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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
Autoren: John Everson
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Bewusstsein vor. Diesen markanten Tenor kannte sie. Sie sah das harte Kinn und die sanfte Sorge in seinen tief liegenden blauen Augen und schüttelte den Kopf.
    »Nö«, sagte Sarah. »Das Bier ist okay.« Sie nahm ihr Glas und leerte es in einem verzweifelten Zug zur Hälfte.
    »Komm, wir gehen nach Hause«, meinte Evan und zog sie vom Barhocker. Sie war nur ein ganz klein wenig unsicher auf den Beinen, so wie fast jede Nacht, wenn die Türglocke erscholl, um zu verkünden, dass sie den Laden verließen. Hinter ihnen verdrehte die Bedienung mit dem tollen Vorbau die Augen und wischte den Tresen ab. Es war ihr ziemlich egal, weshalb das alte Mädchen Nacht für Nacht nach Hause gebracht werden musste. Sie zog lediglich ihr T-Shirt ein bisschen straffer und schenkte den Jungs, die ihr Bud tranken und Poolbillard spielten, ein falsches Lächeln.
    Verdammt, wenn sie betrunken waren, gaben sie nie ein anständiges Trinkgeld.

2
    Über einen Verlust hinwegzukommen, kann einen Menschen völlig fertigmachen. Kaum jemand wusste darüber so gut Bescheid wie Kylie, deren Herz nur noch mechanisch die Aufgabe erfüllte, sie am Leben zu erhalten.
    »Ich habe nie mit einer Silbe angedeutet, dass ich dich mitnehme«, brüllte Abram in der dunkelsten Ecke des Strandclubs. Niemand ringsum schien den Ausbruch mitzubekommen, auch wenn das Mädchen mit dem wasserstoffblonden Haar und dem pinken Minirock Abram laut und deutlich hörte. Seine Stimme drang ihr bis ins Mark.
    Auf der Bühne gab ein kleiner Gitarrist mit Brille und kariertem Hemd hoch konzentriert Have You Ever Seen the Rain von Creedence Clearwater Revival zum Besten, und Kylie vermochte nicht zu sagen, ob sie nun heulte, weil Abram sie verraten hatte oder weil das Lied so gut war.
    Dafür wusste sie ganz genau, warum ihre Tränen einem Lächeln wichen, als Abram anfing ihr wortreich zu erklären, weshalb er gar keine Zeit für eine Beziehung hatte. In der Bay Area, im Großraum San Francisco, habe er eine unglaubliche Karrierechance aufgetan, darauf müsse er sich jetzt voll und ganz konzentrieren. Und eines Tages vielleicht, wenn und falls …
    Kylie hörte nicht weiter zu. Abrams Erklärung, weshalb er mit ihr Schluss machte, war schlicht und ergreifend erbärmlich. Krieg sie rum, tob dich aus und lass sie dann fallen wie eine heiße Kartoffel … Sie wusste durchaus, wie der Hase lief. Mittlerweile sang der Typ im Karohemd am Mikro Stop, children, what’s that sound, und sie war hin und weg. Nicht weil der alte Text von Buffalo Springfield so toll war, sondern weil sie sich daran erinnerte, wie die Muppets den Hippie-Song in einer Episode zum Besten gaben.
    In genau diesem Augenblick, als Abram ihr mit ernstem Gesicht und gerunzelter Stirn zu erklären versuchte, weshalb er nicht anders konnte, als sie zu verlassen, prustete Kylie laut los.
    Das brachte Abram völlig aus dem Konzept, er war eindeutig nervös. Und während sie weiterlachte und das Gefühl in ihr immer mehr wuchs, bis es beinahe explodierte – ein Gefühlsausbruch, der nur noch ganz am Rande etwas mit Gelächter zu tun hatte –, stahl er sich davon.
    Erst eine ganze Weile später bemerkte Kylie, dass er nicht länger neben ihr saß. Erst nachdem das Lachen und die Tränen und ein wirklich übler Titel von John Mayer ausgestanden waren. Sie hätte es wissen müssen, dass Abram ihr den Laufpass gab. Das taten die Männer doch immer.
    Sie nahm den Hinterausgang des Sand Trap und schlenderte den verlassenen Bürgersteig der Fifth Street entlang in Richtung Meer. Der Mond stand hoch am Himmel und sie hatte keine Lust, schon nach Hause zu gehen. Der Gedanke an ihr leeres Bett besaß im Moment nichts Tröstliches.
    Als der befestigte Teil des Weges endete, streifte sie ihre Sandalen ab und ging barfuß durch den kühlen Sand weiter. Innerhalb weniger Augenblicke spürte sie, wie die kalten Wellen ihre Zehen umspülten. Weit entfernt hörte sie eine hohe, klare Stimme. Jemand sang.
    Unbewusst folgte sie den Klängen des Liedes, ging auf die Stimme zu. Musik hatte ihr schon immer geholfen, wenn es ihr schlecht ging, und so schlecht wie jetzt war es ihr lange nicht mehr gegangen. Sie hatte ihn nämlich wirklich geliebt. Bis zu einem gewissen Grad hatte sie alle Kerle geliebt, aber diesmal, diesmal … hatte sie geglaubt, es wäre anders. Mit den Zehen wirbelte sie den Sand auf und stieß ein verbittertes Lachen aus. Es würde niemals anders sein … weil die Männer nämlich alle gleich waren. Sie wollten immer
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