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Lilientraeume

Lilientraeume

Titel: Lilientraeume
Autoren: Nora Roberts
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Zum Dank hätte er bloß noch eins draufgekriegt. Er kannte sie lange genug, um das zu wissen. Wenn sie gehetzt, gestresst und gereizt war, ließ man sie besser in Ruhe.
    Aber sie war tough, sehr sogar, und nichts schmiss sie so leicht um. Auch nicht die aktuellen Engpässe. Sie musste nur zwischendurch Dampf ablassen. Das machte sie bereits als freches rothaariges Schulmädchen oder später an der Highschool als kesse Cheerleaderin. Und sie änderte sich auch nicht, als sie vor einigen Jahren kurzerhand die Pizzeria erwarb. Alle Skeptiker mussten inzwischen zugeben, dass Avery den Laden nicht nur gewaltig in Schwung gebracht hatte, sondern zudem eine Pizza zubereitete, nach der man süchtig werden konnte.
    Owen schwang sich auf einen Hocker am Tresen, genoss die Stille, die nur gelegentlich unterbrochen wurde von schwachem Klopfen und Klappern aus der Küche, doch verglichen mit dem Handwerkerlärm im Hotel klang es wie Musik in seinen Ohren.
    Er holte iPad und Clipboard aus dem Aktenkoffer, löste das Handy vom Gürtel und rief ein paar Leute an. Anschließend schrieb er diverse E-Mails, ging seinen Kalender durch, schaute Aufträge, Rechnungen und Terminzusagen durch und tauchte erst wieder aus seiner Arbeit auf, als ihm wie von Zauberhand plötzlich ein Becher dampfenden Kaffees unter die Nase geschoben wurde.
    Typisch Avery, trotz ihrer Schimpftirade. Er hob den Kopf und sah in ihr hübsches Gesicht. »Danke. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen. Bei deinem ganzen Stress.«
    »Egal«, sagte sie mit gewohnt fröhlicher Stimme. »Inzwischen hab ich alles unter Kontrolle und bin mit den Vorbereitungen fertig.«
    Er schnupperte Richtung Küche, von wo der Duft verschiedener Pastasoßen herüberwehte. Owen liebte besonders die Spaghetti mit Meeresfrüchten, die so original italienisch waren wie Mode von Armani. Überhaupt deutete an Avery außer dem Aussehen – rote Haare, helle blaue Augen, milchig weiße Haut mit Sommersprossen – nichts auf ihr schottisches Erbe hin.
    Er hatte sich bereits oft gefragt, wem sie ihren unbändigen Tatendrang und ihr Talent fürs Kochen verdankte, aber genau wie alles andere schienen diese Eigenschaften einfach ein Teil von ihr zu sein.
    Sie ging in die Hocke, zog ein paar Behälter aus dem Kühlschrank, in denen sich die Beläge für die verschiedenen Pizzasorten befanden.
    »Franny ist echt krank. Und Dave hat üble Zahnschmerzen. Ich kann froh sein, dass er heute überhaupt für zwei Stunden reinkommt. Irgendwie fühl ich mich mies, weil ich ihm nicht einfach sage, er soll zu Hause bleiben. Aber dann krieg ich wirklich Probleme.«
    Seufzend wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu.
    »Du siehst müde aus«, sagte Owen, der jetzt erst die violetten Schatten unter ihren Augen entdeckte.
    Sie hob den Kopf und bedachte ihn mit einem bösen Blick. »Danke. So was hören Frauen gerne.« Gab dann aber achselzuckend zu: »Ich bin in der Tat hundemüde, zumal ich gestern Abend lange ferngesehen und gelesen habe. Erst das eine, dann das andere. Ich dachte, es macht nichts, weil ich eigentlich ausschlafen wollte – bis mittags hatte ich mir freigenommen –, doch dann machte mir Franny einen Strich durch die Rechnung. Also musste ich gleich nach dem Anruf in aller Herrgottsfrühe raus und nach unten hetzen.«
    »Du schuftest wirklich wie ein Pferd – zum Glück macht sich die viele Arbeit wenigstens bezahlt.«
    »Das schon, aber heute tröstet mich selbst das nicht. Und wie schaut’s bei euch aus? Ihr habt ja auch reichlich zu tun.«
    »Es wird langsam überschaubar. Immerhin können wir morgen ganz oben mit dem Einrichten beginnen.«
    »Schon?« Sie starrte ihn aus großen Augen an. »Wirklich?«
    »Sofern der Typ vom Bauamt endgültig sein Okay gibt. Er wird heute Nachmittag das ganze Haus von oben bis unten inspizieren, doch ich erwarte keine Probleme und betrachte die Geschichte als reine Formalität. Deshalb läuft alles weiter nach Plan. Ich hab eben mit Hope telefoniert – sie wird sich mit meiner Mutter und Tante um die Endreinigung kümmern. Möglicherweise sind sie schon drüben – um halb elf wollten sie sich treffen.«
    »Ich würde euch ja zu gerne helfen, nur heute wird das nichts.«
    »Mach dir keine Gedanken. Die drei können, wenn sie wollen, Hilfe bei den Frauen anfordern, die sich auch sonst ums Putzen kümmern.«
    »Trotzdem schade, ich hätte wirklich gerne mit angepackt. Na, vielleicht klappt es ja morgen.« Plötzlich verdüsterte sich ihre Miene. »Owen
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