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Liona Lix - Wer will schon einen Drachen?

Liona Lix - Wer will schon einen Drachen?

Titel: Liona Lix - Wer will schon einen Drachen?
Autoren: Baumhaus
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wahre Beschäftigung ist, fängt gleich das Gerede an. Böses Gerede. Als ob Oktavia anderen Leuten Unglück bringen würde! (Dabei versucht sie ja das glatte Gegenteil!)
    Letztens erst hatte ihr ein neunjähriger Junge erzählt, dass seine Großeltern nicht mal genug Geld hatten, um sich Kleinigkeiten wie Kuchen oder Blumen zu leisten.Sofort hatte Oktavia die beiden armen Leute mit einem fantastischen Kuchen- und Blumenzauber belegt. Die beiden sahen überall nur noch Blumen, Kuchen und wieder Blumen. Wunderhübsche, blaue Veilchen wuchsen aus der Fernbedienung, wenn sie den Fernseher einschalten wollten. Große, gelbe Gerbera sprossen aus der Schublade, wenn sich die Oma morgens frische Strümpfe herausnahm. Langstielige rote Rosen umrankten ihre Sessel, sobald sie ins Wohnzimmer kamen. Und der Kühlschrank platzte fast aus den Nähten, weil der leckerste Kuchen sich darin türmte.
    Doch waren die beiden alten Leute dankbar gewesen? Nein!
    „Hexerei! Hexerei!“, hatten sie gerufen, und Oktavia hatte sich schleunigst aus dem Staub gemacht. Warum nur konnten die Leute sich über Oktavias Hilfe nicht einfach freuen?
    Oktavia stellt die Gasflamme ein bisschen kleiner, weil ihre Suppenmischung gerade anfängt zu kochen. Und überkochen soll sie ja nicht.
    Dann geht sie zum Küchentisch und zieht die Schublade auf. Dort liegt die Quittung vom großen Kaufhaus Für-alles-und-nichts-für-jetzt-und-die-Ewigkeit . Das bringt Oktavia auf fröhlichere Gedanken.
    Sie streicht den Zettel glatt und lächelt. Oh, wie glücklich Liona sein wird! Wie lange hat sie sich schon einen Hund gewünscht! Einen richtigen – einen, den auch wirklich jeder sehen kann.
    Und – na gut – einen Hund können sie hier im Haus natürlich nicht halten. Das könnte Oktavia Kalle nicht zumuten. Kater Kalle ist schon alt und schätzt Veränderungen nicht sehr. Außerdem würde wohl kein Hexenkater auf der Welt einen lächelnden, hechelnden, bellenden, spielen wollenden Hund im Haus akzeptieren. Das wäre ja geradezu eine Beleidigung. Und Kalle – so alt er auch ist – würde sowieso jedes nervende Fellbündel sofort in der Luft zerreißen und anschließend als gut gewürztes Schaschlik verspeisen. (Auch wenn Kalle etwas Derartiges eigentlich noch nie gemacht hat. Aber man neigt dazu, Kalle das zu glauben, weil er es immer wieder mit erstaunlicher Überzeugungskraft behauptet.)
    Glücklich schaut Mama Oktavia zum hundertsten Mal auf den Rechnungsbeleg. Schon vor vier Wochen hat sie das Geschenk bestellt. Pünktlich am Samstag zu Lionas Geburtstag wird es nun geliefert werden. Und dann wird Liona es auspacken und … Oh, Oktavia kann es kaum abwarten, Lionas Gesicht zu sehen!

    Sie kichert fröhlich, als sie den Zettel wieder in die Schublade stopft und nach Kalles Fressteller greift, um sein Abendessen aufzufüllen.
    Kater Kalle, der auf seinem roten Samtkissen neben dem Herd liegt, öffnet gelangweilt ein Auge.
    „ Bitte nicht schon wieder Thunfisch!“, schnarrt seine rauchige Stimme abfällig. „Dieses ordinäre Dorfkatzenfutter geht mir allmählich auf die Schwanzspitze.“
    Wie zur Bestätigung lässt er seinen langen, glänzenden Schwanz laut durch die Luft sausen und eindrucksvoll aufs Kissen knallen.
    Doch solche Allüren ist Oktavia schon gewohnt. Sie verzieht keine Miene.
    (Na ja, es ist wohl kein Geheimnis, dass es nicht ganz einfach ist, mit alten Katern ein Haus zu teilen.)
    „Was möchtest du dann?“, fragt Oktavia freundlich und öffnet die Vorratskammer. „Wir haben eingelegten Hering in Schokoladensoße, Zwiebelringe mit Putenbrust, ein paar getrocknete Mäusepfoten von deinem letzten Beutezug im alten Haus …“
    „Mrrraaaauuuu – lecker!“, unterbricht Kalle schnurrend.
    „Die Mäusepfoten, ja?“ Oktavia dreht sich fragend zu Kalle um.
    Kater Kalle legt den Kopf schief und nickt dann gnädig. „Mhmmm-okay, ein oder zwei bitte. Als Vorspeise. Aber danach etwas Cremiges.“
    „Etwas Cremiges ?“ Oktavia wühlt in den Vorräten herum. „Ah! Hier ist noch Sardellencreme! Wie ist das?“
    „Na schön.“ Kater Kalle lässt ein missmutiges Grunzen hören. „Wenn nichts anderes da ist.“
    Oktavia nimmt die Dose aus der Kammer, rollt heimlich mit den Augen, geht zum Küchentisch, öffnet die Dose und füllt den Inhalt auf Kalles Teller. „Es ist angerichtet, mein Lieber!“
    Kalle erhebt sich von seinem weichen Kissen, reckt und streckt sich, leckt sich sorgfältig seine Pfoten (Händewaschen vor dem Essen nicht
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