seinem Traum verloren war.

2.
Kandaules, König von Lydien
    Ich bin Kandaules, König von Lydien. Mein kleines Land liegt zwischen Ionien und Karien, im Herzen jenes Gebietes, das Jahrhunderte später einmal Türkei heißen wird. Was mich in meinem Reich mit größtem Stolz erfüllt, sind nicht seine von der Dürre zerklüfteten Berge oder seine Ziegenhirten, die sich, wenn nötig, siegreich den phrygischen und äolischen Invasoren, den aus Asien kommenden Doriern, den Horden der Phönizier und Lakedämonier und den skythischen Nomaden entgegenstellen, die unsere Grenzen plündern: es ist die Kruppe von Lukrezia, meiner Frau.
    Ich wiederhole es noch einmal: Kruppe. Nicht Hintern, nicht Arsch, nicht Gesäß, nicht Hinterbacken, sondern Kruppe. Denn wenn ich sie reite, ergreift mich das Gefühl, eine muskulöse, samtweiche Stute unter mir zu haben, nichts als Nervigkeit und Willfährigkeit. Es ist eine feste Kruppe und vielleicht wirklich so gewaltig, wie die Legenden behaupten, die über sie im Reich kursieren und die Phantasie meiner Untertanen entzünden. (Sie gelangen mir alle zu Ohren, aber sie erzürnen mich nicht, sie schmeicheln mir.) Wenn ich ihr befehle, niederzuknien und mit ihrer Stirn den Teppich zu küssen, so daß ich sie in allerRuhe betrachten kann, gewinnt der kostbare Gegenstand
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